Neue Entwicklungen in der Impfung, antiviralen Therapie und Mikrobiom-Modulation eröffnen vielversprechende Perspektiven für die gynäkologische Infektiologie – insbesondere im Hinblick auf Prävention, Persistenzvermeidung und Rezidivprophylaxe.
HPV und HPV-Impfung
Australien gilt mit einem Schulimpfprogramm seit 2007 als Vorreiter in der HPV-Prävention. Die dortige Impfquote beträgt über 82 % bei Mädchen und etwa 76 % bei Jungen. Berechnungen zeigen, dass durch Kombination von Impfung und zytologischer Früherkennung eine Zervixkarzinomrate von < 4/100 000 erreicht werden kann [1]. In Australien gehört das Zervixkarzinom zu den seltenen Erkrankungen.
In Deutschland hingegen liegt die Impfquote bis zum 15. Lebensjahr nur bei ca. 51 % bei Mädchen und 17 % bei Jungen [2]. Und die sind regional sehr verschieden. Die höchste Impfquote hat Sachsen-Anhalt mit 71 % bei den Mädchen und 30 % bei den Jungs, Schlusslicht ist Baden-Württemberg mit 41 % bei den Mädchen und 12 % bei den Jungs. Dennoch konnte durch das deutsche Impfprogramm bereits eine signifikante Reduktion zervikaler intraepithelialer Neoplasien (CIN2+) um 51 %, Anogenitalwarzen um 38 % und vulvärer intraepithelialer Neoplasien (VIN2+) um 75 % nachgewiesen werden [3].
In Australien gehört das Zervixkarzinom inzwischen zu den seltenen Erkrankungen.
Bei Frauen im Alter von 25 bis 65 Jahren konnte eine 12-Monats-Inzidenz neu auftretender Hochrisiko-HPV-Infektionen von 25 % gezeigt werden [4], was eine Nachimpfung jenseits des Jugendalters plausibel macht. Die STIKO erkennt den möglichen Nutzen einer Nachimpfung bei Erwachsenen an, weist aber auf die reduzierte Wirksamkeit bei HPV-exponierten Personen hin. Einzelne gesetzliche Krankenkassen erstatten heute Impfkosten auch über das 18. Lebensjahr hinaus (z. B. Baden-Württemberg ohne Altersgrenze, Hessen pauschal bis 100 Euro/Jahr).
Die nonavalente Vakzine zeigt keinen Nutzen in der Rezidivprophylaxe nach Konisation HPV-assoziierter Läsionen. Vielversprechend sind hingegen therapeutische Ansätze wie die Vvax001-Vakzine, ein Vektorimpfstoff gegen HPV16 (E6/E7), der in einer Phase-II-Studie bei Patientinnen mit CIN3 getestet wurde. Die Patientinnen erhielten 3 Impfungen mit Vvax001 (5 × 107 infektiöse Partikel) im Abstand von 3 Wochen. Bis zu 19 Wochen nach der letzten Immunisierung wurden die Patientinnen mittels Kolposkopie auf eine Rückbildung der CIN3 überwacht.
Die kolposkopische Untersuchung ergab bei 17/18 Patientinnen (94 %) bereits 3 Wochen nach der letzten Immunisierung eine Verringerung der CIN3-Läsionsgrößen. Eine histopathologische vollständige Remission (Regression zu CIN1 oder keine Dysplasie) wurde bei 9/18 Patientinnen (50 %) beobachtet, eine HPV16-Clearance bei 10/16 Patientinnen (63 %). Vvax001 induzierte keine Clearance anderer HPV-Typen und bislang wurden keine Rezidive beobachtet. Das Autorenteam folgert, dass die Behandlung mit Vvax001 sicher ist und eine hohe klinische Wirksamkeit bei Patientinnen mit HPV16-assoziierten CIN3-Läsionen zeigt [5]. Weitere multivalente therapeutische Vakzine sind in präklinischer Entwicklung.
Bakterielle Vaginose (BV)
Für die bakterielle Vaginose wird in der Zwischenzeit ein erweitertes pathogenetisches Modell postuliert, das über die klassische Dysbiose-Definition hinausgeht und Biofilmbildung sowie sexuelle Transmission als zentrale Faktoren integriert. BV ist demnach eine polymikrobielle Infektion, gekennzeichnet durch eine Reduktion protektiver Lactobacillus-Species und eine Überproliferation BV-assoziierter Bakterien (BVaB) wie Gardnerella vaginalis u. a. Wichtig ist dabei vor allem die Aussage, dass BV als sexuell übertragbare Erkrankung anerkannt ist. Das Risiko korreliert mit der Partneranzahl. Clue Cells fungieren dabei als Vehikel für biofilmbasierte pathogene Mikrobiota, die sich zwischen Partnern übertragen können.
In einer kontrollierten Studie konnte durch Partnerbehandlung die Rezidivrate signifikant gesenkt werden (Abb.) [6]. Daraus ergibt sich eine paradigmatische Veränderung der Leitlinienempfehlung hin zur „Paarbehandlung“. Die Standardtherapie umfasst die Behandlung mit Metronidazol oder Clindamycin. Anschließend sollte eine Regeneration des Vaginalmikrobioms erfolgen, etwa durch Laktobazillen-Supplementierung. Neue Ansätze wie Mikrobiomtransplantationen oder Suppressionstherapien befinden sich in der klinischen Prüfung.
Vortrag von Prof. Dr. med. Heinrich Rasokat (Köln) anlässlich des Gyn Updates, Berlin, März 2025