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Management

Praxisbetrieb

Arztbesuche sollten nicht an Barrieren scheitern

Daniel Mudroh

6.2.2024

Es gibt sie immer noch: Arztpraxen, die wie aus der Zeit gefallen wirken. Zumindest, wenn es um die Barrierefreiheit geht. Enge Flure, ein zu kleiner Aufzug und Bodenschwellen machen sie unerreichbar mit Rollstuhl oder Rollator. Was gilt es zu beachten, um eine Praxis barrierefrei zu gestalten?

Schon der Weg in eine Hausarztpraxis kann beschwerlich sein: Pfützen, Pflastersteine oder Splittflächen bergen Gefahren. Am Gebäude begnügen sich Arztpraxen oft mit einem spärlichen Hinweis auf der Klingel. Dabei kann ein ausgeschilderter Weg aus der Tiefgarage oder von der Bushaltestelle die Suche erleichtern. Gut ist es, wenn Behindertenparkplätze vorhanden sind.

Tiefe Griffe, breite Aufzüge

So wie vor der Gemeinschaftspraxis zweier Fachärztinnen in Stuttgart. Die jungen Medizinerinnen übernahmen Anfang vergangenen Jahres eine 150 m² große Facharztpraxis. Das Haus: Baujahr 2005. Am auffälligsten sind die breiten Türen und die niedrigen Türgriffe. Letztere sind in einer Höhe von 85 cm angeschraubt – 20 cm tiefer als die DIN für Baubeschläge normiert.

Aber nicht nur das ist gefällig, auch der Zugang zum Gebäude ist mit dem Rollstuhl befahrbar. Das bedeutet, dass alle Türöffnungen eine lichte Breite von mindestens 90 cm haben. Zudem wurde beim Bau darauf geachtet, dass der Aufzug mit dem Rollstuhl befahrbar ist. Nach heutigem Stand hat er eine lichte Türbreite von 90 cm. Die Bewegungsfläche innen ist 1,5 auf 1,5 m groß.

Außerdem liegen die Fahrstuhltüren nicht direkt gegenüber einer abwärtsführenden Treppe. In heutigen Aufzugmodellen sind Tastenfelder sowie Haltestangen von Rollstühlen aus bedienbar. Idealerweise ist die Schrift darauf erhaben, kontrastreich und blendfrei lesbar sowie zwischen 15 und 40 mm groß; und es gibt taktile und akustische Hinweise auf die Stockwerksebene. Doch weil längst nicht alle Gebäude über einen so modernen Fahrstuhl verfügen, können Stufen mittels Rampe oder Treppenlift überbrückt werden, und im Ausnahmefall kann ein Nebeneingang hilfreich sein, um Barrieren zu überwinden.

Behindertengerechter Parkplatz

Doch zurück zum behindertengerechten Parkplatz. Für den gelten Regeln: So müssen die Bordsteine in Parkplatzbreite auf 3 cm abgesenkt und optisch wahrnehmbar sein. Bei einem Doppelstellplatz gilt eine Breite von 6 m und eine Länge von 5 m, wenn diese quer zur Fahrbahn liegen. Ein einfacher Stellplatz sollte 3,5 m breit sein. Parkplätze in Fahrtrichtung müssen laut DIN 18024-1 für Pkw mindestens 3,5 m breit und 5 m lang sein sowie eine Bewegungsfläche neben dem Fahrzeug von 1,5 m aufweisen.

Beim Betreten der Gebäude lauern nicht selten weitere Hürden. Idealerweise ist der Zugang stufenlos. Alternativ geht eine Rampe mit bis zu 6 % Steigung. Wer nicht mehr gut sieht, für den ist es wichtig, dass Hausnummer, Praxisschild und Klingel gut lesbar sind.

Für alle, die das Haus mit einem Rollator oder Rollstuhl befahren wollen, ist es optimal, wenn sich die Eingangstüren leicht öffnen. Behindernd sind Boden­schwellen. Gerade für ältere und gebrechliche Menschen können 2 cm Türschwelle ein unüberwindbares Hindernis darstellen. Jeder, der schon einmal einen Rollator geschoben hat, weiß, dass die kleinen Räder an 20 mm scheitern können – weil das ganze Körpergewicht der Fahrerinnen oder Fahrer oft auf den Vorderrädern lastet. Sind die Leute dann im Gebäude – und noch nicht einmal in der Praxis –, ist der Fußbodenbelag wichtig. Er sollte rutschfest sein und unbedingt stolperfallenfrei.

Flure in Haus und Praxis sollten ausreichend breit sein, mindestens 1,2 m. Bei den Fachärztinnen im Beispiel ist beides der Fall. Hinzu kommt: im Gebäude in Stuttgart sind die Lichter im Hausgang und in den Praxisräumen hell genug, um sich auch mit einer Sehschwäche zurechtzufinden. Schön ist auch die Sitzbank im Praxisflur. Darüber sind alle dankbar, die der Weg zum Arzt erschöpft hat. Und Menschen mit Stock und Krücken freuen sich zudem über Gehhilfenhalter.

Schmuckstück der Praxis ist das WC

Weil viele Menschen nach der Ankunft auf die ­Toilette müssen, liegt sie direkt gegenüber der ­Anmeldung und neben dem Wartezimmer. Durch die Tür, deren lichtes Maß mehr als 90 cm beträgt, passen Rollhilfen bequem hindurch. Ferner ist die Kennzeichnung auf der Tür gut lesbar. Überdurchschnittlich groß ist die Bewegungsfläche im stillen Örtchen. Sie darf laut Norm nicht unter 1,5 auf 1,5 m liegen. Ein Praxis-WC ist dann perfekt, wenn Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer sowie ­kleinwüchsige Menschen Waschbecken und Papiertücher zum ­Händeabtrocknen unkompliziert benutzen können.

Der WC-Sitz sollte in einem behindertengerechten Praxis-WC eine Höhe zwischen 46 und 48 cm haben. Haltegriffe finden sich neben dem WC, wo auf beiden Seiten Papierhalter angeschraubt sind. Der Waschtisch ist höchstens 80 cm hoch und unterfahrbar. Die Kniefreiheit beträgt 30 cm in der Tiefe und 67 cm in der Höhe.

Luftige Sprechzimmer

Geradezu vorbildlich sind in der Facharztpraxis die drei Sprechzimmer, mit jeweils 15 m². Durch die 90 cm breiten Türen lässt es sich bequem hineinrollen – und das Rangieren innerhalb der Zimmer ist mit Rollstuhl oder Rollator gut möglich. Zumal die Behandlungsliegen unterfahrbar sind. Auch können Ultraschalluntersuchung und Blutabnahmen barrierefrei erfolgen – obwohl diese Räume etwas kleiner ausfallen. Grundsätzlich gilt in Praxen: je kontrastreicher und blendfreier (Glas-)Türen, Griffe und Schilder sind, desto leichter fällt die Orientierung.

Sprachbarriere minimierbar

Allerdings gibt es nicht nur bauliche Hürden. Denn die größte Barriere ist oft die Sprache. Hier sind Online-Tools und Handy-Apps eine praktische Hilfe. Dank der digitalen Lösung sind Datenschutzerklärungen, Vollmachten und Aufklärungsformulare in der Praxis via Tablet lesbar. Und natürlich via Mobilgerät leicht zu übersetzen. Außerdem sind sie barrierefrei, weil sich Schriftgrößen und Kontraste mit wenigen Klicks ändern lassen – und somit auch für alle mit Sehstörungen gut lesbar sind.

Der Autor

Daniel Mudroh
Geschäftsführer der Palm KG
Quartiersentwickler und Manager von 13 Ärztehäusern und 12 Apotheken bundesweit
73614 Schorndorf

mudroh@palm-kg.de

Bildnachweis: privat

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