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Querschnittslähmung

Nichtinvasives Werkzeug gegen Spastiken verbessert Mobilität – auch bei MS

13.4.2022

Eine neue antispastische Technik soll gleichzeitig Querschnittsgelähmten helfen. Sie soll gleichzeitig nichtinvasiv die Spastizität lindern und die Mobilität verbessern. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der epiduralen Rückenmarkstimulation.

Bis zu 80% der Menschen mit einer Querschnittverletzung leiden unter Spastizität. Therapeutisch besteht dabei bisher die Wahl zwischen Medikamenten mit starken Nebenwirkungen oder einer risikoreichen Operation. Die Mathematikerin und Neurowissenschaftlerin Prof. Dr. Ursula Hofstötter von der Medizinischen Universität Wien entwickelte ein Verfahren, das die Spastizität lindert und zudem die Mobilität verbessert ‒ ohne Medikamente oder Operation, so ein Bericht des „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ (FWF), Österreichs zentraler Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung.

Das gängige Behandlungsschema umfasst neben Physio- und Ergotherapie auch medikamentöse Maßnahmen. „Diese Medikamente können aber nicht selektiv wirken. Das heißt, sie hemmen nicht nur die Spastik, sondern unterdrücken gleichzeitig die Aktivität der Willkürmotorik und machen oft sehr müde“, sagt Hofstötter. Eine andere Methode, die sich gut bewährt hat, ist die epidurale Rückenmarkstimulation, bei der bestimmte Nervenstrukturen durch implantierte Elektroden angeregt werden. „Neben einer Schmerzlinderung zeigt diese Methode auch einen positiven Effekt auf die Beweglichkeit. Patienten können Bereiche wieder bewegen, die sie zuvor nicht mehr bewegen konnten“, schildert Hofstötter. Allerdings: „Sie wird nur selten eingesetzt, denn zwei chirurgische Eingriffe und hohe technische Voraussetzungen sind erforderlich.“

Mit ihrem Kollegen Dr. Karen Minassian hat sie eine Technik entwickelt, bei der Klebeelektroden auf der Körperoberfläche platziert werden, mit denen dieselben Nervenstrukturen angeregt werden können wie mit den implantierten Elektroden. „Diese Methode ist gänzlich nichtinvasiv. Sie hat zudem den Vorteil, dass sie auch von nicht spezialisierten Rehazentren und Kliniken angeboten werden kann.“ In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass eine einmalige Stimulation für 30 Minuten die Spastizität für mehrere Stunden erfolgreich kontrollieren und die Restwillkürmotorik verbessern kann. Mit fortlaufender Behandlung kann die Wirkung sogar mehrere Tage anhalten.

Mögliche Heimtherapie

Erste Wiener Zentren wenden die nichtinvasive Rückenmarkstimulation bereits in einer Testphase an. Bewährt sich die Methode hier als individuelle Heimtherapie, so hat sie das große Potenzial, in Zukunft vielen Menschen zugutezukommen. Hofstötter: „Es gibt diesen Irrglauben, dass nichts mehr zu machen sei, sobald ein Zustand chronisch geworden ist. Dagegen stemmen wir uns entschieden. Die Rückenmarkstimulation ist ein mächtiges Werkzeug.“ Auch, so konnte die Wiener Gruppe zeigen, bei Patienten mit Multipler Sklerose, bei denen das neue Verfahren zu einer signifikanten Verbesserung von Gehfähigkeit und Spastizität führt.

In ihrem jüngsten Projekt widmen sich Hofstötter und Kollegen erstmals gezielt dem Einfluss der Stimulation auf neuronale Mechanismen im Rückenmark. Hofstötter: „Das Ziel ist, damit später individuell optimierte Behandlungsergebnisse erzielen zu können. Es gibt weltweit viele klinische Studien, jedoch keine erforscht die zugrunde liegenden spinalen Mechanismen.“

Projektbericht der Wissenschaftsfonds FWF, April 2022
Hofstoetter US et al., Brain Sci 2021 Apr 8; 11: 472, DOI 10.3390/brainsci11040472, PMID 33917893

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