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Gynäkologie

Röteln, CMV & Co

Infektionen in der Schwangerschaft

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

Infektionen während der Schwangerschaft sind in Deutschland nicht sehr häufig, können für den Fetus aber gefährlich sein. Die Prognose ist heterogen und hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Infektion in der Schwangerschaft ab. Besonders gefürchtet sind Röteln und das Cytomegalievirus (CMV).

Viele Infektionen in der Schwangerschaft werden von der Mutter kaum bemerkt, aber bedrohen den Fetus. Die Bandbreite möglicher Schäden ist groß und reicht von der leichten Infektion über Fehlbildungen und zerebrale Retardierung bis zur Totgeburt. Durch lange Zeit hohe Impfquoten der Kinderkrankheiten und konsequente Betreuung während der Schwangerschaft sind die Zahlen aber rückläufig. Die klassischen Infektionswege sind (Abb.):

• die hämatogene Infektion über das Blut (vor allem Viren wie das Röteln- und das Cytomegalievirus sind hier zu nennen)
• aufsteigend aus der Vagina durch die Eihäute (dies ist eher ein Infektionsweg für Bakterien wie Streptokokken)

Zudem können Infektionen gegen Ende der Schwangerschaft diaplazentar sowie beim Durchtritt durch den Geburtskanal übertragen werden.

Abbildung der Infektionswege

Infektionsassoziierte Komplikationen

Virusinfektionen bedeuten insbesondere bis zur 20. Schwangerschaftswoche (SSW) die größere Gefahr für das Kind, da hier mit den größten Schäden zu rechnen ist. Viren schädigen normalerweise durch Zerstörung derjenigen Zellen, in denen sie sich vermehrt haben. Während der Geburt sind besonders die bakteriellen Infektionen durch Auslösung stärkerer Entzündungsreaktionen bedrohlich [1].

Auch die Reaktivierung latenter mütterlicher Infektionen durch das Herunterfahren des Immunsystems in der Schwangerschaft ist möglich. Das gilt besonders für Herpes- und Papillomviren. Da der Erreger aber durch die Antikörper im Blut weitgehend inaktiviert wird, ist die Gefahr für den Fetus hier deutlich geringer als bei einer Primärinfektion [1].

Röteln

Die Infektion mit dem Rötelnvirus in der Frühschwangerschaft führt in einem hohen Prozentsatz zu einer irreversiblen Schädigung des Kindes. Betroffen sind je nach Zeitpunkt der Infektion die Augen (Katarakt), das Herz (Missbildungen), das Innenohr (Schwerhörigkeit) und möglicherweise das zentrale Nervensystem mit mentaler Retardierung, die jedoch oft erst später zu erkennen ist. Bei sicherem Nachweis einer Rötelninfektion des Kindes in den ersten 14 Wochen wird heute allgemein ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt, da das Schädigungsrisiko sehr hoch ist [1].

Das Rötelnvirus gehört zur Gruppe der Togaviren, einer Gruppe mit einzelsträngiger RNA. Die Über­tragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion und dann transplazentar auf den Fetus. Durch die Impfung und konsequente Immunüberwachung der Schwangeren werden heute so gut wie keine Röteln-Embryo­pathien mehr in Deutschland gesehen. Weit über 90 % der Erwachsenen besitzen Antikörper gegen das Rötelnvirus [1].

Cytomegalievirus

Etwa 2 bis 6 von 1 000 Kindern sind bei Geburt mit dem Cytomegalievirus (CMV) infiziert. Die Prognose ist heterogen und hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Infektion in der Schwangerschaft ab. Es sind auch hier vor allem Primärinfektionen im ersten Trimenon, die mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet sind, bei einer fetalen Infektion im dritten Trimenon ist nicht mehr von einer schweren Entwicklungsstörung auszugehen [2]. Auch seropositive Schwangere sind nicht völlig vor einer CMV-Infektion in der Schwangerschaft geschützt.

Vor allem Infektionen im ersten Trimenon mit konsekutiver materno-fetaler Transmission bis zur 20.–23. SSW sind von Bedeutung. Das adäquate Management beinhaltet immer auch die Fruchtwasserpunktion nach der 20. SSW, um die materno-fetale Transmission erkennen bzw. ausschließen zu können. Ist es bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu einer Transmission gekommen, ist das Risiko einer schwerwiegenden kindlichen Schädigung abgewendet. Sollte es jedoch zur Transmission gekommen sein, steigt das Risiko einer Schädigung auf etwa 25 % [2].

Die Vermeidung einer kindlichen Entwicklungsstörung durch eine pränatale CMV-Infektion ist auf drei Ebenen möglich [2]:

• Prävention der maternalen Primärinfektion. ­Viele Frauen sind sich über die möglichen Folgen einer CMV-Infektion in der Schwangerschaft nicht bewusst, sodass die gynäkologische Betreuung vor Eintritt oder zu Beginn der Schwangerschaft eingehende Aufklärungsarbeit leisten sollte. Dabei muss auf die typischen Infektionswege und die Hygienemaßnahmen eingegangen werden. Besonders gefährdet sind Schwangere mit einem Kleinkind in einer Tageseinrichtung.

• Prävention der Transmission nach erfolgter ­maternaler Primärinfektion. Hier wird der Einsatz von Hyperimmunglobulinen (HIG) diskutiert. Damit können Schwangere so rasch wie möglich nach Diagnose mit HIG bis zur Amniozentese in der 20. SSW behandelt werden.

• Prävention einer fetalen Symptomatik nach erfolgter Transmission. Nach gesicherter materno-fetaler Transmission kann versucht werden, bei Feten mit sonografischen bzw. laborchemischen Hinweisen auf einen symptomatischen Verlauf der intrauterinen CMV-Infektion das Fortschreiten der Erkrankung durch antivirale Medikamente aufzuhalten.

Unabhängig ob die Prävention einer mütterlichen Primärinfektion im Risikokollektiv, die Vermeidung einer Transmission oder die Behandlung eines symp­tomatischen Feten im Mittelpunkt steht, sollte nach einer CMV-Problematik in der Schwangerschaft das Neugeborene innerhalb der ersten Lebens­woche auf eine kongenitale CMV-Infektion getestet werden [2].

1 Petersen EE, Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe, 5. Auflage, Thieme 2010
2 Kagan KO, Hoopmann M, Privatarzt Gynäkol 2019; 10: 16–18

Bildnachweis: cako74 (gettyimages)

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