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Dermatologie

Neoplasie lymphatischer Endothelzellen

Kaposi-Sarkom - Subtypen und Therapieansätze

Dr. med. Yuri Sankawa

4.11.2022

Das Kaposi-Sarkom ist eine seltene und ungewöhnliche angioproliferative Neoplasie der lymphatischen Endothelzellen mit klinisch heterogener Manifestation und variablem Verlauf. Als wichtigste Risikofaktoren gelten eine Immundefizienz bzw. iatrogene Immunsuppression.

Der ungarische Dermatologe Moritz Kaposi gilt als Erstbeschreiber des klassischen Kaposi-Sarkoms (1872), das als seltener indolenter Hauttumor vor allem ältere Männer aus dem östlichen Europa und den Mittelmeerrandgebieten betraf. In den 1950er-Jahren wurde bei jungen afrikanischen Erwachsenen und Kindern eine aggressivere, „endemische“ Vari­ante aus Subsahara-Afrika beobachtet [1]. In den 1960er-Jahren folgte die Beschreibung eines iatrogen induzierten Kaposi-Sarkoms bei Nierentransplantatempfängern sowie Patienten, die sich einer besonders aggressiven immunsuppressiven Therapie unterziehen mussten [2]. Im Zuge der globalen Ausbreitung der HIV-Infektion/AIDS in den 1980er-Jahren wurde erstmals eine aggressive Variante des Kaposi-Sarkoms bei jungen, mit HIV infizierten Männern in New York und Kalifornien beschrieben, die Sex mit Männern hatten (MSM) [3]. In der Folgezeit sollte sich das Kaposi-Sarkom zur häufigsten HIV-assoziierten Neoplasie weltweit entwickeln. Da Kaposi-Sarkome auch unter Langzeitimmunsuppression sowie bei HIV-negativen, immunkompetenten Personen mit erhöhtem Risiko für sexuell übertragbare Erkrankungen auftraten, konnte das HI-Virus jedoch nicht die einzige Ursache sein [4]. Im Jahr 1994 konnte das humane Herpesvirus 8 (HHV-8) identifiziert werden (auch: „Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus“, KSHV) [5], das heute als Auslöser nahezu aller Kaposi-Sarkome gilt. Ob die Klassifikation als „Sarkom“ gerechtfertigt ist und nicht besser von einem „Kaposi-Tumor“ gesprochen werden sollte, ist teilweise umstritten. Denn noch ist nicht gänzlich geklärt, ob es sich um eine klonale Neoplasie handelt oder eine aggressive, Virus-induzierte Läsion, die sich nach Entfernung des HHV-8-Stimulus und Verringerung der Immunsuppression zurückbildet [4].

Fünf KS-Subtypen

In der deutschen S1-Leitlinie zum Kaposi-Sarkom wird neben dem klassischen, iatrogenen, endemischen oder epidemischen Kaposi-Sarkom auch ein fünfter Typ des Kaposi-Sarkoms aufgeführt, das bei HIV-negativen Männer, die Sex mit Männern haben, beobachtet wurde (Tab.): Auffällig ist bei diesem Typus die Korrelation der Krankheitsschwere mit der CD4-Zellzahl und CD4/CD8-Ratio. Ähnlich wie beim klassischen Kaposi-Sarkom ist der Verlauf eher indolent – bei sehr seltenem viszeralen oder mukosalen Befall [6]. Die HHV-8-Prävalenz korreliert mit der Verbreitung von HHV-8-Infektionen, wenngleich die HHV-8-Infektion nicht die einzige Voraussetzung für die Entwicklung eines Kaposi-Sarkoms ist, sondern diese in der Regel auch den Kontext einer Immundefizienz erfordert. Als typische Übertragungswege für HHV-8 gelten enge sexuelle Kontakte sowie Speichelkontakt. Besonders hoch ist die Prävalenz von HHV-8 bei MSM sowie in bestimmten Regionen wie Subsahara-Afrika und Ländern, die an das Mittelmeer angrenzen. In der Subsahara-Afrika-Region zählt das Kaposi-Sarkom auch heute noch zu den häufigsten malignen Tumorerkrankungen. In der US-Allgemeinbevölkerung sowie in Europa liegt die geschätzte HHV-8-Prävalenz abhängig vom individuellen Risikoverhalten bei weniger als 5 % [7].

Rückgang der Mortalität

Mit Einführung der antiretroviralen Therapie (ART) kam es zum Rückgang der Mortalität des HIV-assoziierten Kaposi-Sarkoms. Diese liegt heute bei 1–2 % in Europa, was einem Zehntel der Todesfälle in der Prä-ART-Ära entspricht. Dennoch: Auch bei breitem Einsatz hocheffektiver ART-Regime können sich ­Kaposi-Sarkome de novo entwickeln oder Tumor­rezidive bei gutem Immunstatus auftreten [6]. Das Robert Koch-Institut (RKI) weist darauf hin, dass derzeit knapp 15 % der HIV-Erstdiagnosen infolge der Entdeckung einer malignen Neoplasie gestellt werden – am häufigsten Kaposi-Sarkome. Diese treten nicht nur kutan auf, sondern können bei noch nicht antiretroviral behandelten Patienten häufig auch gastro­intestinal, pulmonal oder lymphoretikulär beobachtet werden [8].

Diagnostik und Staging der verschiedenen Subtypen des Kaposi-Sarkoms können auf individualisierter Basis vorgenommen werden und richten sich nach Symptomen, Verlauf und Ausbreitung. Initial können asymptomatische, lividrote Flecken oder Knoten imponieren, die differenzialdiagnostisch insbesondere von Gefäßtumoren abzugrenzen sind. Die Tumoren können jahrelang unverändert bleiben oder aber innerhalb weniger Wochen an Anzahl und Größe zunehmen, sodass konfluierende Plaques und infil­trierend wachsende Knoten resultieren. Ältere Tumoren können Hämorrhagien aufweisen und nekro­tisieren [6]. Die histologische Diagnosesicherung durch eine tiefe Spindelbiopsie gilt immer noch als Goldstandard. Charakteristisch sind bei allen Kaposi-Sarkom-Typen endotheliale spindelförmige Zellen, die den Hauptanteil der proliferierenden Zellfraktion ausmachen [9]. Weitere histopathologische Charakteristika können z. B. in einer atypischen Vaskularisierung oder Neoangiogenese sowie in ausgedehnten Entzündungszellinfiltraten bestehen [10]. Bei Erstdiagnose eines Kaposi-Sarkoms sollte auch bei nicht vorbekannter HIV-Infektion ein HIV-Test angeboten werden, beim HIV-assoziierten oder iatrogenen ­Kaposi-Sarkom der zelluläre Immunstatus bestimmt werden. Qualitative oder quantitative Bestimmungen von HHV-8 (PCR- oder Antikörper-Tests) werden für die klinische Routinediagnostik nicht empfohlen. Als diagnostische Marker eignen sich der Nachweis des Latenz-assoziierten nukleären Antigens (LANA) oder der DNA von HHV-8 [6].

Lokale und systemische Therapieansätze

Eine Eradikation des HHV-8 ist bislang nicht möglich, das Kaposi-Sarkom kann in der Regel nicht geheilt werden. Ziel der Behandlung ist das Erreichen einer langfristigen Kontrolle der Erkrankung [6,11]. Die Standardtherapie ist im Prinzip seit 20 Jahren unverändert geblieben [9]: Bei adäquater Nachbeobachtung muss nicht immer eine sofortige, spezifische Behandlung erfolgen, sofern die Prognose günstig ist und beim Patienten kein Leidensdruck besteht. Für einzelne kutane Kaposi-Sarkome reicht das Spektrum der lokalen Behandlungsoptionen von der Exzisions-, Kryo- und Radiotherapie über intraläsionale Injektionen zytotoxisch wirksamer Sub­stanzen bis hin zu topischen Therapien mit verschiedenen Externa (z. B. Alitretinoin, intraläsional verabreichtes Bevacizumab oder Imiquimod). Die systemische Therapie des Kaposi-Sarkoms erfolgt mittels Chemotherapie (pegyliertes liposomales Doxorubicin als Therapie der ersten Wahl). Eine Kombination mit lokalen Therapien ist möglich [6]. ­Neuere Ansätze wie Sirolimus, Vascular-Endothelial-Growth-Factor(VEGF) / VEGF-Rezeptor-Inhibitoren und immunmodulatorische Wirkstoffe gelten als vielversprechend. Welche Formen des Kaposi-Sarkoms und welche Patientengruppen am ehesten von den neueren Wirkstoffen profitieren könnten, bleibt noch zu klären [9].

Als vaskulärer, multizentrischer Tumor kommt das Kaposi-Sarkom für herkömmliche Stadieneinteilungen eher weniger infrage [11]. Als hilfreich für das Thera­piemanagement gilt die Unterscheidung in einen lokalen, nicht aggressiven Tumor, einen lokal-aggressiven sowie einen disseminierten Tumor. Demnach gelten bei lokalen, nicht aggressiven Tumoren das Abwarten und Beobachten in Absprache mit dem Patienten als vertretbar, wohingegen bei lokal-aggressiven Tumoren eine lokale und/oder systemische Behandlung zeitnah begonnen werden sollte. Zudem kann bei disseminierten Kaposi-Sarkomen eine ­systemische Therapie angezeigt sein [6].

Eine systemische Therapie kommt unabhängig vom Typ des Kaposi-Sarkoms v. a. bei Vorliegen von Schleimhautläsionen, Lymphknotenbeteiligungen oder viszeralem Befall infrage. Eine sofortige systemische Therapie ist bei rasch progredientem oder aggressivem Verlauf angezeigt sowie bei Patienten, die unter Symptomen (z. B. massive Ödeme, Blutungen) und/oder schweren ästhetischen/funktionellen Beeinträchtigungen leiden. Wurde eine ­HIV-spezifische Therapie noch nicht eingeleitet oder ist nur unzureichend wirksam, ist die Einleitung bzw. Optimierung der ART sinnvoll. Auch bei Kaposi-Sarkomen, die unter ART aufgetreten sind, sollten die Effektivität der bisherigen Therapie überprüft und eine Resistenzentwicklung, unzureichende ­Adhärenz oder Arzneimittelinteraktionen ausgeschlossen werden. Bei iatrogen induzierten Kaposi-Sarkomen kann schon die Reduktion oder Beendigung der immunsuppressiven Therapie zu einer vollständigen Tumorrückbildung führen. Bei HIV-assoziierten Kaposi-Sarkomen lässt sich infolge der gesenkten HI-Viruslast und Immunrekonstitution eine Stabilisierung oder Abheilung der meisten Läsionen ­erreichen [6]. Organtransplantierte ­Patienten, die mit Calcineurin-Inhibitoren behandelt werden, scheinen ein erhöhtes Risiko für ein aggressives Kaposi-Sarkom zu haben. Wichtige ­primäre Maßnahmen sind eine Reduktion der Immunsuppression bzw. die Umstellung auf mTOR(mechanistic target of Rapamycin)-Inhibitoren wie Sirolimus oder Everolimus [6].

Bei einigen Patienten mit HIV-assoziiertem Kaposi-Sarkom wurde nach Einleitung der ART (innerhalb der ersten 12 Wochen) eine Progression des Tumors beobachtet, bezeichnet als Immunrekonstitutions-Inflammations-Syndrom (IRIS) assoziiertes Kaposi-Sarkom, das – vor allem in Afrika – bei bis zu 10 % der erstmals mit einer ART behandelten Patienten beobachtet wurde. Da inflammatorische Symptome u. a. auch im Zusammenhang mit anderen HHV-8-­assoziierten Erkrankungen auftreten können, handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Die genaue Ursache des IRIS ist nicht bekannt, eine Standardtherapie bislang nicht verfügbar. Da die Beendigung der ART nicht infrage kommt, können die parallele Einleitung einer Chemotherapie sowie ggf. der Einsatz immunmodulierender Adjuvanzien zu einer kurzfristigen Verbesserung beitragen. Unter Steroiden wurden sowohl Fälle einer Krankheitsstabilisierung als auch Exazerbationen berichtet, sodass von ihrem Einsatz eher abgeraten wird [7,9].

Lokale und systemische Therapieansätze

Eine Eradikation des HHV-8 ist bislang nicht möglich, das Kaposi-Sarkom kann in der Regel nicht geheilt werden. Ziel der Behandlung ist das Erreichen einer langfristigen Kontrolle der Erkrankung [6,11]. Die Standardtherapie ist im Prinzip seit 20 Jahren unverändert geblieben [9]: Bei adäquater Nachbeobachtung muss nicht immer eine sofortige, spezifische Behandlung erfolgen, sofern die Prognose günstig ist und beim Patienten kein Leidensdruck besteht. Für einzelne kutane Kaposi-Sarkome reicht das Spektrum der lokalen Behandlungsoptionen von der Exzisions-, Kryo- und Radiotherapie über intraläsionale Injektionen zytotoxisch wirksamer Sub­stanzen bis hin zu topischen Therapien mit verschiedenen Externa (z. B. Alitretinoin, intraläsional verabreichtes Bevacizumab oder Imiquimod). Die systemische Therapie des Kaposi-Sarkoms erfolgt mittels Chemotherapie (pegyliertes liposomales Doxorubicin als Therapie der ersten Wahl). Eine Kombination mit lokalen Therapien ist möglich [6]. ­Neuere Ansätze wie Sirolimus, Vascular-Endothelial-Growth-Factor(VEGF) / VEGF-Rezeptor-Inhibitoren und immunmodulatorische Wirkstoffe gelten als vielversprechend. Welche Formen des Kaposi-Sarkoms und welche Patientengruppen am ehesten von den neueren Wirkstoffen profitieren könnten, bleibt noch zu klären [9].

Als vaskulärer, multizentrischer Tumor kommt das Kaposi-Sarkom für herkömmliche Stadieneinteilungen eher weniger infrage [11]. Als hilfreich für das Thera­piemanagement gilt die Unterscheidung in einen lokalen, nicht aggressiven Tumor, einen lokal-aggressiven sowie einen disseminierten Tumor. Demnach gelten bei lokalen, nicht aggressiven Tumoren das Abwarten und Beobachten in Absprache mit dem Patienten als vertretbar, wohingegen bei lokal-aggressiven Tumoren eine lokale und/oder systemische Behandlung zeitnah begonnen werden sollte. Zudem kann bei disseminierten Kaposi-Sarkomen eine ­systemische Therapie angezeigt sein [6].

Eine systemische Therapie kommt unabhängig vom Typ des Kaposi-Sarkoms v. a. bei Vorliegen von Schleimhautläsionen, Lymphknotenbeteiligungen oder viszeralem Befall infrage. Eine sofortige systemische Therapie ist bei rasch progredientem oder aggressivem Verlauf angezeigt sowie bei Patienten, die unter Symptomen (z. B. massive Ödeme, Blutungen) und/oder schweren ästhetischen/funktionellen Beeinträchtigungen leiden. Wurde eine ­HIV-spezifische Therapie noch nicht eingeleitet oder ist nur unzureichend wirksam, ist die Einleitung bzw. Optimierung der ART sinnvoll. Auch bei Kaposi-Sarkomen, die unter ART aufgetreten sind, sollten die Effektivität der bisherigen Therapie überprüft und eine Resistenzentwicklung, unzureichende ­Adhärenz oder Arzneimittelinteraktionen ausgeschlossen werden. Bei iatrogen induzierten Kaposi-Sarkomen kann schon die Reduktion oder Beendigung der immunsuppressiven Therapie zu einer vollständigen Tumorrückbildung führen. Bei HIV-assoziierten Kaposi-Sarkomen lässt sich infolge der gesenkten HI-Viruslast und Immunrekonstitution eine Stabilisierung oder Abheilung der meisten Läsionen ­erreichen [6]. Organtransplantierte ­Patienten, die mit Calcineurin-Inhibitoren behandelt werden, scheinen ein erhöhtes Risiko für ein aggressives Kaposi-Sarkom zu haben. Wichtige ­primäre Maßnahmen sind eine Reduktion der Immunsuppression bzw. die Umstellung auf mTOR(mechanistic target of Rapamycin)-Inhibitoren wie Sirolimus oder Everolimus [6].

Bei einigen Patienten mit HIV-assoziiertem Kaposi-Sarkom wurde nach Einleitung der ART (innerhalb der ersten 12 Wochen) eine Progression des Tumors beobachtet, bezeichnet als Immunrekonstitutions-Inflammations-Syndrom (IRIS) assoziiertes Kaposi-Sarkom, das – vor allem in Afrika – bei bis zu 10 % der erstmals mit einer ART behandelten Patienten beobachtet wurde. Da inflammatorische Symptome u. a. auch im Zusammenhang mit anderen HHV-8-­assoziierten Erkrankungen auftreten können, handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose. Die genaue Ursache des IRIS ist nicht bekannt, eine Standardtherapie bislang nicht verfügbar. Da die Beendigung der ART nicht infrage kommt, können die parallele Einleitung einer Chemotherapie sowie ggf. der Einsatz immunmodulierender Adjuvanzien zu einer kurzfristigen Verbesserung beitragen. Unter Steroiden wurden sowohl Fälle einer Krankheitsstabilisierung als auch Exazerbationen berichtet, sodass von ihrem Einsatz eher abgeraten wird [7,9].

Gegenüber der Prä-ART-Ära sind Kaposi-Sarkome mit ausgedehnter Hautbeteiligung und systemischen Manifestationen seltener geworden. Bei vollständiger ART-induzierter HIV-Suppression zeigen sich häufiger lokalisierte Läsionen, die lokal behandelt werden können oder ggf. von neueren systemischen Therapieansätzen mit geringerer Toxizität als unter der Standardchemotherapie profitieren [9].

Literatur bei der Autorin

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