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Neurologie

Ursache des Guillain-Barré-Syndroms aufgeklärt

27.2.2024

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine seltene Krankheit, bei der das Immunsystem die peripheren Nerven angreift und zu Muskelschwäche und Lähmungen führt. Ein Schweizer Forschungsteam unter Leitung der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich hat nun den Mechanismus dieser Autoimmunreaktion aufgeklärt.

Patienten und Patientinnen mit dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) leiden an einer seltenen und vielgestaltigen Störung des peripheren Nervensystems. Die Krankheit wird oft durch vorangehende Infektionen ausgelöst und kann zu schwerer Muskelschwäche führen. In Europa und den USA treten jährlich etwa 1 bis 2 Fälle pro 100.000 Menschen auf. GBS beginnt in der Regel mit Schwäche und Kribbeln in den Beinen, das sich auf den Oberkörper und die Arme ausbreiten kann. Gehen und sich bewegen wird zunehmend schwieriger. In schweren Fällen kann es auch zu Lähmungen der Atemmuskulatur kommen. Obwohl GBS als Autoimmunerkrankung gilt, sind die zugrunde liegenden Mechanismen noch weitgehend unbekannt. Dies erschwert eine genaue Diagnose und wirksame Behandlung.

Eine kürzlich in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte, unter Leitung von Daniela Latorre am ETH-Institut für Mikrobiologie durchgeführte Studie, deckt nun einen zentralen Aspekt der Pathophysiologie von GBS auf. In enger Zusammenarbeit mit einem klinischen Forscherteam des Universitätsspitals Zürich und des Neurozentrums der Südschweiz (EOC) in Lugano suchte Latorre nach Autoimmunfaktoren, die für diese Krankheit verantwortlich sind.

Mit hochempfindlichen Messverfahren konnte Latorres Gruppe nachweisen, dass bei Patientinnen und Patienten mit GBS T-Lymphozyten in das Nervengewebe eindringen und auf die isolierende Hülle der Nervenfasern, die Myelinscheide, reagieren. Während T-Lymphozyten bei gesunden Menschen eine tragende Rolle bei der Immunabwehr spielen, indem sie körperfremde Strukturen und abnormale körpereigene Zellen erkennen und eliminieren, können sie in seltenen Fällen fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreifen, was zu Autoimmunerkrankungen führt.

„Wir haben herausgefunden, dass diese autoreaktiven T-Lymphozyten ausschließlich bei Patienten mit einer GBS-Variante vorkommen, bei der die Myelinschicht der Nerven beschädigt wird“, sagt Latorre. Und dass die T-Zellen eine krankheitsspezifische Signatur aufweisen, die sie von gesunden Personen unterscheidet. Die Ergebnisse liefern erstmals den Beweis, dass autoreaktive T-Lymphozyten wesentlich zu diesem Krankheitsbild beim Menschen beitragen.

Darüber hinaus identifizierten die Forschenden in einer Untergruppe von GBS-Patientinnen und -Patienten nach einer Virusinfektion T-Lymphozyten, die sowohl auf die Selbstantigene der Myelinscheide als auch auf die Virusantigene reagierten. Dies spricht für einen direkten Zusammenhang zwischen der GBS-Erkrankung und der vorausgegangenen Virusinfektion.

Heutige Therapien sind zwar bei vielen GBS-Betroffenen zwar wirksam, aber sie sind nicht spezifisch genug, so dass etwa 20 % der Patientinnen und Patienten schwer behindert bleiben oder sterben. Die Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis der Krankheit bei und ebnen den Weg für Folgestudien mit größeren Patientengruppen, um weitere GBS-Varianten zu entschlüsseln. Das eröffnet neue Wege zu gezielten Therapien für GBS-Subtypen und einer Verbesserung der Patientenversorgung, hoffen die beteiligten Forscherinnen und Forscher.

Pressemitteilung „Die Ursache des Guillain-Barré-Syndroms aufgeklärt“. Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich, 19.1.2024 (https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2024/01/die-ursache-des-guillain-barre-syndroms-aufgeklaert.html).

*  Súkeníková L et al.: Autoreactive T cells target peripheral nerves in Guillain-Barré syndrome“. Nature. 2024 Jan 17 (DOI 10.1038/s41586-023-06916-6).

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