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Neurowissenschaft

Pupillenweite verändert Farbempfindlichkeit der Augen

6.10.2022

Die Pupillengröße der Augen wird nicht nur durch Licht beeinflusst, sondern auch durch den emotionalen Zustand einer Person. Warum das so ist, haben Forscher aus Göttingen, Tübingen und Houston untersucht. Ebenfalls beleuchtet wurde die Frage, ob diese Veränderung der Pupille unsere Wahrnehmung ändert.

Der Volksmund bezeichnet die Augen gerne als „Fenster zur Seele“ und reflektiert damit einen Teil der neurobiologischen Erkenntnis, dass die Pupillengröße nicht nur von sensorischen Reizen wie etwa Sonneneinstrahlung beeinflusst wird, sondern auch durch Emotionen wie Angst, Aufregung oder Konzentration. Solche gemütsabhängigen Veränderungen der Pupillengröße kommen jedoch nicht nur bei Menschen vor, sondern auch bei vielen anderen Wirbeltierarten.

In ihren Experimenten gingen die Forscher der Frage nach, wie sich gemütsabhängige Veränderungen der Pupillengröße auf das Sehen von Mäusen auswirken. Entscheidend für die Interpretation visueller Eindrücke sind nicht nur die Augen, sondern insbesondere die Sehrinde als ein wichtiger Teil des Gehirns, der für die visuelle Wahrnehmung verantwortlich ist. Während die Wissenschaftler den Mäusen in Experimenten verschiedene farbige Bilder zeigten, nahmen sie die Aktivität von Tausenden individueller Neuronen innerhalb der Sehrinde auf. Mit dem Einsatz künstlicher neuronaler Netze konnten sie auf Grundlage dieser Daten anschließend ein Computermodell erstellen, das die real gemessenen Neurone im Gehirn simulierte. Das Modell wurde dann dazu verwendet, um für jedes Neuron den besten visuellen Lichtreiz zu identifizieren – quasi das „Lieblingsbild“ jedes Neurons.

Diese Untersuchungen offenbarten Erstaunliches: Wenn die Mäuse ihre Pupillen aufgrund eines wachsamen Gemütszustands vergrößerten, änderte sich binnen Sekunden die Farbempfindlichkeit der Neuronen von grünem hin zu blauem Licht. Dies galt besonders für Neurone, welche Reize der oberen Hemisphäre verarbeiten, mit denen Mäuse den Himmel beobachten.

Mit Hilfe von Augentropfen, welche die Pupille weiten, konnten die Forschenden die höhere Empfindlichkeit für blaues Licht dann auch in einem ruhigen Gehirnzustand nachbilden. „Diese Ergebnisse zeigen eindeutig, dass die Pupillenerweiterung aufgrund eines wachsamen Gehirnzustands die visuelle Empfindlichkeit und wahrscheinlich auch die visuelle Wahrnehmung direkt beeinflussen kann. Der Mechanismus hierbei ist, dass eine größere Pupille mehr Licht ins Auge lässt und sich dies direkt auf die Rekrutierung der Fotorezeptoren in unserer Netzhaut und damit mittelbar auch auf die Farbsensitivität in der Sehrinde auswirkt“, erläutert Dr. Katrin Franke, Forschungsgruppenleiterin am Forschungsinstitut für Augenheilkunde der Universität Tübingen und Erstautorin der Studie.

Welche Vorteile diese Veränderung der visuellen Empfindlichkeit haben könnten, beantwortet Konstantin Willeke, ein Mitglied der Forschergruppe: „Wir konnten zeigen, dass die höhere neuronale Empfindlichkeit für blaues Licht den Mäusen wahrscheinlich dabei hilft, Raubtiere bei blauem Himmel besser zu erkennen“.

Die Erkenntnis, dass gemütsabhängige Veränderungen der Pupillengröße die visuelle Empfindlichkeit beeinflussen, hat Auswirkungen auf das Verständnis des Sehens weit über die Raubtiererkennung bei Mäusen hinaus. Die Pupillen könnten nicht nur ein „Fenster der Seele“ sein, sondern auch die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen, von Augenblick zu Augenblick verändern, je nach unserem inneren Gemütszustand.

Pressemitteilung Eberhard Karls Universität Tübingen, September 2022
Franke K et al.; Nature. 2022 Oct;610(7930):128-134 (DOI 10.1038/s41586-022-05270-3).

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