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Gynäkologie

Supplementierung

Mikronährstoffe in der Schwangerschaft

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

21.2.2022

Der Energiebedarf steigt im Verlauf der Schwangerschaft nur leicht an. Im Verhältnis dazu wächst der Bedarf an einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen oder Spurenelementen in der Schwangerschaft jedoch deutlich stärker. Eine Supplementierung ist daher sinnvoll.

Der Bedarf einer Reihe von Vitaminen und Mineralstoffen steigt in der Schwangerschaft stärker als der Energiebedarf – darauf weist u. a. die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hin [1]. Durch den Verzehr von Lebensmitteln mit hoher Nährstoffdichte (Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Milchprodukte etc.) kann demnach der Mehrbedarf der meisten Vitamine und Mineralstoffe gedeckt werden. Wichtige Mikronährstoffe wie Folsäure, Vitamin D, Eisen und Jod werden ungenügend durch die Ernährung aufgenommen [2,3]. Da viele Mikronährstoffe in verschiedenen Phasen benötigt werden (Abb.), sollte mit der Supplementierung früh begonnen werden.

Im Fokus: Folsäure, Vitamin D, Eisen, Jod

Ein optimaler Schutz besteht bei einer erythrozytären Folsäurekonzentration > 900 nmol/l. Damit sinkt das Risiko für Neuralrohrdefekte (NTD) um 40 % [4]. Die Empfehlung für Frauen bei Kinderwunsch und mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels lautet mindestens 400 µg Folsäure/Tag [5]. Bei der Planung einer Schwangerschaft sollte mit der Folsäureprophylaxe generell bereits vor der Schwangerschaft begonnen werden.

Eine Unterversorgung mit Vitamin D hat sowohl Konsequenzen für die Schwangere als auch für die Entwicklung des Fetus [6]. Um einen ausreichenden Vitamin-D-Spiegel zu erreichen, wird von der DGE eine Supplementation von 600 bis 800 IE pro Tag für alle Schwangeren empfohlen [7]. Orthomolekularmediziner empfehlen bis 3 500 IE.

In Deutschland wurde bei Frauen zwischen 18 und 49 Jahren eine mittlere Einnahme von 11 bis 12 mg Eisen pro Tag ermittelt [3]. Eine Schwangerschaft führt zu einem vergleichsweise hohen Nettoverlust von 600 bis 700 mg ­Eisen, was besonders bei bereits bestehender Unterversorgung kritisch werden kann [8]. Etwa 25 % aller Schwangeren in Europa haben einen Eisenmangel, der Frühgeburten und niedriges ­Geburtsgewicht begünstigt.

Bis zur 20. Woche ist der Fetus vollständig von mütterlichem Thyroxin abhängig. Dies erfordert eine um 50 % höhere Aktivität der mütterlichen Schilddrüse und höhere Jodversorgung. Bereits eine moderate Unterversorgung kann zu einer eingeschränkten kognitiven Entwicklung des Kindes beitragen [9]. In Deutschland wird Schwangeren eine zusätzliche Jodeinnahme von 100 bis 200 μg täglich empfohlen [10].

Cholin und weitere Mikronährstoffe

Die ernährungsphysiologische Rolle von Cholin wurde erst in den vergangenen Jahren intensiv untersucht. Cholin spielt eine wichtige Rolle im Homocysteinstoffwechsel und trägt zur Aufrechterhaltung von Leberfunktion und Fettstoffwechsel bei. Der Fötus ist nicht in der Lage, genügend eigenes Cholin zu produzieren und ist daher auf den Transfer von mütterlichem Cholin angewiesen, um ausreichende Level zu erreichen. Fehlt Cholin, kann Folat den Abbau von Homocystein teilweise übernehmen. Bei unzureichender Cholinversorgung wird mehr Folat benötigt, es kann zu einer Imbalance im Folatstoffwechsel kommen [11]. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) betont, dass der Cholinbedarf während der Schwangerschaft bzw. Stillzeit um 20–30 % erhöht ist [12], und dieser erhöhte Bedarf kann nicht allein durch die körpereigene Produktion gedeckt werden.

Während Schwangerschaft und Stillzeit wird ein ­gesteigerter Umsatz von Biotin beobachtet [13],  auch für Vitamin B6, Vitamin B12 und Vitamin A wird ein erhöhter Bedarf diskutiert. Von den Spurenelementen stehen Calcium und Zink im Fokus. Ist die Zufuhr nicht adäquat, so kommt es bei der Mutter zu einer Abnahme der Knochendichte und beim Fetus zu Wachstumsstörungen und niedrigem Geburtsgewicht. Zink ist für fetales Wachstum und die postnatale Entwicklung besonders wichtig [14]. Die Bedeutung der Omega-Fettsäuren behandelt der Beitrag auf Seite 32–33.

1 www.dge.de/wissenschaft/ernaehrungsberichte/14-dge-ernaehrungsbericht/
2 Gose M et al., Br J Nutr 2016; 115: 1498–1507
3 www.mri.bund.de/de/institute/ernaehrungsverhalten/forschungsprojekte/nvsii, Stand: 08.01.2022
4 Abramsky L et al., Lancet 2002; 359: 2039
5 Koletzko B, Dtsch Arztebl 2013; 110: A-612 / B-544 / C-544
6 Hollis BW et al., Am J Clin Nutr 2006; 84: 273–279
7 DGE, Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr 2017, Bonn
8 Bothwell TH, Am J Clin Nutr 2000; 72: 257–264
9 Puig-Domingo L et al., Curr Clin Pharmacol 2013; 8: 97–109
10 Gemeinsamer Bundesausschuss 2003, Mutterschafts-Richtlinien
11 Obeid R, Nutrients 2013; 5: 3481–3495
12 European Food Safety Authority, EFSA Journal 2016;4484–4554
13 Perry CA et al., J Nutr 2014; 144: 1977–1984
14 FAO / WHO: Vitamin and mineral requirements in human nutrition 2004

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