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Allgemeinmedizin

Meist multifaktoriell bedingt

Erektile Dysfunktion

Dr. med. Andres Melchior

24.9.2021

Die steigende Lebenserwartung und ein zunehmend stressbelastetes Leben gelten als wesentliche Risiken für dauerhafte Erektionsstörungen. Dass eine ernst zu nehmende Erkrankung dahinter steckt, ist unbedingt vor Beginn der Behandlung auszuschließen.

Die mittlere Lebenserwartung von Männern hat sich in Deutschland zwischen 1880 (35,6 Jahre) bis 1970 (70,6 Jahre) verdoppelt und ist bis 2017 um weitere 10 Jahre (81 Jahre) gestiegen. Damit erleben immer mehr Männer die Probleme des Alterns. Eines davon ist die Impotenz. In der „Cologne Male ­Survey“ aus dem Jahr 2000 unter 5 000 Männern gaben 2,3 % der 30- bis 39-jährigen und 9,5 % der 40- bis 49-jährigen Erektionsstörungen an. Im Alter von 50 bis 59 Jahren waren es bereits 15,7 %, zwischen 60 und 70 Jahren schon 34,4 % sowie im Alter zwischen 70 und 80 Jahren 53,3 %. Die mangelnde Versteifung des Penis bzw. die ungenügende Dauer der Versteifung wird als erektile Dysfunktion (ED) oder als Impotenz bezeichnet. ­Davon zu trennen ist eine mangelnde Libido. Eine länger andauernde Erektionsstörung ist eine Krankheit. Die Ursachen können sehr verschieden sein, wobei häufig mehrere Risikofaktoren zusammen kommen.

Etwa 34,4 % der Männer zwischen 60 und 70 Jahren haben Probleme mit der Erektion.

Die ED kann idiopathisch oder als Folge einer ­Gesundheitsstörung, die zu einem verminderten arteriellen Blutfluss in die Schwellkörper führt oder die nervale Funktion stört, bedingt sein. Dazu zählen z. B. Hypertonie, Diabetes mellitus, Nikotinabusus, Adipositas, metabolisches Syndrom, Hypogonadismus, arteriöse Verschlusskrankheit, Polyneuropathie, LWS-Syndrom und Tumoren im kleinen Becken. Sie kann aber auch iatrogen infolge von Operationen an der Prostata, Rektum oder LWS entstehen. Früher litten Patienten nach einer radikalen Prostatektomie unter einer schweren ED. Aufgrund der immer besseren Ergebnisse der nerverhaltenden Prostatektomie sind die meisten Männer postoperativ zumindest mit Phosphodiesterase(PDE)-5-Inhibitoren potent. Nicht zuletzt können Medikamente Einfluss auf die Erektionsfähigkeit nehmen, z. B. Antihypertonika, insbesondere Betablocker. Die Stimulation des vegetativen Nervensystems, das Einfluss auf die Penisgefäße nimmt, bewirkt die Erektion. Der Parasympathikus ist proerektil, der Sympathikus ist antierektil. Das bedeutet, etwas plakativ formuliert: Wenn der Säbelzahntiger vor einem steht, soll Mann keine Erektion bekommen, sondern ­wegrennen! Jede Form von Stress, auch unbewusster, wirkt anti-erektil. So durchleidet jeder Mann früher oder später einmal Erektionsstörungen. Problematisch ist, wenn Mann sich dieses Ereignis zu Herzen nimmt. Versagensangst ist eine der häufigsten Ursachen der ED. Die sexuelle Erregung geht beim Mann mit einer Tumeszenz des Penis einher, die sich bis zur vollständigen Erektion mit voller Rigidität dieses Organs aufbaut. Der Erektionsvorgang ist unabhängig von der Libido, der Orgasmusfähigkeit oder der Ejakulation.  Der Penisschwellkörper ist eine Art Schwamm, der aus Millionen kleiner Muskelzellen besteht. Die durch das Nervensystem hervorgerufene Relaxation dieser Muskelzellen führt über eine Weitstellung der cavernösen Räume zu einer deutlichen Erhöhung der Blutzufuhr und so zur Größenzunahme. Die größtmögliche Rigidität wird durch die fast vollständige Drosselung des venösen Abflusses der Schwellkörper erreicht, da die Venen durch die anschwellenden Arterien komprimiert werden.

Notwendige ärztliche Untersuchungen

Obwohl eine Erektionsstörung mit zunehmendem Alter häufiger anzutreffen ist, kann sie meist gut therapiert werden. Da sie Folge einer bislang unentdeckten, schwerwiegenden Erkrankung (z. B. ­koronare Herzkrankheit) sein kann, sollte vor Einleitung einer Behandlung unbedingt eine gründ­liche ärztliche Anamnese inklusive Medikamentenanamnese und Sexualanamnese sowie eine körperliche Untersuchung erfolgen. Im Einzelfall kann eine Doppler-Sonografie der A. penis profunda nach Injektion von 10–20 µg Alprostadil erfolgen – insbesondere vor Einleitung und zur Einweisung einer SKAT (Schwellkörper-Autoinjektionstherapie). Speziellere Untersuchungen wie nächtliche Schwellkörpertonusmessungen oder Kontrastmitteldarstellung der Schwellkörper werden nur noch selten in speziellen Zentren durchgeführt.

Behandlungsmöglichkeiten

Heute werden Erektionsstörungen je nach Ursache, unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen und gemäß den Vorstellungen der Patienten individuell und gezielt therapiert. Dafür stehen verschiedenste medikamentöse, apparative, psychologische und operative Verfahren zur Verfügung. Zunächst sollten die Risikofaktoren möglichst reduziert bzw. Noxen vermieden werden. Bei Bedarf ist die Einstellung des Blutzuckers, eine Gewichtsreduktion und Nikotinkarenz sinnvoll. Autogenes Training hilft beim Stressabbau, und Beckenbodengymnastik verbessert die Blutzufuhr zum Schwellkörper. PDE-5-Inhibitoren (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil, Avanafil) verhindern den Abbau von cAMP und cGMP. Dadurch kommt es zu einem Anstieg der intrazellulären Botenstoffe, was über eine komplexe Kaskade zur Relaxierung der glatten Muskelzelle führt. Die Vakuumpumpe kann die Wirkung von PDE-5-Inhibitoren unterstützen oder wird zur „Schwellkörpergymnastik“ nach radikaler Prostatektomie empfohlen. Die alleinige Therapie mit Vakuumpumpe und Penisring ist wenig Erfolg versprechend. Zum einen kann nur die äußere Hälfte des Schwellkörpers steif werden, wodurch die Stabilität fehlt, und zum anderen fühlt sich der Penis für die Partnerin gestaut und kalt an. Wirken PDE-5-Inhibitoren nicht ausreichend, kann eine SKAT indiziert sein. Hierbei wird das Prostaglandin Alprostadil mit einer sehr feinen Nadel in den Schwellkörper injiziert. Die Wirkung ist unabhängig von der sexuellen Stimulierung und nervalen Versorgung und wirkt daher auch nach Durchtrennung der Nn. cavernosi. Die Wirkung tritt nach ca. 10–20 Minuten ein und hält für 2–3 Stunden an. Die Behandlung mit Testosteron ist nur bei nachgewiesenem Hypogonadismus indiziert.

Die Ursachen der ED sind vielfältig und mit den modernen Medikamenten i. d. R. sehr gut behandelbar. Für den Erfolg der Behandlung ist eine ausführliche Beratung ausgesprochen wichtig.

Der Autor

Dr. med. Andres Melchior
Facharzt für Urologie
06198 Salztal OT Schiepzig

melchior@urologie-halle.de

Literatur beim Autor

Bildnachweis: privat

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