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Dermatologie

Brandverletzungen

Stellenwert moderner Wundauflagen

Dr. med. Ina Nietzschmann

26.2.2024

Eine Vielzahl von Wundauflagen bieten sich nicht nur für die Behandlung von Verbrennungen an, sondern haben hier sogar ihren Ersteinsatz, um später Verwendung bei der Therapie chronischer Wunden zu finden. Ausmaß und Tiefe der Verbrennung sowie ihre Lokalisation entscheiden über ein konservatives oder operatives Vorgehen.

Die Indikation für die Aufnahme in ein Brandverletztenzentrum besteht beim Erwachsenen bei Verbrennungen 2. Grades mit > 15 % verbrannter Körperoberfläche (KOF) und Verbrennungen 3. Grades mit > 10 % KOF sowie beim Kind mit > 10 % KOF (Grad 2) bzw. > 5 % KOF (Grad 3). Ferner bei Lokalisationen wie Händen, Füßen, Gesicht, Genitalien und Gelenkbereichen und in Kombination mit Inhalationstraumata oder weiteren Begleitverletzungen sowie bei Elektrounfällen.

Die im folgenden genannten Wundauflagen ­werden bei Verbrennungen vom Grad 2a und 2a/b sowie für die temporäre Deckung bei Grad 3 zur Konditionierung verwendet. Sie sollten folgende Anforderungen erfüllen: möglichst einmalige Appli­kation, Sauerstoffdurchlässigkeit ohne Durchlässig­keit für Bakterien, Schmerzreduzierung, gute Adhärenz an das Wundbett ohne Verklebung, Eignung zum schmerzfreien Verbandwechsel, hohe Aufnahmekapazität bei Exsudation und Stimulation der Wundheilung.

Flaminal

Flaminal findet bei tieferen Verbrennungen vom Grad 2b–3 bzw. bei Mischbildern vorzugsweise im Gesichtsbereich Anwendung – entsprechend der Verbrennungswunde Flaminal hydro (leicht exsudative Wunden) oder Flaminal forte (stark exsudative Wunden). Neben dem unterschiedlichen Alginatgehalt (Flaminal hydro: niedriger; Flaminal forte: höher) spielt die Wirkung durch das Enzymsystem (Glucoseoxidase, Lactoperoxidase, Glucose, Guajacol) auf die Brandwunde eine entscheidende Rolle. Es bietet einen antimikrobiellen Schutz, vermindert die übermäßige Proteasetätigkeit und hält die Wunde sauber und feucht. Nach Auflösung des oberflächlichen Verbrennungsschorfs muss das Behandlungsregime jedoch gewechselt werden – meist auf Macrogol.

Polihexanid-Macrogol

Polihexanid-Macrogolsalbe kann in der Apotheke in bestimmter Zusammensetzung (100 g mit 0,5 g Polihexanid-Lösung 20 %, 9,5 g Aqua und 45 g ­Macrogol 300) angemischt werden. Es wirkt intrazellulär antimikrobiell (Interaktion mit negativ ­geladenen Phospholipiden, die Hauptbestandteil der Mem­branen gramnegativer und grampositiver Bakterien wie MRSA sind), gegen Biofilme (signifikante Reduktion von Pseudomonas aeruginosa), durchblutungsfördernd durch Erhöhung der Kapillardichte bzw. des Arteriolendurchmessers und wundheilungsfördernd durch Stimulation des Zellmetabolismus von Fibroblasten und behindert trotz antiinfektiver Wirksamkeit nicht die Reepithelisierung. Polihexanid-Macrogol wird bis zur Abheilung der Brandwunde verwendet.

Hydrokolloid

Hydrokolloid ist ein selbsthaftender Wundverband für Verbrennungen vom Grad 2a, der für 3–5 Tage belassen und auch in der ambulanten Weiterbehandlung problemlos verwendet werden kann (Abb. 1). Durch Bildung eines feuchten Wundmilieus wird die Epithelisierung angeregt, schmerzhafte Verbandwechsel werden reduziert.

Nachteile sind die Geruchsbelästigung durch evtl. austretendes Wundsekret und die fehlende Beurteilbarkeit der Wunde während der Applikation. Ferner eignet sich Hydrokolloid nur für die kleinflächige Anwendung.

Epicite hydro

Die Wundauflage aus biotechnologisch gewonnener Cellulose und isotonischer Kochsalzlösung mit einem Wasseranteil von mindestens 95 % ist reißfest und passt sich Wundform und -tiefe an. Sie kommt bei Gesichtsverbrennungen, v. a. vom Grad 2a, zum Einsatz. Eine Kombination von Epicite hydro mit einer antiseptischen Lösung ist durch vorheriges Eintauchen in diese über einige Minuten möglich. Epicite hydro wird direkt nach Patientenaufnahme aufgelegt und für die nächsten 48 Stunden mit Polyhexanid feucht gehalten (Abb. 2). Danach trocknet es ab, und Überstände können – auch vom Patienten selbst – abgeschnitten werden (Abb. 3).

Suprathel

Suprathel ist ein Epidermisersatz. Die resorbierbare Membran besteht aus einem Copolymer aus Polylactid und passt sich gut an alle Körperregionen an, insbesondere auch über Gelenken.

Nach dem Aufnahmeprozedere mit Ganzkörperwaschung, Rasur, Dermabrasio und Polyhexanid-Feuchtverbänden erfolgt nach 24–48 Stunden eine Reevaluierung zur endgültigen Feststellung der Verbrennungstiefe. Bei Verbrennungen vom Grad 2a/b bzw. 2b ist die Indikation für Suprathel gegeben.

Es erfolgt zunächst ein operatives tangentiales Debridement mit subtiler Blutstillung, im Anschluss die Suprathelauflage, eine Lage Fettgaze als Distanzhalter und ein Schutzverband. Am Folgetag erfolgt der ­Second-look, ggf. mit Ausbesserung von Supra­thel, anschließend bleibt der Verband für 5–7 Tage verschlossen. Nach Aufbringen auf die Brandwunde wird die Membran transparent und löst sich an wiederhergestellten Hautarealen ab. Eine einmalige Applikation ist in der Regel ausreichend. Die Betroffenen können in der Zwischenzeit bei weniger großflächigen Verbrennungen nach Hause entlassen werden.

Kerecis

Kerecis ist eine azelluläre, dermale Matrix mit Omega-­3-Fettsäuren und wird aus Vollfischhaut (Kabeljau) gewonnen. Sie ist bei Verbrennungen vom Grad 2a/b und 2b indiziert. Nach Reevaluierung im Operationssaal wird ein Debridement des Wundbettes durchgeführt und im Anschluss Kerecis auf Wundgröße zugeschnitten sowie bei Bedarf gemesht oder fenestriert (Abb. 4). Der Verband wird mit Distanzgitter, Klammern oder Unterdrucktherapie (VAC) zur Fixation angelegt. Im weiteren Verlauf wird die Wunde durch eine Hauttransplantation verschlossen.

BTM

BTM (Biodegradable Temporising Matrix) besteht aus einem synthetischen Polymer, das keine biologischen Materialien enthält – somit bietet es keinen zusätzlichen Nährboden für Bakterien –, und wird bei Verbrennungen vom Grad 3 als Dermisersatz verwendet. Nach Einlage von BTM im chirurgisch sauber debridierten Wundbett ist die Brandwunde somit physiologisch verschlossen, das Infektionsrisiko minimiert und der Feuchtigkeitsverlust durch Verdunstung reduziert. Die Integration findet durch zelluläre Infiltration über etwa 3 Wochen statt. ­Danach wird die Versiegelungsmembran entfernt und die Brandwunde durch Spalthaut/Meek/Sheet verschlossen. BTM wird abgebaut und ist nach 12–18 Monaten vollständig resorbiert.

Fazit

Es gibt eine Vielzahl von Wundauflagen und Hautersatzmaterialien, die bei der Behandlung von Verbrennungen sinnvoll eingesetzt werden können. Wichtig ist die diagnosegerechte Indikationsstellung, um die Wundheilung der Betroffenen maximal zu unterstützen.

Die Autorin

Dr. med. Ina Nietzschmann
Fachärztin für Chirurgie sowie Plastische und Ästhetische Chirurgie
BG Klinik Bergmannstrost Halle/Saale

Ina.Nietzschmann@bergmannstrost.de

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: privat

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