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Kardiologie

Mangelnde Herzinfarkt-Prävention auf dem Land

19.3.2024

Auf dem Land in Deutschland sterben mehr Menschen ab 65 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts als in der Stadt. Anders als angenommen, ist dies höchstwahrscheinlich nicht auf eine schlechtere notfallmedizinische Versorgung zurückzuführen, sondern darauf, dass mehr Menschen einen Herzinfarkt erleiden, wie eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock jetzt zeigt.

Dass in Deutschland in ländlichen Regionen mehr Menschen an einem Herzinfarkt als in Städten sterben, lässt sich nicht mit der so genannten Fallsterblichkeit erklären, also dem Anteil der Menschen, die in der Folge eines Herzinfarktes sterben. Vielmehr ist die Übersterblichkeit auf dem Land, so heißt es in der gerade publizierten Studie des MPIDR, das Resultat einer höheren Herzinfarktinzidenz. Dr. rer. pol Marcus Ebeling vom MPIDR hat dafür gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen des schwedischen Karolinska-Instituts, der Universität Rostock und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung Daten auf Kreisebene ausgewertet, die alle Krankenhauseinweisungen, ursachenspezifischen Todesfälle und Bevölkerungszahlen für die deutsche Gesamtbevölkerung der Jahre 2012 bis 2018 und die Altersgruppe 65+ enthalten.

„Wir haben untersucht, wie sich die Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt zwischen ländlichen und städtischen Gebieten in Deutschland unterscheidet, und was die Treiber dieser Unterschiede sind. Motiviert hat uns vor allem, welche Rolle Stadt-Land-Unterschiede in der Gesundheitsversorgung von akuten Erkrankungen spielen. Vorangegangene Untersuchungen haben gezeigt, dass Rettungswagen gerade auf dem Land zunehmend später kommen, und gleichzeitig aber immer häufiger gerufen werden. Beim Herzinfarkt ist die Überlebenswahrscheinlichkeit eng mit sofortiger medizinischer Behandlung verknüpft. Mögliche Stadt-Land-Unterschiede können so sichtbar werden“, erklärt Ebeling die Fragestellung hinter der Studie. In ihrer bevölkerungsweiten Analyse verglichen sie die Herzinfarkt-bedingte Sterblichkeit, die Herzinfarktinzidenz und die Fallsterblichkeit zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Dazu wurden Daten aus der deutschen Diagnosis-Related-Groups-Statistik (DRG), der deutschen Todesursachenstatistik und regionalen Datenbanken verwendet. Um die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten so umfassend wie möglich zu analysieren, wurden 101 sehr ländliche und 67 sehr städtische Gebiete miteinander verglichen.

Keine Unterschiede zwischen Stadt und Land bei der Fallsterblichkeit

Ländliche Gebiete in Deutschland weisen in allen Altersgruppen ab 65 Jahren eine systematisch höhere Herzinfarktsterblichkeit auf. „Wir haben parallel auch die gesamte Gruppe der Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrachtet und auch hier schneidet das ländliche Deutschland immer schlechter ab als das städtische Deutschland“, so Ebeling. „Die Inzidenz, also die Neuerkrankungen an Herzinfarkt, ist auf dem Land deutlich höher als in der Stadt, während wir keine systematischen Unterschiede in der Fallsterblichkeit finden. Deshalb erklärt sich die höhere Sterblichkeit vor allem aus der höheren Zahl von Herzinfarkt-Patient*innen. Gut die Hälfte der ländlichen Kreise liegt bei der Neuerkrankungsrate im Bereich der 25 Prozent schlechtesten städtischen Kreise“, erklärt Ebeling. Die Forscher haben zusätzlich eine kontrafaktische Rechnung angestellt, also was wäre, wenn: „Wir haben berechnet, wie sich die Sterblichkeitsunterschiede verändern würden, wenn der ländliche Raum in Deutschland den Median der städtischen Gebiete erreichen würde. Das heißt, mindestens die Rate, die, die 50 Prozent der besseren von den 50 Prozent der schlechteren städtischen Regionen trennt. In diesem Szenario würden die Sterblichkeitsunterschiede komplett verschwinden, und etwa jeder sechste Todesfall im Zusammenhang mit Herzinfarkten in ländlichen Regionen vermieden werden.“

Das Forscherteam sieht in den Ergebnissen Hinweise, dass die Ungleichheiten zwischen Stadt und Land zum Teil auf Unterschiede in der medizinischen Versorgung von Risikofaktoren des Herzinfarkts zurückzuführen sind. „Bezogen auf den Herzinfarkt können wir sagen, dass das Kernproblem des Stadt-Land-Gefälles nicht darin liegt, dass der Rettungswagen zu lange braucht, um ins Krankenhaus zu kommen, sondern dass die Krankheitsprävention auf dem Land verbessert werden muss“, erklärt der Rostocker Wissenschaftler.

Pressemitteilung „Mehr Herzinfarkte auf dem Land - bessere Krankheitsprävention erforderlich“. Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock, 6.2.2024 (https://www.demogr.mpg.de/de/news_events_6123/news_pressemitteilungen_4630/presse/mehr_herzinfarkte_auf_dem_land_bessere_krankheitspraevention_erforderlich_12900).

Ebeling M et al.: Disease incidence and not case fatality drives the rural disadvantage in myocardial-infarction-related mortality in Germany. Prev Med. 2024 Feb;179:107833 (DOI 10.1016/j.ypmed.2023.107833).

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