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Allgemeinmedizin

Interstitielle Lungenerkrankungen

Genetik spielt bei Lungenfibrose eine Rolle

Claudia Dechamps

2.4.2023

Die Erkenntnisse zu idiopathischen Lungenerkrankungen sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Mutationen und genetische Dispositionen scheinen eine Schlüsselrolle zu spielen. Zu der neuen internationalen Leitlinie nimmt Prof. Dr. med. Jürgen Behr (München) Stellung.

Neue Untersuchungen verdeutlichten, dass etwa jeder dritte Patient mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF) genetische Risikofaktoren aufweise, erklärte Behr. Eine Genotypisierung von Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) sei daher als Standard anzustreben, um die Therapieentscheidungen entsprechend auszurichten. Interstitielle Lungenauffälligkeiten finden sich bei über 60-Jährigen und zeigen ein progressives Verhalten mit vermehrtem Lungenfunktionsverlust und erhöhter Gesamtmortalität.

Relative Stabilität der Zahlen

Es ist davon auszugehen, dass viele interstitielle Lungenauffälligkeiten im Laufe von Jahren in eine manifeste interstitielle Lungenerkrankung oder idiopathische Lungenfibrose übergehen. Die deutschen Zahlen zu Inzidenz und Prävalenz zeigen eine relative Stabilität. Auffallend ist, dass innerhalb von fünf Jahren nach der Diagnose nur 11,6 % der Patienten die empfohlene Therapie mit antifibrotischen Medikamenten erhalten. Im gleichen Zeitraum bekommen 53,1 % der Patienten eine Langzeit-Sauerstoff-Therapie, was die Progression dieser Erkrankungen belegt. An der Implementierung der Leitlinien müsse gearbeitet werden, forderte Behr.

Darstellung verschiedener ILD-Muster mittels verschiedener Optical Coherence Tomografie (OTC)

CT bleibt Goldstandard in der Diagnose

Zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung liegen immer noch etwa zwei Jahre. In der Diagnostik ist die Dünnschicht-Computertomografie in hochauflösender Technik der Goldstandard. Die derzeit entwickelten, auf Künstlicher Intelligenz basierenden Verfahren werden eine Diagnose einfacher machen. Auch die Entwicklungen zur transthorakalen Lungenultraschalldiagnostik sind sehr ermutigend. Zur Diagnostik der IPF hat die neue internationale Praxisleitlinie eine Systematik der Wahrscheinlichkeit eingeführt, mit der ein bestimmtes HRCT-Muster das Vorliegen eines UIP-Musters in der Histologie vorhersagen kann:

· sehr hohe Wahrscheinlichkeit (> 90 %) für das klassische UIP-Muster im HRCT
· hohe Wahrscheinlichkeit (70–89 %) für das wahrscheinliche UIP-Muster  
· niedrige Wahrscheinlichkeit (51–69 %) für das unbestimmte Muster
· sehr niedrige Wahrscheinlichkeit (< 50 %) für CT-Muster, die eine andere Diagnose wahrscheinlicher machen

Die internationale Leitlinie beschreibt in der Diagnostik im Wesentlichen den Status quo zur IPF. Zur Behandlung werden weder eine Antazida-Therapie noch eine Fundoplicatio empfohlen. Bestätigt wird das auf vier Säulen ruhende Therapiemanagement:

· antifibrotische Therapie
· nicht medikamentöse Therapie mittels Langzeitsauerstoff und pneumologischer Rehabilitation
· Diagnose und Therapie möglicher Komorbiditäten
· Symptomkontrolle mittels Palliativmedizin

Antifibrotische Therapie als Standard?

Als enttäuschend bewertete Behr, dass die konditionalen Empfehlungen zur Therapie der IPF mit Antifibrotika nicht verändert wurden. Studien zeigten einen echten klinischen Benefit der antifibrotischen Therapie. Nach Meinung von Behr sollte daher die antifibrotische Therapie als heutiger Standard für IPF-Patienten eine uneingeschränkte Empfehlung erhalten.

Patienten zur Studienteilnahme motivieren

Humanes rekombinantes Pentraxin-2 bleibt aus Behrs Sicht ein Favorit für zukünftige Therapien. Mit dem präferenziellen Inhibitor der Phosphodiesterase-4B (PDE4BI) gibt es ein vielversprechendes Medikament, das sich in Wirksamkeit und Nebenwirkungen potenziell bisherigen Therapeutika überlegen zeigt. Ein neuer Therapieansatz ist das inhalative Stickstoffmonoxid (iNO) bei Patienten mit fortgeschrittener Lungenfibrose. Behr wünschte sich hier belastbarere Daten aus entsprechend größeren Studien.

PPF als neuer Oberbegriff

Die internationale Leitlinie schlägt den Begriff „progrediente Pulmonalfibrose (PPF)“ für progredient verlaufende, fibrosierende interstitielle Lungenerkrankungen vor, wobei die idiopathische Lungenfibrose nicht in der PPF enthalten sein soll. Die Einteilung der Kriterien sieht Behr kritisch. Er betonte, dass es nicht erforderlich sei, die Progression der Erkrankung über ein Jahr zu beobachten, bevor eine antifibrotische Therapie eingeleitet werde.

Nintedanib für die Therapie  

Für die Therapie ist Nintedanib zu empfehlen. Studien belegen, dass es den Krankheitsverlauf bei PPF insgesamt günstig beeinflusse, betonte Behr. Für Pirfenidon ist die Datenlage, basierend auf den Studien uILD und RELIEF schwächer, zeigt aber auch positive Signale. Bei Versagen von Nintedanib oder bei Unverträglichkeit ist Pirfenidon zu erwägen. Auch bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen innerhalb der PPF war Nintedanib wirksam. Bei rheumatoider Arthritis, systemischer Sklerose oder Myositis werden einige Medikamente noch diskutiert. Bei der ILD assoziierten pulmonalen Hypertonie (PH-ILD) zeigt die Studie INCREASE mit inhalativem Treprostinil positive Ergebnisse, das Medikament könnte einen Fortschritt auf dem Gebiet der Therapie fibrosierender Lungengerüsterkrankungen darstellen.

Vortrag von Prof. Dr. med. Jürgen Behr Interstitielle Lungenerkrankungen“,Pneumo Update 2022, Mainz (hybrid), November 2022

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