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Kommerzialisierung

Bundesärztekammer-Vorschläge zur Begrenzung des Einflusses von Finanzinvestoren bei MVZ

16.1.2023

Wie man den zunehmenden Einfluss von fachfremden Finanzinvestoren in Medizinischen Versorgungszentren eindämmen könnte – zu diesem Thema hat die Bundesärztekammer ein Konzeptpapier vorgelegt.

„Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los“, klagte einst der Zauberlehrling von Goethe und heute die Bundesärztekammer ob des aus dem Ruder gelaufenen Konzeptes der 2003 eingeführten „Medizinischen Versorgungszentren“ (MVZ), die mittlerweile zu einem Haupteinfallstor fachfremder Finanzinvestoren geworden sind und wesentlich zur zunehmenden Kommerzialisierung der ambulanten Gesundheitsversorgung beitragen.

Der Hintergrund ist eindeutig: Immer mehr Finanzinvestoren wie z. B. Private Equity Gesellschaften nutzen medizinische Versorgungszentren (MVZ) zunehmend als attraktive Kapitalanlage. Maximale Renditen können zum Beispiel durch eine Fokussierung auf besonders lukrative Leistungen, durch die Ansiedlung in gut situierten Stadtteilen und durch Monopol- und Oligopolbildungen erzielt werden. Wenn Investoren versuchen, Einfluss auf die Indikationsstellung und andere medizinische Entscheidungen zu nehmen, können Ärzte in Konfliktsituationen geraten, möglicherweise auf Kosten der ärztlichen Unabhängigkeit und der Patientensicherheit. Deshalb sieht die Bundesärztekammer hier dringenden Handlungsbedarf und hat daher den Regelungsbedarf für eine Begrenzung des Betriebs von MVZ durch fachfremde Finanzinvestoren und zur Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen und umfassenden ambulanten Versorgung analysiert und konkrete Vorschläge für den Gesetzgeber erarbeitet.

Signalwort „Fachübergreifendes MVZ“

Das 26-seitige Positionspapier dokumentiert zunächst, wie die ursprünglich zukunftsweisenden Ideen der MVZs zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung durch eine Reihe von Einzelentscheidungen verwässert wurden, die zu der heutigen Situation geführt haben. Beispielsweise die ursprünglich geforderte „fachübergreifende“ Tätigkeit von MVZ, die seit 2015 gestrichen wurde. Durch die Aufgabe des Merkmals „fachübergreifend“ wurde der positive Ansatz, eine interdisziplinäre Versorgung „aus einer Hand“ anzubieten, aufgegeben. Zudem hatte die Neuregelung zur Folge, dass die Zahl der MVZ-Gründungen nach 2015 deutlich zunahm und zwar insbesondere durch die Gründung fachgleicher MVZ. Hinter vielen dieser fachgleichen MVZ stehen Kapitalinvestoren ohne Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung, die sich auf einen Teilmarkt der medizinischen Versorgung, etwa der operativen Augenheilkunde oder der Radiologie fokussieren. Insbesondere MVZ-Ketten sowie sogenannte Groß-MVZ führen dabei zu Versorgungsmonopolen in den entsprechenden Fachgebieten und schränken damit das Recht der Versicherten auf freie Leistungserbringerwahl ein. Aus Sicht der Bundesärztekammer muss deshalb dringend das MVZ-Merkmal „fachübergreifend“ wieder eingeführt werden.

Weitere Aspekte des Konzeptpapiers betreffen z. B. den örtlichen und fachlichen Bezug des Krankenhauses zu einem Klinik-MVZ, die Kontrolle, ob MVZ ihre Versorgungsaufträge auch hinsichtlich aller Kernleistungen der erteilten Versorgungsaufträge erfüllen oder dass einer MVZ der Entzug der Zulassung droht, wenn nicht gewährleistet ist, dass Ärzte ihre Entscheidungen im Einklang mit den berufsrechtlichen Regelungen treffen können. Weitere Forderungen betreffen strukturpolitische Aspekte: Die Begrenzung von MVZ-Marktanteilen nach dem Umfang an der Versorgung, ein Verbot der Gewinnabführung- und Beherrschungsverträgen, was u. a. impliziert, dass ein Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben hat, auch in einem MVZ. Hinsichtlich der Eigentümertransparenz mahnt die Bundesärztekammer an, nicht nur die formale Inhaberschaft entsprechend des Handelsregisters offenzulegen (was möglich ist), sondern verlangt auch Auskunft über die wirtschaftlich tatsächlich Berechtigten. Mit dem zunehmenden Betrieb von MVZ durch Kapitalinvestoren ohne Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung ist die Gefahr für die Qualität der Versorgung in medizinischen Versorgungszentren durch Zielvereinbarungen mit deren ärztlichen Leitern und anderen leitenden Ärzten gestiegen, was Regelung auch für diesen Bereich erforderlich macht, einschließlich der Kontrolle solcher Zielvereinbarungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen.

Online verfügbar: „Positionspapier der Bundesärztekammer zum Regelungsbedarf für Medizinische Versorgungszentren zur Begrenzung der Übernahme von MVZ durch fachfremde Finanzinvestoren und zur Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen und umfassenden ambulanten Versorgung“.

Pressemitteilung Bundesärztekammer, Januar 2023

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