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Sonderredaktion

Medikamentenporträt

Medikamentöse Unterstützung bei der Gewichtsreduktion

11.2.2022

Adipositas ist eine besondere Herausforderung. Zwischen den in ihrer Wirksamkeit limitierten Lebensstilinterventionen [1,2] und der bariatrischen Chirurgie klafft eine große Versorgungslücke. Der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid kann helfen, diese Lücke zu schließen und ist zugelassen als Ergänzung zu Lebensstilmaßnahmen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren [3].

Während die gesundheitliche Relevanz von Übergewicht (BMI 25– ≤ 30 kg/m2) wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt ist, sind die ungünstigen Effekte von Adipositas (BMI ≥ 30 kg /m2) auf Morbidität und Mortalität eindeutig [4]. Ab einem BMI von 30 kg/m2 nimmt das Mortalitätsrisiko, ebenso wie das Risiko für zahlreiche Krankheiten, deutlich zu. Die Adipositasprävalenz unter Erwachsenen ist in den unteren Einkommensschichten rund doppelt so hoch wie in den oberen [5].


Adipositas und Fertilität

Neben den vielfältigen Auswirkungen der Adipositas auf den Körper stehen aus gynäkologischer Sicht die Themen Fertilität und Schwangerschaft im Vordergrund. Adipositas ist einer der wesentlichen Risiko­faktoren für die Entstehung des polyzystischen Ovarsyndroms (PCOS). Die daraus resultierende ­Hyperandrogenämie führt zu einer Störung der gonadalen Achse, dadurch wird die Follikel­reifungsstörung verstärkt. Patientinnen mit einem PCOS haben daher häufig eine stark eingeschränkte Fertilität [6].

In der Behandlung adipöser Frauen mit Kinderwunsch steht an erster Stelle daher die Gewichtsreduktion. Frauenärzte sollten das Thema mit ­Patientinnen im fertilen Alter aktiv ansprechen und auch mögliche Lösungsansätze anbieten. Durch eine Gewichtsreduktion lässt sich die Erfolgsrate reproduktionsmedizinischer Maßnahmen signifikant­ steigern. Frauen, die sich in eine reproduktionsmedizinische Behandlung begeben, sollten vor Beginn der Behandlung daher nachdrücklich über den Nutzen einer Gewichtsreduktion aufgeklärt werden [7].


Ein effizienter Regelkreis

Adipositas ist mehr als ein Bilanzunterschied zwischen Energieaufnahme und -verbrauch. Denn um ein einmal erreichtes Gewicht zu verteidigen, reguliert das Gehirn den Stoffwechsel über ein fein abgestimmtes System aus Hormonen und Kontrollsignalen. Insulin und komplexe Feedback-Mechanismen im Gehirn spielen dabei genauso eine zentrale Rolle wie die rund 3 000 AgRP-Zellen im Hypothalamus. Dieser Prozess lässt sich nicht willkürlich steuern und das System ist hocheffizient, steuert präzise und ist auch noch redundant angelegt [8]. Primäres Präventionsziel bei Patientinnen mit ­Gewichtsproblemen ist eine Gewichtsstabilisierung. Ist das Ausgangsgewicht zu hoch, sollte diesem Schritt eine Gewichtsreduktion vorausgehen.

Schnell sorgen Leptine für Hunger und in der Folge sucht man nicht nur Nahrung, sondern auch solche, die viele Kalorien verspricht. Bei Gewichtsabnahme wird zudem der Grundumsatz herunter reguliert. In der Folge müssen für eine anhaltende Gewichtsreduktion die Anstrengungen nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar intensiviert werden. Damit erfüllt Adipositas die Definition einer chronischen Erkrankung. Sie ist nicht heilbar und wenn man mit der Behandlung aufhört, kommen die Symptome, hier das Gewicht, sofort zurück. Eine Behandlung muss also lebenslang durchführbar sein und damit scheiden alle Arten von Extremtherapien aus.

Mit einer Lifestyle-Behandlung (Ernährungsumstellung, Bewegungsprogramm, Beratung) kann man selbst bei motivierten Patienten, die an einem Programm teilnehmen, langfristig im Schnitt nur 3–5 % Gewicht reduzieren [1,2]. Durch bariatrische Chirurgie sind 20–30 % zu erreichen, das Verfahren ist aber aktuell eher auf Patienten mit einem BMI ≥ 40 beschränkt, weil die Ressourcen limitiert sind.

Dazwischen gibt es eine Versorgungslücke, die durch medikamentöse Maßnahmen geschlossen werden kann. Schon seit mehr als 20 Jahren ist bekannt, dass „glucagon-like peptide 1“ (GLP-1) eine Sättigungs­wirkung besitzt, die über periphere und zentralnervöse Mechanismen vermittelt wird. Mit der Einführung von GLP-1-Rezeptor-Agonisten in die Therapie des Typ- 2-Diabetes hat sich gezeigt, dass eine moderate gewichtssenkende Wirkung auch bei dieser Indikation nachweisbar ist. Diese Beobachtung ­führte zur Entwicklung von Liraglutid 3,0 mg (Saxenda®) als spezifisches Medikament zur Gewichtssenkung.

Gute Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit

Wirksamkeit und Sicherheit von Liraglutid bei nicht diabetischen Patienten mit Übergewicht wurden unter anderem im Rahmen der Studie ­„SCALE – ­Obesity and Pre-Diabetes“ untersucht [9]. Unter einer Dosierung von 3 mg/Tag s. c. wurde bei Menschen mit ­Adipositas (mittlerer Ausgangs-BMI von 38,3 kg/m2) über eine Behandlungsdauer von 56 Wochen eine Gewichtssenkung in der Liraglutid-Gruppe im Mittel (±SD) von 8,0 ± 6,7 % (8,4 ± 7,3 kg) ihres Körper­gewichts beobachtet, während die Patienten in der Placebo-Gruppe im Mittel 2,6 ± 5,7 % (2,8 ± 6,5 kg) verloren hatten (Abb. 1). Hintergrundtherapie für alle Patienten war eine energiereduzierte Diät sowie eine Beratung hinsichtlich körperlicher Aktivität. Der Gewichtsverlust mit Liraglutid wurde über 56 Wochen aufrechterhalten und war unabhängig vom Prädiabetes-Status ähnlich.

Der Anteil der Patienten, der mindestens 5 % des Körpergewichts (63,2 % vs. 27,11 %), mehr als 10 % des Körpergewichts (33,1 % vs. 10,6 %) und mehr als 15 % des Körpergewichts (14,4 % vs. 3,5 %) verlor, war in der Liraglutid-Gruppe signifikant größer als in der Placebo-Gruppe (Abb. 2). Die Liraglutid-Gruppe wies auch eine stärkere Reduktion des mittleren Taillenumfangs und BMI auf als die Placebo-Gruppe. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle, die nach Beginn der Behandlung bei etwa einem Drittel der Teilnehmer auftraten und meist nach wenigen Wochen wieder verschwanden. Es kam deswegen nur selten zu einem Therapieabbruch [3].

FAZIT:

Bei der Behandlung der Adipositas gibt es eine Versorgungslücke zwischen einer Lifestyle-Intervention (Ernährungsumstellung, Bewegungs­programm, Verhaltenstherapie) und der bariatrischen Chirurgie. Diese Lücke kann durch medikamen­töse Maßnahmen geschlossen werden. Der GLP-1-Rezeptor-Agonist Liraglutid (Saxenda®) ist als spezifisches Medikament zur Gewichtsregulierung als Ergänzung zu Lebensstilmaßnahmen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren zugelassen. In den Zulassungsstudien hatte Liraglutid bei einer Dosierung von 3 mg/Tag s. c. über eine Behandlungsdauer von 56 Wochen eine klinisch relevante und signifikant höhere Gewichtssenkung bewirkt als Placebo.

Steckbrief Saxenda (Liraglutid) mit Pflichttext

1 Nan LV et al., Prev Med 2017; 100: 180–193
2 Hassan Y et al., Clin Obes 2016; 6: 395–403
3 Fachinformation Saxenda®, aktueller Stand
4 AWMF, Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur ­Prävention und Therapie der Adipositas 2014, ­Registernummer 050/001
5 Hoebel J et al., Obes Facts 2019; 12: 344–356
6 Lim SS et al., Obes Rev 2013; 14: 95–109
7 Clark AM et al., Hum Reprod 1998; 13: 1502–1505
8 Kern W, Adipositas 2017; 11: 100–107
9 Pi-Sunyer X et al., N Engl J Med 2015; 373: 11–22

Impressum

Bericht | Redaktion | Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Novo Nordisk Pharma GmbH (Mainz)

Bildnachweis: privat

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