Die Diagnose einer Polymyalgia rheumatica (PMR) ist nicht einfach. Besonders, da jede zweite Person mit Verdacht auf diese Gefäßerkrankung bereits mit Glukokortikoiden (GC) anbehandelt ist, bis sie eine rheumatologische Evaluation erhält. Dies erschwert wiederum die Unterscheidung von anderen möglichen Ursachen.
Daher wird in der aktualisierten S2e-Leitlinie zur Behandlung der PMR von 2024 die Wichtigkeit einer frühzeitigen rheumatologischen Diagnose betont – ein ambitioniertes Ziel, so Prof. Dr. med. Christian Dejaco (Bruneck, Italien) beim Deutschen Rheumatologiekongress 2025.
Auf Basis von Versicherungsdaten für Deutschland wurde ermittelt, dass die Erstdiagnose in 37 % der Fälle durch den Hausarzt gestellt wird und nur in 11 % durch den Rheumatologen. Nur 21 % werden dann der Rheumatologie zugewiesen. Diese sieht also nur ein Drittel der Betroffenen. Dies ließe sich durch eine sogenannte „rapid access“-Strategie deutlich optimieren, wie eine aktuelle Studie gezeigt habe, berichtete Dejaco. Die Zuweisungsrate konnte verdoppelt werden und der Anteil derer mit GC-Vorbehandlung bei Zuweisung auf 9 % gesenkt werden.
Die Zuweisung zur Rheumatologie ist aus Sicht von Dejaco auch mit Blick auf die Therapie wichtig. Denn die PMR ist nicht nur eine GC-sensible, sondern auch eine Biologika-sensible Erkrankung. Dies sei neu.
Die S2e-Leitlinie empfiehlt zwar weiterhin eine initiale Therapie mit GC (15–25 mg Prednisonäquivalent pro Tag). Diese soll daher aufgrund ihrer potenziellen Nebenwirkungen in der Langzeittherapie – unter Überwachung der Krankheitsaktivität und der unerwünschten Wirkungen – nur zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Nur bei Fehlen von Risikofaktoren soll inzwischen eine GC-Monotherapie durchgeführt werden (Soll-Empfehlung).
Bei rezidivierendem Verlauf (Sollte-Empfehlung) und Neuerkrankten mit hohem initialen Risiko für GC-assoziierte Nebenwirkungen (Kann-Empfehlung) werden nun ergänzend zu GC Interleukin(IL)-6-Rezeptor-Inhibitoren empfohlen – alternativ auch Methotrexat (MTX) oder Rituximab. GC in Monotherapie sollten ohne Rezidiv maximal ein Jahr gegeben werden, in Kombination mit Biologika maximal 16 Wochen und in Kombination mit MTX maximal 6–8 Monate (individuelle Abwägung).
Zukünftig könnte der Januskinase-Inhibitor Baricitinib als weitere Behandlungsoption hinzukommen. Zumindest sind die Ergebnisse einer kleinen Phase-II-Studie (34 Patientinnen und Patienten mit PMR seit < 6 Monaten) vielversprechend. Den primären Endpunkt eines PMR-Aktivitäts-Scores ≤ 10 in Woche 12 ohne GC in den Wochen 1–12 erreichten 79 % der mit Baricitinib Behandelten gegenüber 13 % unter Placebo. Einer Rescue-Therapie mit GC bedurften 6 % versus 67 % unter Placebo. Das Therapieansprechen war schnell: In Woche 2 hatten 53 % unter Baricitinib versus 27 % unter Placebo einen PMR-Aktivitäts-Score ≤ 10 erreicht. Zusätzlich zum schnellen Ansprechen war auch der Therapieerfolg anhaltend.
Vortrag „WIN-Session: PMR / RZA, SLE, Sjögren-Syndrom“