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Onkologie

Hautkrebsdiagnostik

Welche Methoden sind am besten geeignet?

Dr. med. Felix Kiecker

Die Inzidenz von melanozytärem und nicht-melanozytärem Hautkrebs steigt weiterhin an, die Mortalität hingegen stagniert. Die Einführung des gesetzlichen Hautkrebsscreenings konnte diese noch nicht relevant senken[1–4], sodass es von herausragender Bedeutung ist, die Effektivität der Haut­krebsfrüherkennung zu stärken. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, doch nicht alle Ergebnisse sind zuverlässig.

Neben der klinischen Untersuchung und der Dermatoskopie eignet sich die Ganzkörperfotografie als echte Screeningmaßnahme. Die anderen hier vorgestellten Methoden sind zur Analyse von Lä­sionen geeignet, die durch einen Dermatologen vorselektioniert wurden. Aktuell sind sie für ein rein gerätegestütztes Ganzkörperscreening noch zu aufwendig (bis zu 20 Minuten pro Läsion) und zu teuer. Zudem sind sie nicht an allen Körperlokalisationen einsetzbar (Akren, Schleimhäute).

Dermatoskopie
(Auflichtmikroskopie)

Neben der klinischen Untersuchung mit bloßem Auge ist die Dermatoskopie die am besten etablierte Untersuchungstechnik zur Früherkennung von Hautkrebs. Mit ihr lassen sich in kurzer Zeit sehr viele pigmentierte oder nichtpigmentierte Hautveränderungen eines Patienten beurteilen und somit ist sie für den geübten Untersucher ein exzellentes Screeningwerkzeug (s. Abb. 1).[5]

Bei den Handdermatoskopen wird meist mit einer 20-fachen Vergrößerung gearbeitet. Dabei wir die Optik meistens mit einem Kontaktmedium (Immersionsöl oder Desinfektionsspray) auf die Hautoberfläche aufgesetzt, um Lichtreflexionen zu vermeiden.[6]

In zwei Metaanalysen konnte bestätigt werden, dass die Auflichtmikroskopie präoperativ die Genauigkeit der klinischen Untersuchung steigert.[7,8] Auch die Zahl unnötiger benigner Läsionen lässt sich mittels Dermatoskopie reduzieren.[9-11]

Leider ist dieses Verfahren trotz aller Standardisierungsversuche und Einführung quantitativer Scores weiterhin in hohem Maße abhängig von der Erfahrung des Untersuchers.[12]

Sequenzielle digitale Dermatoskopie (SDD)

Bei nicht eindeutig malignen Läsionen, die aber klinische Atypien aufweisen, kann die Entscheidung zur Exzision schwerfallen. Hierbei lassen sich zwei Szenarien unterscheiden:

• Kurzfristige Nachverfolgung einer einzelnen Läsion, um so zu einer fundierten Exzisionsentscheidung zu kommen, hierbei hat sich ein dreimonatiges Intervall bewährt.[13,14] Ausschlaggebend sind dabei dynamische Veränderungen (z. B. Flächenwachstum oder Veränderungen des Kolorits).

• Langfristige Betreuung von Hochrisikopatienten (atypisches Nävus-Syndrom, positive Eigen- oder Familienanamnese).[15-17] Hierbei weist die SDD eine ausgezeichnete Effektivität bei der Diagnose früher Melanome (in situ und dünne Melanome) auf.[18]

Ganzkörperfotografie

Die Ganzkörperfotografie kann eine sehr gute Ergänzung zur klinischen und dermatoskopischen Untersuchung darstellen. Sie ermöglicht es, im zeitlichen Verlauf neue Läsionen und makroskopische Veränderung bestehender Läsionen zu detektieren.[19,20] Es ist eine zeit- und arbeitsintensive Untersuchungsmethode, weshalb die neuen teilautomatisierten hier ein deutliches Einsparpotenzial (personell) bedeuten. Ein Vorteil kann eine personelle Entlastung sein.

Konfokale Laserscanmikroskopie (KLSM)

Bei der KLSM wird ein Laserstrahl (830 nm) punktförmig fokussiert auf die Haut gestrahlt. Das reflektierte Laserlicht wird anschließend je nach definierter Eindringtiefe detektiert. Das entstehende Bild entspricht horizontalen Schnitten durch die Haut. Auf diese Weise gelingt eine sehr detaillierte Darstellung von Keratinozyten, Blutgefäßen und entzündlichen Infiltraten. Daneben erscheinen melaninhaltige Zellen sehr hell und kontrastreich.[21-23]

Die Ergebnisse der KLSM sind in erheblichem Maße von der Erfahrung des Untersuchers abhängig. Für die Etablierung des Verfahrens in die klinische Routine muss eine intensive Lernphase eingeplant werden. Für die Untersuchung einer einzelnen Läsion sind etwa 10–15 Minuten erforderlich.

Multispektralanalyse

Bei der Multispektralanalyse werden verschiedene Wellenlängen des Lichtes (430–950 nm) in die Haut gesendet. Die computergestütze Analyse des reflektierten Lichts erlaubt dann eine Aussage zum Grad der Desorganisation einer Pigmentläsion. Der verwendete Algorithmus zur Differenzierung von malignen Melanomen und benignen Nävi basiert auf der Untersuchung mehrerer tausend Läsionen.[24] Die erreichte Sensitivität liegt so bei 98,4 %, die Spezifität nur bei 10,5 %.[25] Die relativ niedrige Spezifität führt in der klinischen Praxis häufig dann zu unnötigen Exzisionen eigentlich gutartiger Läsionen. Einschränkungen in der klinischen Anwendung bestehen bei den aktuell erhältlichen Geräten v. a. bei der akralen Anwendung oder an Schleimhäuten. Behaarte Areale müssen zuvor rasiert werden. Die Untersuchung einer Läsion dauert nur wenige Sekunden.

Elektrische Impedanz­spektroskopie (EIS)

Bei der elektrischen Impedanzspektroskopie wird eine Messelektrode auf die Pigmentläsion aufgepresst, um unterschiedliche elektrische Eigenschaften im Hautgewebe zu messen. Zuvor muss die Haut befeuchtet werden. Im direkten Vergleich wird benachbarte gesunde Haut gemessen (Referenzpunkt). Unterschiedliche Messergebnisse kommen durch Unterschiede in der Zellgröße, -orientierung und Zellmembrandichte und -struktur zustande und können innerhalb weniger Sekunden erhoben werden. Bei der Messung wird zwischen Spitzen der Elektrode ein schwaches, nicht spürbares, wechselndes Potenzial angelegt. Veränderungen im Gewebe wie sie z. B. bei pathologischem Zellwachstum auftreten, führen zu einer veränderten Weiterleitung und Speicherung der Elektrizität, die als elektrische Impedanz bezeichnet wird.[26] Das Messergebnis wird einem numerischen Wert zugeordnet, der einer Wahrscheinlichkeit entspricht, dass es sich bei der gemessenen Läsion um ein Melanom handelt. Die verfügbaren Geräte weisen eine Sensitivität von 97 % und eine Spezifität von 34 % für Läsionen auf, die als klinisch melanomverdächtig beurteilt wurden. Wie auch bei anderen Systemen sind Einschränkungen für die klinische Anwendung zu beachten. Ulzerierte oder vernarbte Läsionen sowie solche mit akraler oder mukosaler Lokalisation sind für eine Untersuchung ungeeignet.

Raman-Spektroskopie

Bei diesem diagnostischen Verfahren wird das Laser-Handstück auf die zu untersuchende Hautveränderung aufgesetzt. Ein Vorteil ist, dass mit dem schmalen und spitz zulaufenden Handgerät auch Messungen an schwer zugänglichen anatomischen Lokalisationen durchführbar sind. So lassen sich Läsionen im Bereich der Ohren und auch Hautfalten gut erreichen. Der Laser sendet einen Nahinfrarotlichtimpuls in das Gewebe und wird an den Molekülen gestreut. Das reflektierte Licht („Raman-Streulicht“) wird detektiert und per Spektralanalyse ausgewertet. Charakteristische Lichtspektren lassen auf biochemische Veränderungen schließen, die wiederum in Zusammenhang mit einer Konzentration atypischer Zellen stehen, und somit zwischen benignen oder malignen Hautveränderungen unterscheiden lassen. Die Messung ist relativ schnell und benötigt nur wenige Sekunden. Die Sensitivität liegt bei 95–99 % und die Spezifität zwischen 15 und 54 %.[27]

Aktive Thermografie

Bei der aktiven Thermografie werden von der Haut emittierte elektromagnetische Strahlung im Infrarotbereich detektiert. Für die Messung wird das Gewebe zunächst lokal abgekühlt. Während der Wiedererwärmungsphase kommt es bei malignen Tumoren zu einer verstärkten Infrarotstrahlung. Dies beruht auf der verstärkten Durchblutung und gesteigerten Metabolismus.

Temperaturveränderungen an der Hautoberfläche werden durch einen wechselhaft temperierten Luftstrom erreicht. Die nachfolgenden Anpassungsvorgänge werden dann mittels hochsensibler Infrarotkamera erfasst und liefern für benigne und maligne Läsionen unterschiedliche Signale.[28]

Stufenweise 2-Photonen-Laser-Spektroskopie

Das Verfahren der stufenweisen 2-Photonen-Laser-Spektroskopie beruht auf einer Anregung der Melaninautofluoreszenz mittels Nanosekunden-Photonenimpulsen bei 800 nm. Melanin in malignen Pigmentläsionen weist eine unterschiedliche Autofluoreszenz auf im Vergleich zu benignen Läsionen. Erklärt wird dies durch eine veränderte Melanogenese und einem daraus resultierenden verändertem Gehalt von Eu- und Phäomelanin. Maligne Läsionen haben eine maximale Fluoreszenzintensität bei 640 nm, bei benignen melanozytären Nävi hingegen ist eine maximale Fluoreszenz­intensität von 590 nm beschrieben.[29]

Da die Fluoreszenz des Melanins normalerweise sehr schwach ist und im Gewebe von der Fluoreszenz anderer Hautbestandteile überstrahlt wird, werden die Nanosekundenimpulse benötigt, die die Fluoreszenz der anderen Hautfarbstoffe ausreichend unterdrücken. So wird die Melaninfluoreszenz messbar.30 Die Sensitivität der Methode liegt bei 93,5 %, die Spezifität wird mit 80,1 % angegeben (s. Abb. 2).[19,30,31] Das Verfahren eignet sich für die Untersuchung von melanozytären Hautveränderungen. Die Messung dauert pro Läsion ca. 10 Minuten.

Multiphotonentomografie

Die 5-D-Intravitaltomografie (5-D-IVT) basiert auf dem Prinzip der Multiphotonentomografie. Dabei wird ein Femtosekunden-gepulster Laserstrahl (annähernd Infrarotbereich) auf die Haut gelenkt. Auf diese Weise werden die endogenen Fluorophore, wie NADH/NADPH, Flavine, Porphyrine, Elastin und Melanin zur Autofluoreszenz angeregt. Mittels ­Kamera können hochauflösende Bilder in unterschiedlichen Gewebetiefen dargestellt werden. Dabei ähneln die Bilder denen der konfokalen Laserscanmikroskopie, erreichen aber höhere Auf­lö­sun­gen. Die Sensitivität bezüglich Melanomdiagnostik beträgt so 100 %, die Spezifität liegt bei 98 %.32,33 Leider ist der Untersuchungsaufwand sehr hoch und die Anschaffungskosten der Geräte beträchtlich, sodass die Methode aktuell nur an spezialisierten Zentren zu wissenschaftlichen Zwecken verfügbar ist.

FAZIT für die Praxis

• Die klinische Untersuchung mit dem bloßen Auge, ergänzt durch die Dermatoskopie (Auflicht­mikroskopie) und die Ganzkörperfotografie (insbesondere bei vielen Läsionen) stellen etablierte Screeningverfahren für die ­Diagnostik von Hautkrebs dar.

• Bei Risikopatienten (u. a. atypisches Nävussyndrom, positive Eigen- oder Familienanamnese) kann die sequenzielle digitale Dermatoskopie eine wertvolle Ergänzung darstellen – sie ist insbesondere ein effektives Tool bei der Diagnostik von frühen Melanomen (In-situ-Melanome und früh-invasive Melanome mit geringer Tumordicke).

• Aus der Gruppe der nichtinvasiven bildgebenden diagnostischen Verfahren kann die konfokale ­Laserscanmikroskopie die ­Genauigkeit bei ausgewählten Läsionen steigern, hierbei ist die Erfahrung des Untersuchers von besonderer Bedeutung.

• Andere moderne Verfahren, die unabhängig von der Erfahrung des Untersuchers sind, stellen die Multispektralanalyse, die elektrische Impedanzmessung und die Raman-Spektroskopie dar. Mit ihnen kann eine Melanomrisikoeinschätzung bei ­kurzer Untersuchungszeit ­erfolgen.

• Vor einer breiten klinischen ­Anwendung sind die Studien­ergebnisse der übrigen Unter­suchungsmethoden abzuwarten.

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