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Kongress-Ticker

Virtuell – Juni 2021

Eular-Kongress-Ticker

Angelika Ramm-Fischer

28.7.2021

Rheuma in der Pandemie

Seit Beginn der Pandemie haben Rheumatologen Daten von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und einer COVID-19-Infektion gesammelt: In der  
EULAR/GRA COVID-19-Registerstudie wurden 3 729 Fälle aus mehr als 60 Ländern ausgewertet, über die Prof. Dr. Pedro Machado (London) erläuterte [1]. Die wichtigsten Ergebnisse: Wie in der Allgemeinbevölkerung war auch bei RA-Patienten das höhere Alter stärker mit dem COVID-19-bedingten Tod verbunden. Mehr als zwei Drittel der Verstorbenen waren über 65 Jahre alt und das Risiko war bei Männern höher als bei Frauen. Die meisten DMARD (Disease modifying antirheumatic drugs) waren nicht mit COVID-19-bedingten Todesfällen assoziiert, daher sollten RA-Patienten auch während einer COVID-19-Infektion ihre Medikamente weiter einnehmen. Allerdings kann das Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung unter Rituximab, JAK-Inhibitoren, hohen Glukokortikoid-Dosierungen (mehr als 10 mg/Tag) und möglicherweise Sulfasalazin höher ausfallen. Jedoch spielt für diese Risikoberechnung auch der Schwere­grad der RA und Komorbiditäten eine Rolle.
Menschen mit geringerer Aktivität rheumatischer und muskoskelettaler Erkrankungen (RMD) oder in Remission hatten ein geringeres Risiko, an COVID-19 zu sterben, was die Bedeutung einer adäquaten Krankheitskontrolle unterstreicht.
Von den in der Studie untersuchten Personen hatten drei oder mehr Komorbiditäten. Bei den Todesfällen wurden bei 43 % drei oder mehr Komorbiditäten registriert, insbesondere Bluthochdruck, kardiovaskuläre Erkrankungen und chronische Lungenerkrankungen.
Machado berichtete auch von ersten Erfahrungen bei der Impfung von RA-Patienten. Danach ist das Sicherheitsprofil für COVID-19-Impfstoffe bei
RA-­Patienten beruhigend. Die meisten unerwün­schten Ereignisse (UAW) waren die gleichen wie in der Allgemeinbevölkerung. Entzündliche RA-Schübe und schwerwiegende UAW wurden nur selten
berichtet [2].

Strangfeld A et al., Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-219498
Sparks J et al., Ann Rheum Dis 2021; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-eular.1632

Passivrauchen und Rheuma

Welches Risiko stellt Passivrauchen bei der Entwicklung der RA dar? Aus der Studie E3N-EPIC, in der seit 1990 Daten über gesunde französische Frauen gesammelt werden, wurden insgesamt 79 806 Frauen – davon 698 Fälle von RA – herausgefiltert. In der gesamten Kohorte waren 10 810 (13,5 %) als Kinder dem Passivrauchen ausgesetzt und 42 807 (53,6 %) als Erwachsene. Ergebnis: Passivrauchen in der Kindheit steigert sowohl bei Kindern als auch im Erwachsenenalter das Risiko für eine RA. Bei der Subgruppenanalyse wurde auch das individuelle Rauchverhalten der Frauen als Erwachsene beurteilt. Hier stellte sich heraus, dass das Rheumarisiko nur dann mit dem Passivrauchen in der Kindheit assoziiert war, wenn die Frauen nie selbst geraucht hatten. Offenbar deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Nebenprodukte des Rauchens, ob aktiv oder passiv inhaliert, Autoimmunität erzeugen könnten, zumindest gegenüber Antigenen, die an der RA-­Pathogenese beteiligt sind.

Nguyen Y et al., Ann Rheum Dis 2021; 80(suppl1): 7

Fern-Rheumatologie per Fragebogen

Rheumapatienten benötigen eine regelmäßige Kontrolle ihrer Medikation und ihrer Krankheitsaktivität. Angesichts der geringen Anzahl an Rheumatologen  bedeutet dies für die Patienten oft lange Wartezeiten und weite Wege. Hier könnte eine Betreuung aus der Ferne Abhilfe schaffen, die nicht unbedingt mit digitaler Technologie erfolgen muss. Wie gut dies mittels Fragebögen klappt, hat eine britische Studie untersucht, die Prof. Thea Vliet Vlieland von der Universität Leiden (Niederlande) vorstellte.
Darin füllten 72 RA-Patienten, die gerade neu auf eine Biologikatherapie eingestellt wurden, zusätzlich zur üblichen ambulanten Betreuung zu Hause in monatlichen Abständen Fragebögen zur Selbsteinschätzung aus. Sie machten unter anderem ­Angaben zu Gelenksteifigkeit und Entzündungsschüben, Schmerzen per visuelle Analogskalen, globalem Gesundheitszustand und Lebensqualität. Anhand dieser Fragebögen wurden von einem unabhängigen (verblindeten) Arzt virtuelle Behandlungsentscheidungen getroffen. Diese „Fernentscheidungen“ wurden mit den von anderen Ärzten bei den Praxisbesuchen getroffenen Entscheidungen abgeglichen. Das Maß der Übereinstimmung wurde mithilfe des Kappa(κ)-Koeffizienten bewertet. Ergebnis: Es gab 57 übereinstimmende Entscheidungen zwischen dem unabhängigen Arzt und denen aus den Praxisbesuchen. Der Ambulanzarzt nahm sieben Änderungen an der Biologika- und 18 an den nicht biologischen Therapien vor, während der „Fern-Arzt“ eine Änderung bei den Biologika- und 17 Änderungen an den klassischen DMARD-Therapien vorgenommen hatte. Die Selbstbewertungsfragebögen berichteten von 34 RA-Schüben, von denen 21 wieder zurückgingen. In den übereinstimmenden Entscheidungen gab es nur ein ­unerwünschtes Ereignis, das zum Abbruch der ­Behandlung führte. Der unabhängige und der ­Ambulanzarzt hatten eine „mittlere“ Übereinstimmung im Hinblick auf Änderungen bei den Biologika- (κ= 0,226; p = 0,007) und allgemeine Änderungen der RA-Therapie (κ = 0,24; p = 0,07).
Insgesamt erschien die Fernüberwachung der RA mithilfe von Patientenselbsteinschätzung und Ergebnismessungen machbar, und es gab eine gute Übereinstimmung bei den Behandlungsentscheidungen in beiden Modellen.

Ndosi M et al., Ann Rheum Dis 2021; 80(suppl 1): 93


Kinder mehrfach impfen möglich

Die Sicherheit einer Impfung bei RA wird nicht nur durch das Risiko von unerwünschten Ereignissen bestimmt, sondern auch durch das Risiko einer Verschlimmerung der RA oder eines Krankheitsschubs. Die gleichzeitige Gabe mehrerer Impfstoffe kann diese Risiken verschärfen. Wie hoch dieses Risiko  für Kinder mit juveniler idiopathischer  Arthritis (JIA) ist, ging eine Studie mit 430 JIA-Kindern, die gleichzeitig einen Pneumokokken(PCV13)- und einen Impfstoff gegen Haemophilus influenzae B (Hib) erhielten, nach. Zwei Drittel der Kinder nahmen Biologika (bDMARD) ein, ein Drittel wurde mit konventionellen synthetischen Antirheumatika (csDMARD) behandelt und etwa 10 % bekamen Steroide. Ergebnis: Die gleichzeitige Impfung gegen Pneumokokken- und Hib-Infektionen hatte bei Kindern mit JIA keinen negativen Einfluss auf die Krankheitsaktivität.
Die EULAR empfiehlt hierzu, Kinder mit JIA, die Kortikosteroide, DMARD und/oder eine Anti-TNF-Therapie erhalten, nur mit Tot-Impfstoffen zu impfen.

Lomakina O et al., Ann Rheum Dis 2021; 80(suppl 1): 100

Axiale Spondyloarthritiden: Hilfe für Bechterew-Patienten

Nicht nur bei Psoriasis-Arthritis, sondern auch bei der nicht röntgenologischen axialen Spondyloarthritis führt
die Entzündungshemmung mit dem IL-17A-Inhibitor Secukinumab zu weniger Schmerzen, mehr Beweglichkeit
und mehr Lebensqualität.

Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) umfasst eine Bandbreite entzündlicher Erkrankungen der Wirbelsäule mit unterschiedlichen Krankheitserscheinungen und -verläufen. Heutzutage wird zwischen klassischer ankylosierender Spondylitis (AS, früher Morbus Bechterew) mit röntgenologisch sichtbaren Veränderungen der Ileosakralgelenke (röntgenologische axSpA) und nicht röntgenologischer axSpA (nr-axSpA) unterschieden. Allerdings lassen sich in der Magnetresonanztomografie (MRT) bei der nr-axSpA bereits entzündliche Läsionen feststellen.
Der Übergang zwischen beiden Ausprägungen ist fließend. Etwa 10−40 % der Patienten mit nr-axSpA entwickeln während 2−10 Jahren eine AS, wie Prof. Dr. med. Jens Gert Kuipers (Bremen) erläuterte.
Ergebnisse aus Kohortenstudien lassen vermuten, dass die nicht röntgenologische und röntgenologische Form etwa 1 : 1 verteilt sind. Die Prävalenz von nr-axSpA und AS betragen jeweils 0,3−0,6 % der ­Bevölkerung.
Der CRP-Wert als Entzündungsmarker und eine aktive Sakroiliitis im MRT sind die stärksten Prädiktoren für diese Progression. Diese Parameter gehen auch in die Scores zur Bewertung der Krankheitsaktivität ein und werden genutzt, um die Wirksamkeit von krankheitsmodifizierenden Medikamenten (disease modifying antirheumatic drugs, DMARD) wie dem Interleukin(IL)-17A-Hemmer Secukinumab auszuloten. So auch bei der randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten PREVENT-Studie, deren aktuelle Ergebnisse auf dem diesjährigen EULAR-Kongress vorgestellt wurden. Wie Kuipers berichtete, wurden in PREVENT 555 nr-axSpA-Patienten entweder mit 150 mg Secukinumab (in verschiedenen Einnahmeschemata) oder Placebo behandelt [1].
Ergebnis: Secukinumab 150 mg führt lang anhaltend über zwei Jahre hinweg zur deutlichen Verbesserung der Symptome und Krankheitsanzeichen bei Patienten mit aktiver nr-axSpA. Der primäre Endpunkt, eine 40%ige Verbesserung der Symptome gemäß den Kriterien der Assessment of SpondyloArthritis international Society (ASAS40-Ansprechen), lag bei TNF- α-Blocker-naiven Patienten (90 % der Probanden), die seit Studienbeginn Secukinumab erhalten hatten, nach zwei Jahren bei 63,4 %. Bei den Patienten, die im Verlauf der Studie von Placebo auf Secukinumab umgestellt wurden, erreichten nach zwei Jahren 61,9 % dieses Ansprechen. Der BASDAI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) reduzierte sich im Mittel um 4,1 Punkte. Einen BASDAI50 erreichten 64,2 % der Patienten. Zudem kam es bei 37,2 % der Betroffenen zur partiellen Remission der Erkrankung. Secukinumab wurde gut vertragen und es gab keine neuen oder unerwarteten Sicherheitssignale, so Kuipers abschließend.arf

1 Poddubnyy D et al., Ann Rheum Dis 2021; 80 (suppl 1):707, doi: 10.1136/annrheumdis-2021-eular.143
Virtuelles Post-EULAR Pressegespräch „Therapieoptionen im Spektrum der Spondyloarthritiden: Verbesserung körperlicher Funktionen für mehr Lebensqualität“ (Veranstalter: Novartis Pharma GmbH)

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