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Epidemiologie

Unterschiedliche Lebenserwartung

30.8.2023

Wissenschaftler des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) haben jetzt in einer neuen Studie untersucht, wo die Unterschiede in der Lebenserwartung von Frauen und Männern besonders gering oder noch auffallend groß sind. Hierfür wurden erstmals detaillierte Todesursachendaten für 228 Regionen in sieben europäischen Ländern untersucht.

Noch Mitte der 1990er Jahre lagen Männer in den betrachteten europäischen Regionen bei der Lebenserwartung durchschnittlich mehr als 7 Jahre hinter den Frauen zurück. In den letzten Jahrzehnten hat sich der Wert auf unter 5,5 Jahre reduziert. Allerdings zeigen sich erhebliche regionale Unterschiede: In Süddeutschland, Dänemark und der Schweiz sind die Differenzen mit teilweise weniger als vier Jahren besonders gering. Spitzenreiter mit nur 3,3 Jahren Abstand ist die Region Nordwestschweiz mit Basel und Umland, dicht gefolgt von der Region München und Umland mit 3,5 Jahren. In Teilen von Ostdeutschland, Tschechien, der Slowakei und Frankreich sind die Unterschiede zwischen Männern und Frauen mit 6 und mehr Jahren dagegen etwa doppelt so groß. Zudem beobachten die Forscher auch Lücken zwischen Stadt und Land. So ist der Rückstand der Männer in vielen Großstädten geringer als in weniger zentralen Regionen eines Landes.

„Florierende Großstädte ziehen durch ihre guten Jobmöglichkeiten eher gesunde und qualifizierte Bevölkerungsgruppen an, während strukturschwache Regionen weniger attraktiv für diese Menschen sind“, erklärt der Mortalitätsforscher Dr. Markus Sauerberg vom BiB in einer Pressemitteilung des Instituts. Dies trage dazu bei, dass in großen Städten oft eine vergleichsweise niedrige Sterblichkeit mit geringen Geschlechterunterschieden beobachtet wird.

Auch ungesundes Verhalten bedingt unterschiedliche Lebenserwartung

Im 20. Jahrhundert waren gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen von wesentlicher Bedeutung für den langsameren Anstieg der Lebenserwartung von Männern im Vergleich zu den Frauen, beispielsweise das unter Männern weiter verbreitete Rauchen. Zudem hatten Männer lange eine deutlich höhere Erwerbsbeteiligung, wodurch sie in größerem Maße arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken ausgesetzt waren. Der Aufholprozess der Männer bei der Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten hat aus Sicht von Sauerberg mehrere Gründe: „Der zunehmende Einsatz von Herzschrittmachern half gerade bei ihnen, die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf- Erkrankungen zu reduzieren“.

Außerdem ebbt bei Männern die durch das Rauchen bedingte Sterblichkeit allmählich ab, während sie bei Frauen weiter ansteigt (da Frauen erst ab den 1960er Jahren in hohem Maße mit dem Rauchen begonnen haben). Durch die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen nehmen zudem Geschlechterunterschiede bei arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken ab.

Lebensstile wichtiger als biologische Unterschiede

Wie Ergebnisse anderer Studien zeigen, kann nur ein kleiner Teil der Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückgeführt werden. Der größere Teil ist vom Lebensstil sowie von der Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten abhängig. Diese Aspekte können durch persönliches Verhalten und die Gesellschaft beeinflusst werden. „Wie etwa die Rollen von Männern und Frauen im Privatleben, Beruf und Krisensituationen gesellschaftlich gesehen werden, hat einen erheblichen Einfluss auf die Geschlechterunterschiede in der Sterblichkeit“, erklärt Dr. Sebastian Klüsener, Mitautor der Studie. „Dazu zählt etwa, ob der Mann eher in der Verantwortung für das Haushaltseinkommen gesehen wird, oder ob bestimmte gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie das Rauchen oder der Alkoholkonsum bei Männern oder Frauen eher toleriert werden und verbreiteter sind.“ Wenn sich Rollenbilder annähern, gleichen sich tendenziell auch die Sterblichkeitsunterschiede zwischen Männern und Frauen an. Zur Definition von Lebenserwartung

Pressemitteilung „Wo Männer fast so alt werden wie Frauen – und wo nicht“. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), Wiesebaden, 9.8.2023 (https://www.bib.bund.de/DE/Presse/Mitteilungen/2023/2023-08-09-Wo-Maenner-fast-so-alt-werden-wie-Frauen-und-wo-nicht.html).
* Sauerberg M et al.: Sex differences in cause-specific mortality: regional trends in seven European countries, 1996-2019. Eur J Public Health. 2023 Jul 28:ckad111 (DOI 10.1093/eurpub/ckad111).

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