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Tierversuche

Neue Technik reduziert den Tierversuchsbedarf in der Krebsforschung

11.10.2022

Das neue Verfahren einer Marburger Forschergruppe nutzt die Genschere CRISPR-Cas9, um zu Studienzwecken Mäuse mit Tumoren zu erzeugen. So werden unnötige und aufwendige Zuchten von zu vielen Tieren für die Krebsforschung verhindert.

Sowohl in der Grundlagen- als auch der angewandten Forschung hat die Onkologie mit den größten Bedarf (2019, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). Rund 2,1 Millionen Tiere werden in Deutschland jährlich für wissenschaftliche Zwecke getötet. Die Anzahl von Versuchstieren in der Krebsforschung könnte sich erheblich verringern lassen, wenn man die neue Methode einer Marburger Forschungsgruppe einsetzt.

„Tierschutz in der medizinischen Forschung orientiert sich am so genannten 3R-Konzept“, erläutert der Marburger Krebsforscher Prof. Dr. Thorsten Stiewe, der Studienleiter bei der Entwicklung des neuen Verfahrens. Das Kürzel 3R steht für „Reduction, Refinement, Replacement“, also Verminderung, Verfeinerung, Ersatz von Tierversuchen. Bisher forschte die Krebsmedizin an Tumoren, indem Versuchstiere gezüchtet wurden, die krebserzeugende Genveränderungen enthalten. Dabei bleiben wie bei jeder Zucht Tiere übrig, die nicht die erwünschten Eigenschaften besitzen. „Unsere Methode löst dieses Problem, indem wir die Genveränderungen nicht über Zuchten in die Mäuse einbringen, sondern in erwachsenen Tieren direkt erzeugen“, erklärt Erstautorin und Doktorandin Nastasja Merle.

Leuchtfähige Luciferase

Die Forschungsgruppe verwendet die „Genschere“ CRISPR als molekulargenetisches Werkzeug, um die DNA zielgenau zu verändern. „Genetisch definierte Tumore, die mit dem CRISPR-Verfahren im Mausmodell entstehen, sind überaus wichtig, um personalisierte Tumortherapien zu testen“, sagt Stiewe. „Unsere Methode spiegelt bestmöglich den natürlichen Prozess der Tumorentstehung beim Menschen wider, da auch hier die auslösenden Genmutationen in der Regel nicht vererbt, sondern erst im Laufe des Lebens erworben werden“.

Darüber hinaus bringe die neue Technik eine erhebliche Verbesserung im Versuchstierschutz, teilt die Uni Marburg mit. Sie lässt sich zudem mit einem Diagnoseverfahren kombinieren, für das Stiewe vor acht Jahren den Hessischen Tierschutz-Forschungspreis erhalten hat. „Wir versehen die Tumorzellen mit einem leuchtfähigen Luciferase-Enzym, das in die Blutbahn gelangt und dort nachweisbar ist“, sagt Merle. Bei Luciferasen handelt es sich um Enzyme, die Stoffe so umbauen, dass sie Licht ausstrahlen – eine Erscheinung, die man zum Beispiel von Glühwürmchen kennt. „Wir können anhand eines einzigen Blutstropfens aus der Schwanzvene der Mäuse jederzeit im Labor messen, wie viel Tumor in dem Tier vorhanden ist“.

Bislang erforderte die Überwachung der Tumore umfangreiche, wiederholte und für die Tiere belastende Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT. Das ist nun nicht mehr nötig: „Wir haben die Markierung mit Luciferase, die wir ursprünglich für die Untersuchung von transplantierten Tumoren entwickelten, nunmehr auf die Überwachung von Tumoren ausgeweitet, die direkt im Tier entstehen“, sagt Stiewe. Zusammengenommen ergibt sich eine erhebliche Verbesserung gemäß des 3R-Konzepts, da sowohl die Anzahl als auch die Belastung der Tiere maßgeblich reduziert werden.

Pressemitteilung Philipps-Universität Marburg, Oktober 2022
Merle N et al.; Mol Cancer. 2022 Oct 3;21(1):191 (DOI 10.1186/s12943-022-01661-2).

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