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Neurologie

Früherkennung von neurodegenerativen Erkrankungen?

7.12.2023

Ein zentrales Symposium beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin stellte heraus, dass neurodegenerative Erkrankungen, wie Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson, Jahrzehnte vor den ersten Gedächtnisstörungen beginnen und somit nicht, wie bisher allgemein angenommen, Erkrankungen des hohen Lebensalters sind. Die frühe Diagnose werde zeitnah möglich sein, entsprechende Bluttests sind in der Entwicklung, so die Experten der DGN.

Die Früherkennung ermöglicht nicht nur, das Potential der Prävention voll auszuschöpfen, sondern birgt auch die Chance auf bessere Therapieergebnisse.

Die Prävalenzen neurodegenerativer Erkrankungen, insbesondere von Alzheimer und Parkinson, steigen drastischer als allein mit der Alterung der Gesellschaft zu begründen ist: Bis zum Jahr 2050 wird weltweit eine Verdopplung der Betroffenen vorausgesagt. Doch es gibt noch andere Gemeinsamkeiten: Beide Erkrankungen beginnen Jahre, sogar Jahrzehnte, bevor die ersten klinischen Symptome sichtbar werden. Wie Prof. Dr. med. Michael Heneka (Luxemburg) beim DGN-Kongress 2023 ausführte, ist damit die Alzheimer-Krankheit eigentlich überhaupt keine Alterserkrankung, wie bisher angenommen, sondern eine Erkrankung des mittleren Lebensalters. Das, was man allgemein unter dieser Krankheit versteht, ist bereits das „Endstadium“ eines langsamen, aber stetigen Abbauprozesses von Nervenzellen.

Diese Erkenntnis kann auch erklären, warum Therapien oft nicht mehr greifen, wenn bereits klinische Symptome vorliegen und sich der Zustand der Betroffenen zunehmend verschlechtert. „Denn je früher Therapie und Sekundärprävention einsetzen, desto erfolgversprechender sind sie. Das gilt für jede Krankheit, auch für Alzheimer und Parkinson“, ergänzte Kongress-Präsidentin Prof. Dr. med. Daniela Berg (Kiel).

Bluttests für die Früherkennung

Allerdings fehlten bisher verlässliche Früherkennungstest für neurodegenerative Erkrankungen, weshalb die Diagnose erst anhand der klinischen Symptome – und  damit im höheren Alter – erfolgt.

Für Alzheimer wie für Parkinson werden aktuell Bluttests für die Früherkennung entwickelt, die schon in wenigen Jahren in die Klinik überführt werden könnten. „Damit hat man die Möglichkeit, diese Erkrankungen bereits in den Frühstadien zu behandeln und früher in die Erkrankungskaskade einzugreifen – und damit effektiver zu bekämpfen“, so Berg. Tatsächlich, so erklärte Heneka, gleicht das Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen einem Staffellauf: Eine krankhafte Veränderung stößt die nächste an und hierbei spielen auch noch unterschiedliche Krankheitsmechanismen eine Rolle. Diese Veränderungen finden zeitgleich in verschiedenen Hirnregionen statt, so wie bei einem Staffellauf mehrere Teams parallel neben- und gegeneinander laufen. Ideal wäre es demnach, Patienten in einem Krankheitsstadium zu behandeln, in dem sie noch klinisch beschwerdefrei sind.

Welche Konsequenzen hätte ein Screening auf neurodegenerative Krankheiten?

Die neuen, greifbaren Möglichkeiten der Frühdiagnostik und Therapie machen das möglich, werfen aber gesellschaftliche Fragen auf: Sollte man auf neurodegenerative Krankheiten screenen? Wenn ja, ab welchem Alter? Wie viele potenzielle Betroffene müssten dann medikamentös versorgt werden – und wäre dies gesundheitsökonomisch überhaupt zu stemmen? Dr. med. Eva Schäffer (Kiel) führte aus, dass es ohne Prävention nicht gehen werde. Diese wiederum habe ein großes, bisher weitgehend ungenutztes Potential: Bis zu 40 % der neurodegenerativen Erkrankungen könnten durch die Vermeidung von Risikofaktoren verhindert werden. Viel habe man selbst in der Hand, vor allem durch eine gesunde Lebensführung. Doch es gebe auch äußere Risikofaktoren, wie z. B. die Exposition gegenüber Umwelttoxinen. Beispielhaft führte sie Pestizide an, die nicht nur in Verdacht stehen, die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen zu begünstigen, sondern sogar in der Forschung genutzt werden, um in Versuchstieren Parkinson auszulösen. „Hier bedarf es ein gesellschaftliches Umdenken, der Einsatz solcher Gifte muss sehr viel restriktiver gehandhabt werden“, lautete der abschließende Appell der Kongresspräsidentin Berg. „Neurodegenerative Erkrankungen sind auf dem Vormarsch und wir müssen jetzt konsequent handeln, um ihnen Einhalt zu gebieten.“

Pressemitteilung „Alzheimer ist eine Erkrankung des mittleren Lebensalters“. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Berlin, 10.11.2023 (https://dgn.org/artikel/alzheimer-ist-eine-erkrankung-des-mittleren-lebensalters).

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