Blutungsstörungen gehören zu den häufigsten Ursachen für den Abbruch einer hormonellen Kontrazeption. Das muss nicht sein. Dieser Beitrag gibt Tipps für die Ursachenforschung und stellt bewährte Konzepte für die Anpassung vor. ...
Bei den kombinierten hormonellen Kontrazeptiva werden verschiedene Estrogene wie Ethinylestradiol, Estradiol und Estetrol in Kombination mit pharmakologisch unterschiedlichen Gestagenen genutzt. Es besteht somit eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten. Bei den Progesteron-only-Pillen (POP) sind Drospirenon- und Desogestrel-Präparate verfügbar und werden auch häufig genutzt. Bei den Langzeitkontrazeptionsmethoden überwiegt die Anwendung von Hormonspiralen (LNG-IUS). Gestagenimplantate und Gestageninjektionen (Depot-MPA) werden in Deutschland seltener angewendet.
Patientenkommunikation
In der Beratung der Patientin spielt natürlich die Erfassung von Risikofaktoren (besonders die anhand der Checkliste für Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse) eine vorrangige Rolle. Bestehen hier keine relevanten Risikofaktoren, sollte gemeinsam mit der Patientin entschieden werden, welche Applikationsform bevorzugt wird, wobei dies meist oral bzw. vaginal erfolgt. Transdermale Pflaster werden nur selten angewendet. Wenn eine orale Applikation gewünscht wird, ist zu entscheiden, ob eine Kombinationspille gewünscht und möglich ist oder ob eine Progesteron-only-Pille notwendig ist.
Bezüglich des Blutungsprofils ist entscheidend, ob die Patientin eine Abbruchblutung wünscht oder nicht. Auch dies sollte schon bei der Auswahl der Kontrazeptionsmethode Beachtung finden. So ist bei einer zyklischen Anwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva mit Ethinylestradiol mit einer Amenorrhörate von nur 1–2 % zu rechnen, während sie beim oft durchgeführten Langzyklus bei 80–90 % liegt.
Auch bei der Anwendung neuerer kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) besteht in der Praxis die Frage, ob eine Amenorrhö gewünscht wird. Dann ist z. B. eine KOK mit Estradiol und NOMAC mit einer zu erwartenden Amenorrhörate bis zu 31 % gut geeignet, während für Patientinnen, die eine regelmäßige Abbruchblutung bevorzugen, hier eher eine KOK mit Estetrol und Drospirenon geeignet ist (Amenorrhörate nur ca. 8 %). Bei einer Hypermenorrhö ist eine tetraphasische Pille mit Estradiolvalerat und Dienogest von Vorteil, da hier das Menstruationsblutvolumen signifikant um 72 % sinkt, d. h. im Vergleich von 90 Tagen Perioden (WHO-Definition) um ca. 500 ml.
Für die Blutungsprofile sind verkürzte einnahmefreie Intervalle günstig.
Einen Einfluss auf die Blutungsstabilität unter KOK hat die Wahl des Estrogens und dessen Dosierung sowie die Art des Gestagens und dessen Transformationsdosis. Für die Blutungsprofile sind die verkürzten einnahmefreien Intervalle von 7 auf 4 Tage günstig. Wichtig ist auch der Ausgangsbefund des Endometriums. Besonders in der Perimenopause sind hier sonst häufiger Blutungsstörungen zu erwarten, wenn das Endometrium noch hoch aufgebaut ist.
Unter dem Aspekt der Blutungsstörungen ist eine höhere Ethinylestradioldosierung (30 µg) günstiger. Unter dem Aspekt des Thromboserisikos und estrogenbedingter Nebenwirkungen sollten dagegen KOK mit 20 µg EE bevorzugt werden. Die Abbruchrate bei der Anwendung von kombinierten oralen Kontrazeptiva ist sehr unterschiedlich und hängt vor allem von der verwendeten Estrogen- und Gestagendosis ab. Als vorteilhaft im Bereich der ethinylestradiolhaltigen kombinierten hormonellen Kontrazeptiva hat sich der Vaginalring erwiesen, da hier aufgrund der doch sehr kontinuierlichen Estrogenwerte eine besonders gute Zyklusstabilität erreicht werden kann, wie mehrere Vergleichsstudien mit KOK zeigten.
Neue KOK-Optionen
Eine neue Option, auch unter dem Aspekt der Blutungsstörungen, stellt eine Retardpille mit 20 µg Ethinylestradiol und 2 mg Dienogest dar. Hier kommt es im Vergleich zu KOK mit 30 µg Ethinylestradiol/
3 mg Drospirenon seltener zu ungeplanten Blutungen. Die Retardpille (20 µg EE / 2 mg DNG) ist somit bezüglich der Blutungsmuster genauso effektiv wie eine KOK mit 30 µg EE / 2 mg DNG. Des Weiteren besteht der Vorteil einer niedrigen Estrogendosis, was besonders von Vorteil ist, wenn estrogenbedingte Nebenwirkungen auftreten.
Gestagen-Monopräparate
Bei der geplanten Anwendung von Gestagen-Monopräparaten ist zu entscheiden, ob eine Anwendung von Desogestrel oder Drospirenon zu bevorzugen ist. Hier gibt es direkte Vergleichsstudien, die zeigen, dass die Abbruchraten bei der Anwendung von Drospirenon geringer sind. Bei Auftreten von Blutungsstörungen unter Desogestrel ist zunächst eine Umstellung auf Drospirenon mono sinnvoll und meist zielführend für klinisch akzeptable Blutungsprofile.
Ursachen von Blutungsstörungen unter KOK
Bei Blutungsstörungen unter KOK oder POP sollten die Ursachen abgeklärt werden. Initial ist bei der Anwendung aller hormonellen Kontrazeptiva mit Blutungsstörungen zu rechnen. Darüber sollte die Patientin aufgeklärt werden. Es kann hier zwischen internen und externen Ursachen unterschieden werden (Abb. 1).
Auch Interaktionen mit Arzneimitteln als Ursache von Blutungsstörungen sind zu beachten. Hier handelt es sich vor allem um Arzneimittel, die über das Cytochrom P450 verstoffwechselt werden. Typische Arzneimittelgruppen für solche Interaktionen sind Psychopharmaka, Antiepileptika, Antimykotika, Virostatika und Johanneskraut. Des Weiteren sollte auch nach organischen Ursachen bei Blutungsstörungen unter KOK und POP gefahndet werden. Das können sowohl Ursachen in der Cervix sein (Cervixpolypen, Ektopien, Chlamydien-Infektion) oder im Bereich des Corpus (Corpuspolypen, Adenomyosis, Leiomyome, Hyperplasie, selten Malignome). In seltenen Fällen kann auch eine Isthmocele (Nische nach Sectio) die Ursache von postmenstruellen Blutungen unter KOK / POP sein.
Einnahmefehler sind die Hauptursache für Blutungsstörungen bei oraler Kontrazeption.
In der Praxis ist die Anamneseerhebung besonders wichtig, da die häufigste Ursache von Blutungsstörungen unter KOK / POP Einnahmefehler sind. Sie lassen sich bei vielen Patientinnen oft erst durch gezieltes Nachfragen verifizieren, nachdem organische Ursachen ausgeschlossen worden sind. In vielen Fällen ist dann ein abwartendes Vorgehen möglich, da viele Blutungsstörungen sich nach kurzer Zeit der Anwendung doch regulieren. Kommt es zu Blutungen unter einem KOK mit 20 µg EE und 100 µg Levonorgestrel, können verschiedene Alternativen genutzt werden. So kann z. B. das Einnahmeschema verändert bzw. das Estrogen oder das Gestagen erhöht werden. Des Weiteren kann ein Retard-KOK als Option genutzt werden (Abb. 2). Wenn von der Patientin die Applikationsform toleriert wird, ist auch der Vaginalring eine gute Option. Blutungsstörungen unter Progesteron-only-Pillen bedürfen, wenn diese initial auftreten, auch hier ein wenig Geduld. Gegebenenfalls kann kurzzeitig auch die Dosis verdoppelt werden, um eine schnellere Endometriumsuppression zu erreichen.
Wenn nach längerer Anwendungsdauer von POP Blutungsstörungen auftreten, ist die Endometriumdicke für das weitere Management entscheidend. Ist die Endometriumdicke über 5 mm, bedarf es einer doppelten Dosis der POP über ca. 28 Tage. Ist die Endometriumdicke unter 5 mm, sollte eine 7-tägige Pause eingehalten werden. Wenn dies auch nicht erfolgreich ist, kann dann niedrig dosiert z. B. transdermales Estrogen gegeben werden (z. B. 1 Hub Estradiol-Gel für 7 Tage). Weitere Therapieoptionen wie Tranexamsäure, Doxycyclin oder Ibuprofen können zur Therapie bei den Blutungsstörungen unter KOK / POP versucht werden, sind aber meist wenig zielführend.
Blutungsstörungen unter Langzeitkontrazeptiva (Gestagen-Implantat, Depot-MPA)
Auch hier ist die genaue Dauer und Stärke der Blutungsstörungen zu erfassen. Bei Gestagen-Implantaten und Depot-MPA ist das Vorgehen ähnlich wie bei oralen Gestagen-Monopräparaten. Hier kann dann primär bei einer doppelten Endometriumdicke < 5 mm 7 Tage 1–2 mg Estradiol gegeben werden. Bei einer höheren Endometriumdicke (> 5 mm) sollte dann für 4 Wochen ein zusätzliches Gestagen oral gegeben werden. Hier sollte am besten das gleiche Gestagen angewendet werden (z. B. beim Etonogestrel-Implantat Desogestrel).
Blutungsstörungen unter LNG-IUS
Beim LNG-IUS ist die Patientin darauf hinzuweisen, dass initiale Blutungsstörungen meist harmlos und tolerabel sind. Wenn die Patientinnen von einem POP oder einem KOK zum LNG-IUS wechseln, kann die ersten 4 Wochen die KOK bzw. POP weitergegeben werden. Dies reduziert die initialen Blutungsstörungen. Treten Blutungsstörungen erst nach einer längeren Anwendungsdauer des LNG-IUS auf, sollte zunächst die Lage des IUS kontrolliert und dann andere Pathologien (z. B. Myome, Polypen) ausgeschlossen werden (Abb. 3). Der mögliche Effekt einer Doxycyclin-Gabe beruht auf dem Prinzip der potenziellen Mitbehandlung einer subklinischen Endometritis und einer Induktion von Metalloproteinasen, die ebenfalls zur Blutstillung beitragen können.
FAZIT:
Blutungsstörungen unter hormonellen Kontrazeptiva können die Compliance beeinträchtigen. Sie sollten abgeklärt werden und bedürfen einer gezielten Therapie. Neben dem Erfassen der Ursachen (am häufigsten Einnahmefehler) sollten unbedingt die Bedürfnisse der Patientin bezüglich des Blutungsprofils beachtet werden. Ist etwa eine Amenorrhö gewünscht? Nach Abklärung organischer Ursachen sind Blutungsstörungen mit Modifikation der KOK (Estrogen bzw. Gestagen und Dosierung) häufig gut zu therapieren. Sie sollten jedenfalls kein Grund zum Abbruch einer Kontrazeption sein.
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal
Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE
Literatur beim Autor
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