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Fokus Naturmedizin

Osteomalazie

Mit Vitamin D gut zu therapieren

Prof. Dr. med. Hans-Christof Schober

Osteomalazie ist eine Knochenstoffwechselerkrankung, die durch eine verzögerte oder fehlende Mineralisation der organischen Knochenmatrix (Osteoid) des neu gebildeten Knochens charakterisiert ist. Meistens ist ein Vitamin-D-Mangel dafür verantwortlich, aber auch viele andere Faktoren können dazu führen.

Knochensubstanz wird ständig ab- und aufgebaut. Für den Knochenumbau an einem definierten Ort in einer definierten Zeit sind Basic multicellular units (BMU) verantwortlich. Knochenremodelling stellt einen Ersatzmechanismus dar, bei dem Osteoklasten über eine bestimmte Zeit eine bestimmte Knochenmenge resorbieren, während Osteoblasten anschließend Knochen neu aufbauen. Das Endresultat eines solchen Umbaus ist eine neue Knochenstruktur­einheit (Bone structural unit).

Nach der Knochenresorption wird von den Osteoblasten eine neue Matrix synthetisiert, 90 % dieser Matrix bestehen aus Kollagen Typ I. Pro Tag werden 2–3 µm pro neue Matrix abgelagert, nach etwa 10–15 Tagen beginnt die Mineralisation ( 1,0– 1,5 µm pro Tag) dieser neu abgelagerten 15–20 µm hohen Knochenschicht. Die gesamte Strukturerneuerung ist nach 50 Tagen beendet. Die Mineraleinlagerung setzt sich noch etwa 30 Tage fort.

Bei der Osteomalazie kommt es zu einer absoluten und relativen Zunahme der unverkalkten Matrix durch ein verzögertes Einsetzen und Voranschreiten der Mineralisation. Die Folge ist eine Vermehrung unverkalkten Knochens bei gleicher Größe und ­Dicke, z. B. der Trabekel, sodass dieser Knochen von geringerer Festigkeit ist. Diese Knochenveränderungen führen zu klinischen, histologischen, röntgenologischen und biochemischen Veränderungen. Deren Erscheinungsbild und Häufigkeit variiert je nach den zugrunde liegenden ätiologischen Faktoren.

Gangstörungen ein erster Hinweis

Klinische Zeichen der Osteomalazie sind Knochenschmerzen, allgemeine Schwäche, Muskelschwäche oder Schwierigkeiten beim Gehen. Bei Jugendlichen mit Zöliakie können auch residuelle Formen der Rachitis mit einer vermehrten Kyphose in Erscheinung treten, einer Varusstellung der Beine und des ­rachitischen Rosenkranzes. Ein einfacher klinischer Test ist das Aufstehenlassen vom Stuhl ohne Einsatz der Arme, was den Patienten aufgrund der proximalen Myopathie oft nicht möglich ist. Beim Tragen von Gewichten verstärkt sich der Knochenschmerz. Viele Patienten verspüren ihn nur beim Gehen. Gangstörungen sind daher oft das erste Anzeichen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Watschelgang.

Röntgenmorphologisch fallen an dem Röhrenknochen Loosersche Umbauzonen auf, die quer zur Längsachse des Knochens verlaufen. Eine ausgeprägte Vitamin-D-bedingte Osteomalazie führt zu einem sekundären Hyperparathyreoidismus mit vermehrtem kortikalen Umbau und vermehrter ­kortikaler Porosität in den Metakarpalia. In hochauflösenden Röntgenuntersuchungen ist eine kortikale Streifenzeichnung zu sehen.

Histologisch ist die Osteomalazie gekennzeichnet durch eine Vergrößerung der Osteoidoberfläche und -dicke. Es findet sich bis zu 15-fach mehr Osteoid im Knochen. Gut zu ­sehen ist dies besonders im trabekulären Knochen. Klinisch können multiple Rippenfrakturen auftreten. Der klassische Laborbefund beinhaltet einen verminderten oder niedrig normalen Serumcalciumspiegel, einen verminderten Serumphosphatspiegel und eine massiv erhöhte alkalische Phosphatase. Phosphatverlusterkrankungen gehen meistens mit einem normalen Calciumspiegel einher, das Parathormon ist normal oder gering erhöht und die alkalische Phosphatase ist auch hier erhöht.

Ursachen und Therapie

Ein Vitamin-D-Mangel ist die häufigste Ursache einer Osteomalazie. Andere wesentliche Faktoren stellen eine Hypophosphatämie – entweder angeboren (XLH) oder erworben durch eine onkogene Osteomalazie mit Erhöhung von FGF23 und massivem Phosphatverlust – dar. Situationen, die zu einer Calciumresorptionsstörung führen, u. a. Zöliakie, Pankreasinsuffizienz, bariatrische Chirurgie, sind ebenfalls zu bedenken.

Meistens ist bei Älteren (Heimbewohnern), die sich dem Sonnenlicht nicht mehr aussetzen, ein Vitamin-D-Mangel nachweisbar. Bei Malabsorptionssyndromen (zystische Fibrose, chronisch-entzündliche Darmerkrankung, bariatrische Chirurgie, Strahlenenteritis), aber auch bei bestimmten Medikamenten wie Antiepileptika, HIV-Medikamenten, Pilztherapeutika und Colestyramin kann es zu einem Vitamin-D-Defizit kommen. Auch Adipöse haben häufig einen Vitamin-D-Mangel. Nicht zuletzt können auch granulomatöse Erkrankungen einen Vitamin-D-Mangel verursachen.

Die Substitutionstherapie mit Vitamin D ist durch tägliche, wöchentliche oder monatliche Gabe möglich. Eine einmalige jährliche sehr hohe Gabe sollte vermieden werden, da diese mit einer Erhöhung des Sturzrisikos einhergeht. Bei einer schnellen Substitution erreicht man einen Anstieg von: 29 nmol/l, wenn 100.000 Einheiten Vitamin D in acht Wochen verabfolgt werden, 160.000 Einheiten in sechs Wochen verabreicht (in den ersten zwei Tagen jeweils 20.000 Einheiten, danach wöchentlich über sechs Wochen 20.000 Einheiten), führen zu einem Anstieg von 43 nmol/l, werden 200.000 Einheiten in acht Wochen eingenommen, kommt es zu einem Anstieg von etwa 69 nmol/l. Bei einer Malabsorption sollten 100.000 Einheiten Vitamin D zu Beginn i. m. gegeben werden.

Fazit:

Osteomalazie ist bei exakter Diagnose und ­angemessener Therapie eine sehr gut be­han­­del­bare und heilbare Erkrankung. Für die ­Patienten bedeutet dies eine erhebliche ­Zunahme an Lebensqualität.

Der Autor

Prof. Dr. med. Hans-Christof Schober
Chefarzt Klinik für Innere Medizin
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Rostock

hans-christof.schober@kliniksued-rostock.de

Literatur beim Autor

Bildnachweis: PD Dr. med. Gabriele Lehmann (Jena); Klinikum Rostock

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