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Gynäkologie

Risiken kennen und beraten

Endometriumkarzinom – welche Risikofaktoren gibt es?

Prof. Dr. med. Thomas Römer

20.10.2023

Endometriumkarzinome gehören mit ca. 11 000 Neuerkrankungen im Jahr zu den häufigen Malignomen der Frau. Frauenärzte sollten die Risikofaktoren kennen, um Patientinnen zu beraten und entsprechend präventive Empfehlungen geben zu können. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht.

Das Endometriumkarzinom ist das fünfthäufigste Malignom der Frau in Deutschland. Es gibt ca. 11 000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland, das mittlere Alter bei der Diagnose beträgt 68 Jahre. Die 5-Jahres-Überlebensrate ist mit 74–78 % allerdings günstig. Das Lebenszeitrisiko für die Erkrankung beträgt 1,9 %.

Die Häufigkeit des Endometriumkarzinoms hat in den vergangenen Jahren zugenommen, dadurch hat es in der gynäkologischen Praxis eine besondere Relevanz. Oft stellt sich die Frage des Risikos eines Endometriumkarzinoms im Zusammenhang mit Hormonanwendungen, wie bei der hormonellen Kontrazeption. Noch relevanter wird die Frage, wenn es um die Frage einer Hormonersatztherapie (HRT) geht. Welche HRT ist bei Risikogruppen zu bevorzugen? Was sind zusätzliche Risikofaktoren?

Alter und Grunderkrankungen

Mit höherem Alter steigt das Risiko für das Auf­treten eines Endometriumkarzinoms. Die Inzidenz nimmt erst ab einem Alter von 85 Jahren wieder ab. Während das Endometriumkarzinom klassischerweise mit einem postmenopausalen Zustand ­assoziiert wird, gibt es auch perimenopausal Endometriumkarzinome, die aufgrund der noch bestehenden Blutungen oft schwerer zu diagnosti­zieren sind.

Ein spätes Menarchealter und ein spätes Alter bei der Geburt des letzten Kindes sind mit einem reduzierten Risiko verbunden. Ein späteres Menopausenalter ist mit einem erhöhten Auftreten für das Endometriumkarzinom assoziiert. Bei einem Menopausenalter über 55 Jahre verdoppelt sich das Endometriumkarzinomrisiko (HR = 2,36).

Perimenopausal sind Endometrium­karzinome oft schwer zu diagnostizieren.

Ein Diabetes mellitus, eine gestörte Glucosetoleranz, ein metabolisches Syndrom und auch das PCO-­Syndrom erhöhen die Inzidenz für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms. So haben Patientinnen mit Diabetes mellitus eine Risikoerhöhung um den Faktor 1,7 bis 2,1.

Die Adenomyosis ist eine Erkrankung, die bis zu 50 % der Frauen betrifft. Wir sehen zunehmend auch ­Adenomyosen bei jüngeren Patientinnen. Insofern stellt sich oft die Frage, ob beim Vorliegen einer ­Adenomyosis als estrogenabhängige Erkrankung das Risiko für ein späteres Endometriumkarzinom erhöht ist. In einer Metaanalyse, die 8 retro­spektive Kohortenstudien einschloss, wurden 5 573 Endometriumkarzinom-Patientinnen untersucht. Davon hatten 1 322 Patientinnen eine Adenomyosis, sodass die Prävalenz etwa 22,6 % beträgt. Allerdings kommt man hier zu der Schlussfolgerung, dass ein Zusammenhang nicht gezeigt werden konnte, da es keinen Unterschied zu anderen gynäkologischen Erkrankungen gibt.

Ein ebenfalls schon langer bekannter Fakt ist, dass ein hoher Body-Mass-Index das Risiko für ein Endometriumkarzinom erhöht. Bei einem BMI > 30 verdoppelt sich das Endometriumkarzinomrisiko. Allerdings gibt es damit auch einen präventiven Ansatz. Durch eine Gewichtsreduktion kann das Risiko für ein Endometriumkarzinom gesenkt werden. In den vergangenen Jahren hat auch die bariatrische Chirurgie zugenommen. Es konnte gezeigt werden, dass die bariatrische Chirurgie zu einer Risikoreduktion für das Endometriumkarzinom führt.

Bei einer Untersuchung von über 1 400 Patientinnen mit bariatrischer Operation versus konservativer Gewichtsreduktion war das relative Risiko bei einem 18-jährigen Follow-up nur 0,56. In einer Metaanalyse mit 7 Studien und 150 000 Frauen nach bariatrischen Operationen zeigte sich eine Risikoreduktion des Endometriumkarzinoms nach einer bariatrischen Chirurgie um 67 %. Mögliche Mechanismen, die das erklären könnten, sind vor allem die Abnahme der Insulinresistenz und eine Veränderung der Zytokine.

Potentille Präventionsstrategie bei Risikofaktoren

Risikofaktor Kontrazeptiva?

Orale Kontrazeptiva haben einen protektiven Effekt bezüglich des Endometriumkarzinomrisikos. Dies konnte in großen Studien gezeigt werden. Die großen Studien zeigten ein relatives Risiko von 0,44–0,65. Das Risiko sinkt bei einer längeren Anwendung von 10 bzw. 12 Jahren weiter (RR = 0,28–0,58). Orale ­Kontrazeptiva haben somit einen deutlich risiko­vermindernden Effekt. Dies gilt nicht nur für kombinierte orale Kontrazeptiva, sondern auch für alle Gestagenmono-Präparate (einschließlich Depot-MPA).

Die Verwendung von Intrauterinpessaren ist mit einem reduzierten Risiko für das Auftreten von Endometriumkarzinomen assoziiert. Für die Anwendung von LNG-IUS ist dies plausibel. Hier wurden für die LNG-IUS 52 mg Risikoreduktionen zwischen 0,2 und 0,5 beobachtet. Dies ist durch den starken lokalen Gestageneffekt erklärbar. Vermutlich ist hier der präventive Effekt bei höher dosierten Spiralen, wie den LNG-IUS 52 mg (Mirena®/Levosert®), noch relevanter als bei den niedrig dosierten IUS, wie Kyleena® oder Jaydess®. Aber auch bei diesen ist ein Effekt zu erwarten. Etwas überraschend ist vielleicht die Tatsache, dass auch ein Kupfer-IUD eine Risikoreduktion erzeugt. Dies wird durch den lokalen Effekt der Kupfer-Ionen auf bestimmte Onkogene am Endometrium erklärt. In Studien beträgt das relative Risiko 0,81 bei einer Cu-IUD-Anwendung.

Eine Therapie mit Tamoxifen – etwa im Zuge einer  Brustkrebsbehandlung – ist ein seit Langem bekannter Risikofaktor für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms. Der Effekt ist von der Dauer der Anwendung abhängig, es besteht eine 2- bis 7-fache Risikoerhöhung. Auffallend ist der höhere Anteil von Typ-2-Karzinomen unter der Anwendung von Tamoxifen von 24 % versus 6 %.

Risikofaktor HRT?

Eine alleinige Hormonersatztherapie mit Estrogenen ohne Gestagenschutz ist bei nicht hysterektomierten Frauen ein Risikofaktor für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms. Der Effekt ist von der Dauer der Anwendung abhängig und seit Langem bekannt. Deswegen verbieten sich Estrogenmono-Therapien bei nicht hysterektomierten Patientinnen. Gelegentlich wird in der Praxis eine Intervalltherapie durchgeführt, um auf die monatliche Gestagengabe zu verzichten oder diese insgesamt zu reduzieren, d. h., die Gabe von Gestagenen erfolgt nur alle 3 oder 6 Monate. Hier muss davon ausgegangen werden, dass dies einerseits aus kardiovaskulären Aspekten einen ­Vorteil hat, andererseits mit einem erhöhten Risiko für Endometriumhyperplasien und Endometriumkarzinome einhergeht. Dies sollte daher nur bei strenger Indikationsstellung und unter regelmäßiger sonografischer Kontrolle erfolgen.

Eine kontinuierlich kombinierte HRT mit Estrogenen und synthetischen Gestagenen hat dagegen keinen bzw. einen protektiven Einfluss auf das Endometriumkarzinomrisiko, insbesondere bei adipösen Patientinnen. Während die Anwendungszeit in älteren Leitlinien auf 5 Jahre limitiert wurde, bleibt dieser Effekt auf Basis der aktuellen Studienlage auch bei längerer Anwendung erhalten. Es besteht bei einer Anwendungsdauer bis zu 10 Jahren keine Risiko­erhöhung.

In 9 von 19 Studien zeigte sich eine ­Risikoreduktion, in 9 von 19 Studien ein neutraler Effekt und nur in einer Studie eine Risikoerhöhung. Auch in der Re-Analyse der WHI-Studie konnte gezeigt werden, dass während einer kontinuierlich kombinierten HRT das Risiko im Vergleich zur Placebogruppe reduziert ist (RR = 0,77). Auch nach der HRT ist das Corpuskarzinomrisiko weiter reduziert (RR = 0,59). Auch das Mortalitätsrisiko durch ein Endometriumkarzinom ist in der HRT-Gruppe geringer (RR = 0,42).

Die sequenzielle HRT wird in der Leitlinie als Risikofaktor angegeben. Dies muss jedoch differenziert betrachtet werden. Entscheidend sind Dauer, Art und Dosis der Gestagenanwendung. Das Problem ist, dass sich die Reviews hier meist auf ältere Studien beziehen, darunter auch solche mit einer Anwendungsdauer des Gestagens von weniger als 10 Tagen pro Monat. Bei einer HRT-Anwendungsdauer unter 5 Jahren und einer Gestagenanwendung von 10 Tagen pro Monat – in Deutschland der übliche Standard – wurde die Sicherheit bezüglich des Endometriumkarzinomrisikos in 8 von 12 Studien bestätigt.

Bei einer Anwendungsdauer über 5 Jahre, vermutlich auch bis zu 10 Jahren und mindestens 10 Tage Gestagengabe pro Monat, ist keine Risikoerhöhung zu erwarten. Es zeigt sich hier, dass insbesondere die Anwendungsdauer des Gestagens und auch die Art des Gestagens relevant sind. Dies sollte auch bei der Auswahl der Hormonsubstitution des Gestagens beachtet werden, wenn weitere Risikofaktoren für ein Endometriumkarzinom bei der Patientin vorliegen, z. B. Adipositas oder PCO-Syndrom.

Die Leitlinie beschreibt auch eine Risikoerhöhung bei der Anwendung von Progesteron und Dydroges­teron bei einer kombinierten HRT über mehr als 5 Jahre. Dies muss allerdings kritisch gesehen werden, weil 2 Studien de facto keine kontinuierlich kombinierte HRT darstellen. In diesen Studien wurde Progesteron im Durchschnitt nur ca. 22 Tage im Monat gegeben und Dydrogesteron im Durchschnitt nur 23 Tage. Es ist also nicht plausibel, dies als kontinuierlich kombinierte Therapie zu werten.

Sowohl Progesteron als auch Dydrogesteron sind metabolisch sehr günstige Gestagene und gelten in der HRT oft als Goldstandard – allerdings haben sie eine etwas schwächere Endometriumpotenz als synthetische Gestagene. Bei der Gestagendosis ist einerseits die Estrogendosis zu beachten, andererseits weitere Risikofaktoren wie eine Adipositas. Eine adäquate Gestagensubstitution muss am Endometrium die zur Protektion des Endometriumkarzinoms ausreichende Gestagenpotenz haben.

In einigen Studien wurde gezeigt, dass insbesondere für mikronisiertes Progesteron das Risiko nicht erhöht ist. Bei üblichen Gestagendosierungen erscheint das Risiko nicht erhöht, auch für die sequenzielle Therapie mit 200 mg Progesteron an mindestens 12 Tagen. Allerdings muss dies immer mit der applizierten Estrogendosis korrelieren. Unter Tibolon wurde ein erhöhtes Risiko beobachtet. Die Risikoerhöhung beträgt hier zwischen 1,79 und 2,96.

Risikofaktor Lebensstil?

Körperliche Aktivitäten reduzieren das Risiko für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms. So konnte gezeigt werden, dass bei einer Stunde wöchentlicher körperlicher Aktivität eine Risikoreduktion um 5 % besteht. Bei körperlicher Aktivität von 5 Wochenstunden senkt sich das Risiko weiter (RR = 0,77), während umgekehrt intensiver TV-Konsum das Risiko um den Faktor 1,66 erhöht.

Zum Risikofaktor Ernährung zeigt eine Metaanalyse, dass ein hoher Sojaanteil in der Nahrung mit einer Risikoreduktion einhergeht – wahrscheinlich durch Reduktion der Estrogenrezeptoren. Eine Tasse ­Kaffee am Tag reduziert das Risiko um 7 %, dekoffeinierter Kaffee um 4 %. Auch durch eine Tasse grünen Tee pro Tag konnte eine Risikoreduktion um 11 % erreicht werden. Mögliche Mechanismen dafür sind das Catechin, verbunden mit einer Zunahme der Apoptose und einer Reduktion der Estrogeneffekte.

Präventionsstrategien

Immer wieder werden potenzielle Präventionsstrategien für die Risikofaktoren untersucht (Tab.). In der PROTEC-Studie (Progesteron-Therapie für die Endometriumkarzinom-Prävention bei adipösen Frauen) wurden bei massiv adipösen Frauen mit einem BMI über 40 eine LNG-IUS 52 mg zur Prävention eingelegt. Es zeigten sich in 96 % der Fälle, dass hier eine Reduktion des Risikos erreicht wird. Es bestanden stabile Blutungsprofile, mentales Wohlbefinden, und Biopsien zeigten eine Reduktion von Ki-67 und von Progesteronrezeptoren.

Im Risikomanagement einer HRT in der Praxis unter dem Aspekt Endometriumkarzinom sollte eine HRT-Indikation kritisch überprüft werden. Die HRT sollte ggf. mit der Anwendung von synthetischen Gestagenen optimiert werden und besonders initial sollte eine intensivere Überwachung selbstverständlich sein. Bei der Selektion von Risikopatientinnen sind folgende Risikofaktoren zu beachten: die Adipositas, anamnestische Endometriumhyperplasie, positive Familienanamnese, Endometrium- oder Colonkarzinom, Diabetes mellitus und PCO-Syndrom.

Eine Optimierung der HRT bedeutet, kontinuierlich kombinierte HRT zu bevorzugen, ggf. ist hier ein LNG-IUS 52 mg sinnvoll. Wenn eine zyklische HRT gegeben wird, sollte keine Intervalltherapie erfolgen. Synthetische Gestagene sind in bestimmten Situationen zu bevorzugen, natürlich immer unter Beachtung weiterer Aspekte, z. B. Mammakarzinomrisiko und thromboembolisches Risiko. Bei einer HRT sollten Gestagene ausreichend dosiert werden. Eine zeitliche Limitierung der HRT muss ggf. geprüft werden. Bei Complianceproblemen sind möglichst fixe ­Kombinationspräparate zu nutzen. Besonders bei Risikopatientinnen sollten initial Blutungsprofile erfasst werden und Vaginalsonografien erfolgen. Die Gestagendosis kann dann ggf. erhöht werden.

Fazit

Das Vorhandensein von Risikofaktoren hat praktische Konsequenzen für die Praxis zur Prävention des Endometriumkarzinoms. Wichtige Punkte sind:

1. Risikofaktoren kennen und identifizieren (z. B. hoher BMI, Tamoxifen)
2. Präventive Beratung und Management (Gewichtsreduktion, Gestagene perimenopausal)
3. HRT

  • Intervalltherapie vermeiden
  • adäquate Gestagensubstitution (Estrogen-Gestagen-Balance)
  • Compliance bei transdermaler E2/Gestagen-Therapie beachten

4. Risikogruppen ggf. Vaginalsonografie anbieten, auch asymptomatischen Patientinnen
5. Blutungsstörungen adäquat abklären
6. Konservative Therapie von Präkanzerosen (atypischen Hyperplasien) nur bei ausgewählten Patientinnen (Kinderwunsch, gesicherte Compliance).

Der Autor

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

Bildnachweis: cveiv, Kittisak_Taramas, Alexander Ryabintsev, tulpahn (gettyimages), privat

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