Die computergestützte Analyse der Sprachfrequenzmodulation einer Person könnte die frühe Diagnose einer Morbus Parkinson-Erkrankung bei Hochrisikopatienten möglich machen. Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie von tschechischen und deutschen Forschern, wie aus einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) hervorgeht.
Wie bekannt, leben in Deutschland etwa 250.000 bis 400.000 Menschen mit der M. Parkinson-Erkrankung. Die weltweite Prävalenz hat sich zwischen 1990 und 2016 verdoppelt, heißt es in der Mitteilung. M. Parkinson gehört zu den Synucleinopathien, bei denen es in bestimmten Hirnregionen zu pathologischen Ablagerungen eines Proteins, dem α-Synuclein, kommt. Diese Strukturen können verklumpen und so neurotoxisch wirken. An Therapeutika wird noch geforscht. „Wir sind sehr optimistisch, dass wir in wenigen Jahren krankheitsmodifizierende Therapien für M. Parkinson zur Verfügung haben werden. Gleichzeitig wissen wir aber aus Therapiestudien zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen, dass der Behandlungserfolg maßgeblich davon abhängt, wie früh im Krankheitsverlauf die Therapie eingesetzt wird. Idealerweise sollte bereits behandelt werden, bevor sich überhaupt erste typische Krankheitssymptome entwickeln“, erklärt Professor Dr. Lars Timmermann, Leiter des Parkinson-Zentrums am Uniklinikum Marburg.
In einer aktuellen Studie [1] konnte gezeigt werden, dass eine einfach durchführbare computergestützte Analyse der Sprachfrequenzmodulation für eine Früherkennung von M. Parkinson geeignet sein könnte. In der Studie wurden Hochrisikopatienten untersucht, die eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) aufwiesen. Bekannt ist, dass die RBD ein häufiger Vorläufer der Parkinson-Erkrankung ist. Schätzungen zufolge erkranken 80% aller Betroffenen mit einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung in den nächsten 15 Jahren an einer alpha-Synukleinopathie, der Erkrankungsgruppe, zu der M. Parkinson gehört. Auch Riechstörungen sind ein häufiges Frühsymptom der Parkinson-Krankheit. In der Studie wurden 30 Personen mit RBD und Riechstörungen, 17 mit RBD ohne Riechstörungen und 50 gesunde Kontrollpersonen Sprechtests unterzogen. Es zeigte sich, dass die Prosodie (Akzent, Intonation, Sprechgeschwindigkeit, Rhythmus und Sprechpausen) in der Hochrisikogruppe „RBD mit Riechstörungen“ im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen signifikant eingeschränkt war. Ein weiteres Ergebnis: In dieser Gruppe verstärkte sich im weiteren Verlauf die Dysprosodie nur bei den Patienten, die dann auch eine auffällige Dopamin-Transporter-Szintigraphie (DaT-SPECT) aufwiesen.
„Das deutet darauf hin, dass eine Einschränkung und Abnahme der Prosodie bei Menschen mit RBD und Riechstörungen womöglich ein sehr frühes und sicheres Anzeichen einer Parkinson-Erkrankung ist. Die Prosodie lässt sich heutzutage computergestützt ganz einfach und schnell messen“, betont Timmermann. Der Gedanke sei, bei Personen mit einem hohen Krankheitsrisiko mittels Sprachapp auf dem Smartphone vorherzusagen, ob sie in den nächsten fünf bis sieben Jahren an M. Parkinson erkranken werden. Dies wäre eine sichere und günstige Möglichkeit zur Frühdiagnose und würde die Option einer präsymptomatischen Therapie eröffnen. Gemeinsam mit den krankheitsmodifizierenden Therapien könnte das die lange ersehnte Trendwende in der Versorgung von Menschen mit M. Parkinson herbeiführen, so Timmermann.
Pressemitteilung DGN, Dezember 2021
[1] Rusz J. et al.: Movement Disorders. https://doi.org/10.1002/mds.28873