Weniger als die Hälfte der Praxisinhaber und -inhaberinnen sind mit ihrer beruflichen Situation zufrieden. Sie wünschen sich weniger bürokratischen Aufwand, mehr Einkommen und mehr Zeit für wichtige Dinge. Wie eine Effizienzpraxis diese Probleme lösen kann, verrät Ihnen Betriebswirt und Praxisberater Wolfgang Apel.
Die Studie „Inside Heilberuf“ der Deutschen Apotheker- und Ärztebank ist ein guter Spiegel der aktuellen Bedürfnisse unter den Ärztinnen und Ärzten. Demnach empfinden 62 % der Praxisinhaber und -inhaberinnen den bürokratischen Aufwand als die größte Herausforderung. Sie wünschen sich weniger Dokumentation und Verwaltungsarbeit (86 %), mehr Einkommen (68 %) und mehr Zeit (65 %).
Eine objektive Analyse zeigt, dass fast alle Probleme, die in einer Praxis auftreten, durch Geld gelöst werden können. Stellen Sie sich doch einmal hypothetisch die Frage: Angenommen, Sie würden mit Ihrer Praxis das Doppelte von dem verdienen, was Sie heute verdienen, könnten Sie die drei Kernprobleme damit lösen? Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das der Fall.
Herausforderung #1: Steigende Praxiskosten
In gynäkologischen Praxen beträgt der Jahresumsatz pro Vollzeit-Behandler aktuell ca. 450 000 Euro mit einem Reinerlös von etwas mehr als 200 000 Euro. Ein doppelter Ertrag bedeutet also 400 000 statt 200 000 Euro Reinerlös. Damit lassen sich die gestiegenen Praxiskosten doch sicherlich kompensieren.
Herausforderung #2: Fachkräftemangel
Fachkräftemangel lässt qualifizierte Fachkräfte ihren Wert erkennen und sich nicht mehr für Tarifgehälter interessieren. Stattdessen fordern sie ein entsprechendes Gehalt: Es geht dann nicht um Steigerungen von 3 %, 5 % oder 10 %, sondern teilweise um 50 %. Es geht also am Ende um die Frage, ob Sie qualifizierten Kräften, die sich ihres Wertes bewusst sind, das bezahlen können, was diese mit Recht erwarten. Würden Sie mit Ihrer Praxis das Doppelte verdienen, wären diese Gehälter auch für Sie leicht zu bezahlen.
Herausforderung #3: Überbordende Bürokratie
Das nächste Problem ist die überbordende Bürokratie. Die Lösung hierfür ist eine „Assistenz des Praxisinhabers“. Personen mit einem entsprechenden Ausbildungshintergrund nehmen Ihnen nicht nur einen Großteil der bürokratischen Aufgaben im Praxisalltag ab, sondern können sich auch um Personalthemen und die Erledigung kaufmännischer Aufgaben kümmern. So entlasten Sie sich und gewinnen damit mehr Zeit für sich selbst.
Von der Durchschnitts- zur Effizienzpraxis
Wie ist es nun aber möglich, Ihr Praxisergebnis zu verdoppeln oder zumindest um 50 % zu steigern? Dazu bietet sich ein schrittweises Vorgehen an.
Schritt 1: Praxispotenzialanalyse
Bei der Praxispotenzialanalyse werden die zentralen Bereiche Ihrer Praxis analysiert. Es ist ein Benchmark-Vergleich, der sowohl Effizienz- als auch Effektivitätskriterien umfasst. So können Sie Optimierungspotenziale identifizieren, um Ihr Praxisergebnis entscheidend zu verbessern.
Schritt 2: Kennzahlenmanagement
„Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken.“ Wer das einmal erkannt und entsprechende Systeme etabliert hat, der kann seine gesamte Praxis mit nur einer Stunde Zeiteinsatz pro Monat steuern und wirtschaftlich optimieren. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es zunächst erforderlich, die für Ihre Praxis relevanten Key Performance Indicators, kurz KPI, klar zu definieren und kontinuierlich im Auge zu behalten.
Schritt 3: Praxispositionierung
Wollen Sie Ihre Praxis effizienter führen, geht es nicht einfach darum, irgendwelche Patientinnen zu haben, sondern es geht darum, genau die richtigen Patientinnen zu finden. Das erreichen Sie durch gezielte Kommunikation. Die Grundlage hierfür bildet Ihre Positionierung: Durch eine klare Positionierung schaffen Sie ein unverwechselbares Profil Ihrer Praxis und bieten Patientinnen sowie Bewerbern zentrale Argumente, sich für Sie zu entscheiden.
Schritt 4: Kommunikationskonzept
Im nächsten Schritt ist es entscheidend, wie Sie diese Zielgruppe am effektivsten erreichen. Neben den Inhalten spielen hier auch die sogenannten Softfacts eine wichtige Rolle. Über Gestaltungselemente und die Tonalität werden bestimmte Zielgruppen direkt angesprochen. So erreichen Sie Ihre Wunschpatientinnen auf dem direkten Weg.
Schritt 5: Organisationsentwicklung
Um die Effizienz Ihres Praxisteams zu verbessern, raten wir zur anonymen Mitarbeiterbefragung. So erhalten sie schnell ein realistisches und ungeschminktes Bild, wie Ihr Team Sie und den Praxisalltag erlebt. Eine anschließende Hospitation kann helfen, dieses Bild zu verifizieren und Prozesse und Abläufe in der Praxis kritisch zu hinterfragen. Das kann durch einen professionellen Trainer bzw. Trainerin durchgeführt werden, oder Sie bitten einen Kollegen oder Kollegin, sich den Alltag in Ihrer Praxis einen Tag lang anzuschauen und Ihnen objektiv Feedback zu geben. Dadurch erhalten Sie eine valide Grundlage und können Ihre Prozesse optimieren.
Schritt 6: Arbeitgebermarke
Bei der Arbeitgebermarkenbildung geht es darum, das Besondere Ihrer Praxis als Unternehmen herauszuarbeiten und zu kommunizieren. So geben Sie den Teammitgliedern die Möglichkeit der Identifikation mit Ihrer speziellen Praxisausrichtung und erreichen eine bessere Bewerberpassung mit Ihnen als möglichen Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin.
Die intensive Beschäftigung mit den Kennzahlen Ihrer Praxis und deren Optimierung bedeutet einen Zusatzaufwand. Sie wird aber honoriert durch höhere Leistungsbereitschaft, sinkenden Krankenstand, bessere Arbeitsergebnisse und eine höhere Produktivität.
Der Autor
Wolfgang Apel
Praxisberater und Betriebswirt
MediKom Consulting GmbH
90461 Nürnberg
Wolfgang Apel veröffentlicht regelmäßig den Podcast „Unternehmen Arztpraxis“ und berät Inhaberinnen und Inhaber von Arztpraxen aller Fachrichtungen.
Bildnachweis: privat