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Sonderredaktion

Wechsel auf KOK mit

Estetrol / Drospirenon nach Vaginalring

Dr. med. Klaus Peters

25.11.2021

Die Wunschliste für ein Kontrazeptivum ist in der Regel lang. Auch im hier vorgestellten Fall wünschte sich die Patientin „eine Pille, die keine Probleme macht“. Unter Berücksichtigung der individuellen Präferenzen fiel die Wahl schließlich auf die Kombination Estetrol / Drospirenon. Das Wirkprofil erwies sich dabei als optimal.

Über die hormonelle Kontrazeption wird seit Jahren diskutiert. Zwar ist der Pearl Index bei kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) mit bis zu 0,1 der zuverlässigste überhaupt, aber viele Frauen entscheiden sich dagegen, weil sie orale Hormonpräparate grundsätzlich ablehnen. Zwischenzeitlich hat die Verhütung mit dem Vaginalring dadurch an Bedeutung gewonnen. Allerdings bestehen beim Vaginalring die gleichen Kontraindikationen entsprechend der WHO-Empfehlung [1] wie bei der Pille. Vorteile ergeben sich durch die Vermeidung des hepatischen First-pass-Effekts.

Für die kontrazeptive Wirksamkeit ist maßgeblich die Adhärenz der Patientin mit entscheidend und hier hat die kontrollierte Wirkstofffreigabe mit konstanten Serumspiegeln durch ein IUS oder einen Vaginalring belegte Vorteile gegenüber der täglichen Einnahme.

Der Fall

Eine Patientin Mitte 30, die bisher mit Vaginalring verhütet hatte, stellte sich in unserer Praxis mit dem Wunsch nach Wechsel der kontrazeptiven Methode vor. Sie berichtete von Problemen mit der Anwendung. Der Partner hatte mehrfach beim Geschlechtsverkehr geäußert, dass er den Ring spüre und das als unangenehm empfinde. Außerdem war sie mit der Zyklusstabilität nicht wirklich zufrieden. Es käme zwar nur gelegentlich zu leichten Zwischenblutungen, sie wollte aber gerne ­„etwas anderes probieren“.

In der Beratung gingen wir die verschiedenen Optionen durch. Ein IUS lehnte sie grundsätzlich ab, was vermutlich mit den Erfahrungen des Partners mit dem Vaginalring zusammenhing. Eine kombinierte orale Kontrazeption kam für sie durchaus in Frage, am liebsten „eine Pille, die keine Probleme macht“. Speziell betonte sie, dass sie nach einer zuverlässigen Verhütungsmethode mit gleichzeitig guter Verträglichkeit sucht. Der BMI der Patientin lag zu diesem Zeitpunkt knapp unter 30 (BMI 29,4; Körpergröße 163 cm bei einem Gewicht von 83 kg).

Unsere Praxis nahm an der europäischen Zulassungsstudie für Drovelis mit 14,2 mg Estetron (E4) und 3 mg Drospirenon (DRSP) teil, und nach Erörterung und umfassender Aufklärung entschied sich die Patientin für Drovelis und die Teilnahme an der Studie.

Nach Umstellung war die Verträglichkeit sehr gut. Der Zyklus der Patientin war stabil, im gesamten Jahr der Anwendung trat keine einzige Zwischenblutung auf. Eine vor der Umstellung bestehende leichte Mastodynie war verschwunden, was die Patientin davor als normal hingenommen und nie erwähnt hatte. Des Weiteren berichtete sie, dass sich die Haut verbessert hätte. Ihr selbst war das nicht weiter aufgefallen, sie arbeitet aber auf der Bühne und die Maskenbildnerin hatte sie darauf aufmerksam gemacht, dass sie in letzter Zeit weniger mit Make-up arbeiten musste. Insgesamt war das Wirkprofil für die Patientin optimal. Sie war sehr zufrieden und wollte Drovelis gern weiterhin nehmen, was erst jetzt nach der Zulassung wieder möglich wurde.

Diskussion

Generell ist das Risiko für eine venöse Thromboembolie (VTE) bei der Einnahme kombinierter hormoneller Kontrazeptiva im Vergleich zur Nichtanwendung erhöht. Der Einsatz von Estetrol (E4) als Estrogenkomponente ist ein neuer Ansatz bei der kombinierten oralen Kontrazeption. E4 entfaltet seine estrogenen Effekte vorwiegend über die Estrogenrezeptoren  α(ERα) mit agonistischen Wirkungen an Uterus, Vagina, Knochen und Gehirn sowie antagonistischen Effekten an den Ovarien. Im Gegensatz zu Ethinylestradiol (EE) und Estradiol wird E4 nicht in aktive Estrogenmetabolite verstoffwechselt und hat nur einen geringen Einfluss auf den Stoffwechsel der Leber [2]. Untersuchungen der Hämostaseparameter zeigen weniger thrombo­gene Effekte als EE/DRSP [3,4]. Wie es genau um das Risiko für VTE-Ereignisse bei Drovelis steht, ist aber noch nicht abschließend geklärt. Eine Phase-II-Studie (Dinox-C201) mit fast 100 gesunden Probandinnen deutet auf eine geringe Beeinflussung der Blutgerinnung hin [5], doch weitere Untersuchungen im Rahmen einer Post-Authorisation Safety Study (PASS) sind notwendig, um die Ergebnisse zu bestätigen.

Dr. med. Klaus Peters
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Berner Heerweg 157
22159 Hamburg

praxis@dr-peters.net

Bei der hier vorgestellten Patientin kamen einige Dinge zusammen, die zum Wechselwunsch geführt hatten: Die gewisse Unzufriedenheit mit dem Vaginalring kam in meinen Augen eher durch die Reaktion des Partners zustande, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Patientin sich unwohl damit fühlte.

Zur Zeit der Beratung waren wir gerade dabei, ­Patientinnen für die Zulassungsstudie von Drovelis zu rekrutieren. Ihr Wunschprofil passte hervor­ragend und so ergab die Studienteilnahme Sinn. Für mich kam noch ein zusätzlicher Faktor dazu: ­Meine Patientin ist Schauspielerin, die Stimme ist ein wichtiger Teil ihrer beruflichen Identität. Für mich war daher klar, dass das zu verordnende Präparat keine androgenen Nebenwirkungen ­haben durfte. Hier ist Drospirenon mit seiner antiandrogenen Partialwirkung tatsächlich besonders geeignet.

Dass informierte Patientinnen sich vornehmlich bioidentisches Estrogen wünschen, ist in meiner Praxis mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Im vorgestellten Fall kamen dabei noch die Vorzüge von Drospirenon zum Zuge. Auch die Mastodynie – die von der Patientin vorher als selbstverständlich angesehen wurde – zeigte sich daraufhin gebessert.

1 WHO: Medical eligibility criteria for contraceptive use, 2015
2 Visser M et al., Climacteric 2008; 11 64–68
3 Douxfils J et al., Contraception 2020; 102: 396–402
4 Kluft C et al., Contraception 2017; 95: 140–147
5 https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02957630

Impressum

Bericht: Dr. med. Klaus Peters I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Gedeon Richter Pharma GmbH (Köln)

Bildnachweis: privat

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