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Allgemeinmedizin

Symptomatische HFrEF

Zusatztherapie mit Digitoxin

Ines Schulz-Hanke

8.12.2025

Zwar werden Herzglykoside seit vielen Jahren in der Therapie der Herzinsuffizienz eingesetzt, doch stammt die überschaubare wissenschaftliche Evidenz für dieses Vorgehen vor allem aus einer randomisierten Studie, die mehr als 25 Jahre alt ist. Was lange währt, wird manchmal gut: Digitoxin wirkt.

In der DIG-Studie zu dem Herzglykosid Digoxin hatte sich 1997 insgesamt ein neutraler Effekt auf die primär beobachtete Mortalität bei Herzinsuffizienz (HI) gezeigt. Die Hospitalisierungen infolge einer HI-Exazerbation, ein sekundärer Endpunkt, waren unter Digoxin zurückgegangen. Am deutlichsten hatten diesbezüglich Patientinnen und Patienten mit ausgeprägter HI und deutlich reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) profitiert [1].

Neue Studie mit Digitoxin – auch bei Nierenerkrankung

In der doppelt verblindeten und placebokontrollierten DIGIT-HF-Studie untersuchten Forschende um die Kardiologen Prof. Dr. med. Udo Bavendiek und Prof. Dr. med. Johann Bauersachs (beide Hannover) über 10 Jahre die Wirksamkeit von Digitoxin. Dieses Herzglykosid kann, anders als das früher untersuchte Digoxin, auch bei Menschen mit Nierenkrankheit eingesetzt werden, da es bei gestörter Nierenfunktion vermehrt über Leber und Darm ausgeschieden werden kann, sodass auch in diesem Fall stabile Blutkonzentrationen erreicht werden.

Ausgewertet wurden die Daten einer Intention-to-Treat-Population von 1 212 Patientinnen und Patienten an 55 Zentren in Deutschland, Österreich und Serbien. Sie hatten entweder eine LVEF von ≤ 40 % und Funktionsklasse III/IV der New York Heart Association (NYHA) oder eine LVEF ≤ 30 % und NYHA-Funktionsklasse II. Das Durchschnittsalter lag bei 66 Jahren, 20 % waren Frauen [2].

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden leitliniengemäß mit zeitgemäßen pharmakologischen Therapien behandelt. Auch implantierbare Kardioverter/Defibrillatoren (ICD; 64 %) sowie die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT; 25 %) wurden eingesetzt.

Verglichen mit Patientinnen und Patienten mit HI und HFrEF, die in früheren Studien von einer Therapie mit Herzglykosiden profitiert hatten, waren jene in der DIGIT-HF-Studie schwerer erkrankt, wie aus der Verteilung der NYHA-Klassen hervorging. Die medikamentöse Versorgung mit Betablockern, ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptorblockern, ARNI, MRA und Diuretika war vergleichbar, doch die Rate der Versorgung mit ICD- und CRT-Implantaten war in der DIGIT-HF-Studie höher als in den anderen HFrEF-Studien [3].

Primärer kombinierter Endpunkt: Tod und Hospitalisierungen

Im Zuge der DIGIT-HF-Studie erhielten die Patientinnen und Patienten zusätzlich randomisiert entweder Placebo (n = 599) oder Digitoxin (n = 613), wobei die Startdosis bei 0,07 mg pro Tag lag [2]. Als primären kombinierten Endpunkt untersuchten die Forschenden den Tod jeglicher Ursache oder die Hospitalisierung infolge einer Exazerbation der HI, je nachdem, was zuerst eintrat.

Im Verlauf einer medianen Nachbeobachtung über 36 Monate erreichten 39,5 % der Patientinnen und Patienten (n = 242) in der Digitoxin-Gruppe diesen primären Endpunkt sowie 44,1 % in der Placebo-Gruppe (n = 264; Hazard Ratio [HR] 0,82; 95%-KI 0,69–0,98; P = 0,03). Den Tod jeglicher Ursache erlitten 27,2 % (167) der Teilnehmenden in der Digitoxin-Gruppe und 29,5 % (177) jener in der Placebo-Gruppe (HR 0,86; 95%-KI 0,69–1,07). Eine erste Krankenhauseinweisung aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz erfolgte bei 28,1 % (172) der Teilnehmenden in der Digitoxin-Gruppe und bei 30,4 % (182) in der Placebo-Gruppe (HR 0,85; 95%-KI 0,69–1,05).

Mindestens ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis trat bei 4,7 % (29) der Erkrankten in der Digitoxin-Gruppe und bei 2,8 % (17) in der Placebo-Gruppe auf. Es handelte sich dabei vorwiegend um kardiale Probleme (3,4 % bzw. 1,8 %) [2].

Subgruppen, die besonders profitieren

Digitoxin beeinflusste den vorab definierten primären Endpunkt in allen untersuchten Subgruppen positiv. Allerdings stellte die zusätzliche Gabe von Digitoxin insbesondere für HFrEF-Patientinnen und -Patienten mit einer Herzrate ≥ 75 bpm oder niedrigem systolischen Blutdruck (≤ 120 mmHg) einen besonderen Nutzen dar und war bei eingeschränkter Nierenfunktion eine Option [3].

Kostengünstige Therapie mit einfachem Dosierungsschema

Auch im Hinblick auf die angespannte finanzielle Situation im Gesundheitswesen erwies sich Digitoxin als – im Wortsinn – günstig. Die Herzspezialisten empfehlen nicht mehr 0,1 mg Digitoxin, sondern 0,07 mg/d oder weniger. Die Forscherinnen und Forscher um Bavendiek haben bereits 2023 über ein einfaches Dosierungsschema berichtet. Danach sollte die Digitoxin-Therapie bei HFrEF-Patientinnen und -Patienten mit einer Dosis von 0,05 mg einmal täglich beginnen, wenn einer der folgenden Parameter vorliegt: weibliches Geschlecht, Alter ≥ 75 Jahre, eGFR < 50 ml/min/1,73 m2 oder BMI < 27 kg/m2. Bei allen anderen könne die Therapie sicher mit 0,07 mg einmal täglich begonnen werden, berichtete die Gruppe in einer weiteren Arbeit [4].

Bewertung der ESC

Aus den Ergebnissen der DIGIT-HF-Studie schließt die European Society of Cardiology (ESC), dass sich Digitoxin im untersuchten Patientenklientel als zusätzliche Option zu den in der Leitlinie empfohlenen Therapien eignen könnte, wie sie kürzlich in einer Pressemeldung mitteilte. Dies gelte insbesondere dann, wenn die empfohlenen Therapien nicht toleriert würden [5].

  1. Digitalis Investigation Group. N Engl J Med 1997; 336: 525–33
  2. Bavendiek U et al., N Engl J Med 2025; 393: 1155–65
  3. Bavendiek U et al., Eur J Heart Fail 2025; 27: 1224–33
  4. Bavendiek U et al., Clin Res Cardiol 2023; 112: 1096–107
  5. Pressemitteilung „Digitoxin improves outcomes in advanced heart failure“, August 2025, www.escardio.org/The-ESC/Press-Office/Press-releases/Digitoxin-improves-outcomes-in-advanced-heart-failure; Stand: 05.11.2025
  6. Pressemitteilung „Wirkstoff aus rotem Fingerhut hilft bei Herzschwäche“, August 2025, www.mhh.de/presse-news/wirkstoff-aus-rotem-fingerhut-hilft-bei-herzschwaeche; Stand: 05.11.2025
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