Kognitive Veränderungen sind ein häufig beschriebenes Symptom während der perimenopausalen Transition und häufig mit einer Verminderung der Lebensqualität verbunden [1]. Viele Frauen sind auch besorgt darüber, ob diese Veränderungen das Anfangsstadium einer demenziellen Erkrankung darstellen.
Unter dem Begriff „Brain Fog“ (Gehirnnebel) werden kognitive Beschwerden zusammengefasst, die sich vor allem in Form von Gedächtnisschwierigkeiten und Aufmerksamkeitsdefiziten manifestieren.
Am stärksten betroffen sind das verbale Gedächtnis und Lernen. Veränderungen in der psychomotorischen Geschwindigkeit, dem Arbeitsgedächtnis und der Aufmerksamkeit werden als moderat beschrieben. Kognitive Funktionen höherer Ordnung wie beispielsweise das strategische Denken zeigen sich in Längsschnittstudien unbeeinflusst.
Die subjektiv empfundenen Veränderungen der Kognition lassen sich auch in Studien verifizieren, liegen jedoch trotz der perimenopausalen Einschränkung innerhalb der Norm. Nur etwa 11–13 % der Frauen weisen eine klinisch signifikante Beeinträchtigung ihrer Kognition auf. Einige Frauen erscheinen aufgrund ihrer Lebensumstände eines niedrigeren Bildungsniveaus oder sozialen Status sowie geringerer kognitiver Beanspruchung im Alltag anfälliger für (anhaltende) kognitive Beeinträchtigungen und Demenz. Dies wird als geringere kognitive Reserve bezeichnet [2]. Auch anhaltende klimakterische Symptome, insbesondere Schlafstörungen und Hitzewallungen, können neben genetischer Prädisposition, Lifestyle-Faktoren, kulturellen Einflüssen, allgemeiner körperlicher und psychischer Gesundheit die Kognition negativ beeinträchtigen.
Gehirn und Hormone
Die Symptome beginnen in der Regel während der menopausalen Transition und zeigen sich meist postmenopausal rückläufig [3]. Der natürliche Ablauf der Beschwerden deutet auf einen Zusammenhang von hormonellen Veränderungen und klimakterischen Beschwerden hin und nicht auf den Beginn einer demenziellen Erkrankung, die in diesem Lebensalter selten ist.
Anhaltende klimakterische Symptome können die Kognition negativ beeinträchtigen.
Klinische Studien zeigen, dass Estradiol (E2) bei der Entstehung von Veränderungen der Kognition während der perimenopausalen Transition eine wesentliche Rolle spielt [4]. Die Forschungsgruppe von Lisa Mosconi nutzt die Positronen-Emissions-Tomografie (PET), um neuroendokrine Veränderungen zu visualisieren (Abb. 1). Eine ihrer Studien zeigt, dass es während der Perimenopause zu einer Abnahme der grauen und weißen Gehirnsubstanz sowie des cerebralen Glucosestoffwechsels kommt. Die Studie zeigt jedoch auch, dass diese Rückgänge zumindest teilweise durch einen erhöhten Blutfluss und eine vermehrte Adenosintriphosphat(ATP)-Produktion kompensiert werden und nur während der perimenopausalen Transition auftreten. In Follow-up-Scans zeigten sich die Befunde stabil oder sogar rückläufig. Die „Erholung“ des Gehirns ging auch mit einer Verbesserung des Gedächtnisses und der kognitiven Leistung einher. Vergleiche mit gleichaltrigen männlichen Teilnehmern zeigten, dass die meisten dieser Veränderungen speziell mit dem Übergang zur Menopause und nicht mit dem normalen chronologischen Altern zusammenhängen [5].
Weitere Untersuchungen der Forschungsgruppe zeigen, dass die Estrogenrezeptordichte in bestimmten Gehirnregionen, wie dem Hippocampus, dem präfrontalen Kortex und Thalamus, bei postmenopausalen Frauen im Vergleich zur Prämenopause zunimmt. Diese Gehirnregionen tragen bei der Genese klimakterischer Beschwerden eine führende Rolle, sodass sich Visualisierung und klimakterische Symptome decken. Das weibliche Gehirn kompensiert den Estrogenmangel schrittweise durch eine erhöhte Rezeptordichte [6].
Der Estrogenmangel führt zu einer verminderten Aktivität im Hippocampus und präfrontalen Kortex [7]. Estrogene haben eine vielseitige Wirkung auf das Gehirn. Einerseits haben sie neurotrophe und neuroprotektive Effekte, indem sie die synaptische Plastizität sowie die Neurogenese fördern, andererseits schützen sie Nervenzellen vor neuronalen Verletzungen und Apoptose. Darüber hinaus scheint Estrogen die mitochondriale Funktion zu verbessern, indem es die Produktion von ATP und die mitochondriale Atmung steigert [8,9]. Progesteron wirkt als Neurosteroid und unterstützt die Myelinisierung sowie die neuronale Regeneration. Ein Mangel an Progesteron während der Menopause kann daher zu erhöhten Entzündungsreaktionen und einem neurochemischen Ungleichgewicht führen, welche das Risiko für neurologische und psychiatrische Erkrankungen erhöhen [10].
Gibt es eine Verbindung zur Demenz?
Einige Forschungsergebnisse deuten zwar darauf hin, dass kognitive Probleme während der perimenopausalen Transition mit Veränderungen im Gehirn einhergehen, die teilweise bis ins hohe Alter bestehen bleiben und zur Demenz führen können. Diese Studien befinden sich jedoch noch im Anfangsstadium und es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass alle Frauen die Perimenopause durchleben und die demenzielle Prävalenzrate für Frauen > 65 Jahre bei 9,95 % in Europa liegt [11].
Aufgrund mangelnder Studien kann keine finale Aussage bezüglich der Rolle einer Hormonersatztherapie (HRT) auf die Kognition bei Frauen mit ausgeprägten Hitzewallungen getroffen werden. Der Beginn einer HRT in der frühen Menopause scheint keinen negativen Effekt auf die kognitiven Funktionen zu haben. Eine Estrogentherapie (ET) bei Frauen in den frühen Wechseljahren (vor dem 45. Lebensjahr) kann das Demenzrisiko senken und die kognitiven Funktionen positiv beeinflussen. In der späten Menopause zeigten sich die Auswirkungen einer ET neutral. Konjugierte equine Estrogene in Kombination mit Medroxyprogesteronacetat scheinen sich ab einem Alter von 65 Jahren negativ auf die Kognition auszuwirken, während orales Estrogen in Kombination mit vaginalem Progesteron 10 Jahre nach der Menopause neutrale Auswirkungen zeigte. In der chirurgischen Menopause kann das Gedächtnis durch ET verbessert werden. International wird aktuell weder zur Behandlung kognitiver Beschwerden in der Menopause noch zur Prävention eines kognitiven Abbaus oder einer Demenzentwicklung eine HRT empfohlen. Vielmehr liegt das Augenmerk auf einer individuellen Lifestyle-Beratung (Abb. 2), um modifizierbare Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes, Hypertonie, körperliche und kognitive soziale Aktivität sowie soziale Interaktionen zu optimieren [12]. „The Big Five“: Hypertonie, Diabetes, Adipositas, aktuelles Rauchen und Hypercholesterinämie erhöhen das Demenzrisiko um 41–78 % [13].
Mit einer gezielten Lebenstilberatung lassen sich modifizierbare Risikofaktoren verbessern.
Es wird ein mehrgleisiger Ansatz zur Senkung des Demenzrisikos empfohlen, da das Risiko der Entwicklung einer Demenz mit einem Risikofaktor um 20 %, mit zwei um 65 % und mit drei um 200 % zunimmt [14]. Somit stellt die Lebensmitte einen guten Zeitpunkt dar, um auf veränderbare Risikofaktoren positiv einzuwirken.
In einer Studie von Mosconi et al. zeigen sich Hinweise darauf, dass eine längere reproduktive Phase und Schwangerschaften sich protektiv auf die Entstehung von demenziellen Erkrankungen auswirken können. Jedoch werden noch mehr Untersuchungen benötigt, um die biologischen Prozesse und Auswirkungen von Estrogen auf die Alterung des Gehirns zu verifizieren und von äußeren Expositionen zu differenzieren [15].
Brain Fog und Long-COVID
Aufgrund mangelnder Daten ist es bisher nicht sicher möglich, „Brain Fog“ im Zuge der Wechseljahre von Long-COVID-Symptomen zu unterscheiden. Allerdings scheinen exekutive Funktionseinbußen ein Hinweis auf eine Assoziation mit SARS-CoV-2 zu sein, wohingegen diese bei perimenopausalen Frauen nicht beobachtet werden.
Die Autorin
Dr. med. Tatjana Nobs
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Universitätsmedizin Frankfurt
Bildnachweis: privat