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Prostatakarzinom

Partizipative Entscheidungsfindung verläuft oft im Sande

Das Prostatakarzinom ist paradigmatisch für Erkrankungen, bei denen es verschiedene, praktisch gleichwertige Therapiekonzepte gibt (passive/aktive Überwachung, Strahlentherapie, Prostatektomie) und bei denen sich eine partizipative Entscheidungsfindung Patient~Arzt nahezu aufdrängt. Eine neue US-Studie mit 285 Männern nach einer geplanten, klinisch durchgeführten Prostatabiopsie und einem daraus erfolgenden bioptischen Befund eines lokalisierten Karzinoms zeigte nun, dass Ärzte, in diesem Fall die überweisenden respektive weiterbehandelnden Urologen, von einer gemeinsamen Therapiefindung und -entscheidung nicht begeistert waren.
Die initiale Fragestellung der Studie war, ob sich die Therapiewünsche von Betroffenen unterschiedlich darstellen, wenn entweder ein sehr eingängig formuliertes, einfach verstehbares und mit nachvollziehbaren Patientengeschichten versehenes Informationsmaterial zur Entscheidungsfindung verwendet wurde oder ein sehr komplex, sehr medizinisch verfasstes Infomaterial (das zudem von vielen Betroffenen nur teilweise verstanden wurde). Die Patienten zeigten nach dem Lesen des „einfachen“ Infomaterials ein signifikant höheres Interesse an partizipativer Entscheidungsfindung und waren weitaus mehr an „wachsamem Abwarten“, also an weniger aggressiver Therapie, interessiert, als nach dem Lesen des komplexen Infomaterials. Dieser Unterschied blieb aber nur bis zum Besuch ihres Facharztes bestehen, der diese klare Richtung der Patientenwünsche änderte. Die anschließend durchgeführten Therapien wurden in beiden Gruppen gleich häufig durchgeführt, reflektierten also oft nicht mehr die initialen Patientenwünsche in der Gruppe, die gut verstehbare Informationen bekommen hatte (wobei v.a. wachsames Abwarten respektive aktive Überwachung nicht berücksichtigt wurden). Begleitende qualitative Gesprächsanalysen ‒ sowohl mit Patienten als auch Behandlern ‒ zeigten auch aus der deutschen Versorgungsforschung Bekanntes: Letztlich entscheiden viele Urologen über die Therapie auf Basis „medizinischer“ Faktoren (Alter, Gleason-Score), nicht aber aufgrund von Patientenpräferenzen. Zudem unterschlagen sie etwa bei einem Drittel der Beratungsgespräche alternative, v.a. weniger aggressive Behandlungsoptionen. So gut also die Aufklärung hinsichtlich partizipativer Entscheidungsfindung auf Seiten der Patienten sein mag, resümieren die Autoren, so notwendig ist es, den behandelnden Ärzten grundlegendes Know-how zu dieser Art der Zusammenarbeit von Patient und Arzt zu vermitteln.

Fagerlin A et al., BMC Med Inform Decis Mak 2021 May 12; 21(1):154, DOI 10.1186/s12911-021-01505-x, PMID 33980208

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