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Allgemeinmedizin

Familiäre dilatative Kardiomyopathie (DCM)

Aspekte der klinischen DCM-Manifestation genauer beleuchtet

Leoni Burggraf

9.12.2025

Trunkierte Varianten im TTN-Gen (TTNtv) zählen zu den häufigsten genetischen Ursachen einer dilatativen Kardiomyopathie (DCM). Welche Aspekte eine klinische Manifestation begünstigen, wurde nun in einer retrospektiven Beobachtungsstudie an Familien mit TTNtv-assoziierter DCM untersucht.

Bei Titin handelt es sich um das größte Protein im menschlichen Körper, das im Herz- und Skelettmuskel exprimiert wird und eine zentrale Aufgabe in Muskelfasern übernimmt. Entsprechend wirkt sich eine Mutation negativ auf beispielsweise die Herzgesundheit aus. Denn durch das verkürzte Protein entstehen weniger kontraktile Einheiten im Herzmuskel, sodass dieser geschwächt wird und eine Herzinsuffizienz nach sich zieht.

Die DCM ist eine weitverbreitete Herzmuskelerkrankung, die mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität einhergeht. Im Gegensatz zu anderen Kardiomyopathie-Formen geht die dilatative Kardiomyopathie nicht mit einer Ventrikelhypertrophie einher. Im Gegenteil, die Myokardwand erscheint eher ausgedünnt. Verschiedene Gendefekte, die mit DCM assoziiert sind, wurden bereits identifiziert. Etwa 10 –20 % der sporadischen Fälle und bis zu 25 % der familiär bedingten DCM lassen sich auf TTNtv zurückführen.

Doch nicht bei allen Betroffenen mit derselben TTNtv-Variante stellt sich eine klinische Manifestation der Erkrankung zum selben Zeitpunkt ein. Welche Faktoren die Manifestation beschleunigen bzw. verzögern, sollte genauer beleuchtet werden. Denn die Auswirkungen von TTNtv auf die Herzfunktion werden wahrscheinlich durch genetische Hintergrundfaktoren, Begleiterkrankungen und den Lebensstil jeder einzelnen Person beeinflusst.

Studiendesign und Einschlusskriterien

Für die Studie wurden Familien mit DCM über einen Zeitraum zwischen 1993 und 2023 in 41 klinischen Zentren aus 12 Ländern identifiziert. Eine DCM-Diagnose der Probanden und Probandinnen lag dann vor, wenn eine linksventrikuläre (LV) oder biventrikuläre systolische Dysfunktion und Dilatation vorlagen, die nicht allein durch abnormale Belastungsbedingungen oder eine koronare Herzkrankheit erklärt werden konnte. Die familiäre Belastung wurde bestätigt, wenn ein oder mehrere Verwandte ersten oder zweiten Grades ebenfalls an DCM litten oder eine verwandte Person jeden Alters mit einer bestätigten DCM-Diagnose einen anderweitig ungeklärten plötzlichen Herztod erlitten hatte.

Bei diesen Familien wurden eine Anamnese, körperliche sowie kardiologische Untersuchungen durchgeführt. Ab 2012 erfolgten zusätzlich genetische Tests, nachdem Next-Generation-Sequencing-Techniken zur Verfügung standen.

In die Studie eingeschlossen wurden dann Familien, bei denen eine verdächtige krankheitsverursachende TTNtv identifiziert worden war und deren Verwandten Gentests angeboten worden waren.

Risikofaktoren für einen früheren Krankheitsbeginn

Insgesamt wurden 3 158 Personen aus 1 043 Familien untersucht. Fast alle TTNtv-positiven Studienteilnehmende waren heterozygot mit einer TTNtv-Variante (98,6 %). Drei Personen hatten jeweils eine unterschiedliche Mutation in den beiden Kopien des TTN-Gens und 30 weitere hatten zusätzlich zur TTNtv-Mutation noch eine Mutation in einem anderen mit DCM assoziierten Gen.

Es zeigte sich, dass TTNtv-positive Patientinnen und Patienten ein 21-mal höheres Risiko aufwiesen, an DCM zu erkranken als TTNtv-negative Betroffene. Auch trat bei ihnen die Erkrankung im Vergleich zu Familienmitgliedern früher in Erscheinung. Bei 88 % der TTNtv-positiven Erkrankten entwickelte sich die DCM bis zum Alter von 70 Jahren. Darüber hinaus war das männliche Geschlecht ebenfalls ein Indikator für einen früheren Krankheitsbeginn.

Bei Mutation im TTN-Gen steigt das Risiko, an DCM zu erkranken, bis auf das 21-Fache an. Kardiovaskuläre Risiko­faktoren spielen zusätzlich eine Rolle.

Auch das Vorliegen kardiovaskulärer Risikofaktoren war – unabhängig vom Geschlecht – eng mit einer frühen DCM-Diagnose assoziiert. Dazu zählten u. a. starker Alkoholkonsum, Adipositas, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, ischämische Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen und Schilddrüsenerkrankungen, aber auch eine Schwangerschaft oder Anthrazyklin-Chemotherapie.

Allen voran erhöhte eine Vorgeschichte von Vorhofflimmern das Risiko für DCM um das Zweifache. Hier wurde noch unterschieden zwischen Betroffenen, die Vorhofflimmern bereits vor der DCM hatten, und solchen, bei denen sich die Arrhythmie erst später entwickelte, da Rhythmusstörungen auch eine häufige Komplikation der DCM sind. Die Prävalenz klinischer Risikofaktoren stieg mit zunehmendem Alter an und reichte von 28 % bei Erkrankten mit früh auftretender DCM bis zu 68 % bei spät auftretender DCM.

Zu den Faktoren, die vor einem Ausbruch der Erkrankung schützen könnten, zählte eine medikamentöse Therapie mit β-Adrenorezeptor- oder RAS-blockierenden Medikamenten. Auch konnte eine Tendenz beobachtet werden, dass eine regelmäßige moderate bis intensive körperliche Betätigung im Vergleich zu einem sitzenden Lebensstil positive Auswirkungen hatte, insbesondere bei Frauen.

Die Studie konnte zeigen, dass TTNtv-positive Mitglieder von Familien mit DCM davon ausgehen können, im Laufe ihres Lebens ebenfalls an dieser Krankheit zu erkranken.

Abgesehen vom Alter und dem männlichen Geschlecht wies ein Vorhofflimmern den stärksten positiven Zusammenhang mit DCM auf. Bei der Mehrheit dieser Betroffenen konnte sowohl eine TTNtv als auch ein oder mehrere etablierte klinische Risikofaktoren für Vorhofflimmern nachgewiesen werden.

Davon unabhängig beeinflusst die kardiometabolische Gesundheit ebenfalls den Ausbruch der DCM. So wurde jede fünfte Person der unter 30-jährigen DCM-Patienten und -Patientinnen als krankhaft adipös eingestuft. Entsprechend könnte sich ein effektives Management der Risikofaktoren positiv auf die klinische Manifestation der DCM auswirken.

Johnson R et al., European Heart Journal 2025; ehaf380. doi: 10.1093/eurheartj/ehaf380. Online ahead of print.

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