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Allgemeinmedizin

Infektionen im Alter

Diese Impfungen benötigen Senioren

Dr. med. Anne-Sophie Endres

Gerade bei älteren Menschen sollte an Impfschutz gedacht werden, denn sie sind besonders anfällig für Infektionen. Zudem können diese bei ihnen schwerer verlaufen und den Tod bedeuten. Dennoch fallen auch bei den Senioren die Impfquoten gering aus.

Die Bedeutung des Begriffs „Senior“ wandelte sich mit der Zeit von Meister über Oberhaupt der Familie hin zu alter Mensch etwa ab den 1970er-Jahren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert ­Menschen höheren Lebensalters als Alte (60–75), Ältere (76–90), sehr Alte (91–100) und Hochbetagte (> 100 Jahre). In der Altersmedizin werden Senioren in „Go Goes“, den unabhängig lebenden Senioren, in „Slow Goes“, den hilfsbedürftigen Senioren, und den „No Goes“, den pflegebedürftigen Senioren, unterteilt. Der geriatrische Patient ist älter als 80 Jahre oder 70 Jahre, wenn eine Multimorbidität mit Störungen verschiedener Körperfunktionen und Organsystemen vorliegt. Infektionserkrankungen verursachen bei alten ­Menschen Gesundheitseinschränkungen und Tod. Untere Atemwegsinfektionen stellen die sechsthäufigste Ursache für Jahre mit verlorener Gesundheit (DALYs) und Tod sowie bei Menschen ab 66 Jahren die achthäufigste Todesursache dar. Invasive Pneumokokken-Erkrankungen führen diese Liste an. Influenza und Pneumonie gelten als wesentliche Ursache für infektiöse Morbidität und Mortalität. Eine Influenza induziert akute kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall, die für Tod im Alter verantwortlich sind. So führen Infektionen sowohl direkt durch infektiöse Organschädigung als auch über kardiovaskuläre Auswirkungen zu Krankheit und Tod. Im Alter verlaufen Infektionen anders. Senioren entwickeln eine Immunoseneszenz, die durch schwere Infektionsverläufe, Reduktion der Immunantwort und durch eine Überhandnahme von opportunis­tischen Kommensalen charakterisiert wird.

Infektionen verhindern

Die Ausrottung der Pocken begann am 14. Mai 1796 mit der Impfung des achtjährigen James Philipps. Im Jahr 1874 folgte das von Otto von Bismarck veranlasste Pocken-Impfgesetz. Impfungen können, wie es bei der Grippeschutzimpfung und der Pertussisimpfung der Fall ist, nicht nur die infektiöse Erkrankung verhindern, sondern auch die Mortalität an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Krankheitslast chronischer Erkrankungen senken. Nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) benötigen Menschen ≥ 60 Jahren eine Auffrischimpfung gegen Tetanus und Diphtherie in einem zehnjährigen Intervall. Senioren mit hoher Pertussis-Expositionsgefahr sollten bei der Tetanus- und Diphtherie-Impfung gleichzeitig eine gegen Pertussis mit dem Kombinationsimpfstoff (Tdap) erhalten. Gegen Pneumokokken empfiehlt sich die Standardimpfung mit einem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff im Abstand von sechs Jahren. Im Herbst sollte die jährliche Impfung gegen Influenza mit einem inaktivierten quadrivalenten Impfstoff mit aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombination erfolgen. Zusätzlich ist für Menschen ≥ 60 Jahren eine Impfung gegen Herpes zoster sinnvoll. Obwohl Impfungen Infektionserkrankungen, Krankenhausaufenthalte sowie Körperbehinderungen verhindern, ist die Impfquote in Europa gering. Beispielsweise lassen sich nur 34,8 % der Senioren gegen Grippe impfen. In Deutschland wurden im Nationalen Impfplan Impfquotenziele definiert. Demnach sollen u. a. die Influenza-Impfquoten bei Senioren und Risikogruppen auf über 75 % gesteigert werden. ­Dabei setzen die Experten u. a. auf „Nudging“ über möglichst viele „Kanäle“. Mithilfe dieser Methode ­lassen sich Impulse setzen bzw. Menschen anstupsen, ein Vorhaben, das sie befürworten, auch ­tatsächlich umzusetzen. Ein weiterer Anreiz kann sein, dass die von der STIKO empfohlenen Grippeschutz-Impfungen zudem einen Schutz gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 bieten können. Von den verschiedenen Impfstoffkandidaten gegen dieses Virus, wie es Protein-Impfungen mit dem ­immunogenen Spike-Protein, vektorbasier­te Impfungen und RNA-Impfungen sind, hat sich zuerst die mRNA-Vakzine BNT162b2 durchgesetzt. In der ersten Stufe werden Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen und Hochaltrige über Impfzentren sowie mobile Impfteams geimpft.

Fazit:

Bei Senioren sollte nicht nur der Grippeschutz regelmäßig aufgefrischt werden. Dies gilt insbesondere auch für Erkrankungen, die die meisten Menschen eher nicht präsent haben, wie Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken und Herpes zoster. Um die niedrigen Impfquoten zu verbessern, sollte bei den Patienten nachgefragt und Ratgeber ausgelegt werden. Darüber hinaus lassen sich z. B. aber auch Impulse mit alters- und alltagsgerechten, markigen Sprüchen an den Praxiswänden setzen, die den Nutzen einer Impfung widerspiegeln.

Die Autorin

Dr. med. Anne-Sophie Endres
Fachärztin für Innere Medizin, Geriatrie, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
Evangelisches Geriatriezentrum Berlin GmbH

anne-sophie.endres@jsd.de

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: privat

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