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Nephrologie

Gefäßstatus bei geriatrischen Patienten verbessern

Bicarbonat reduziert Atherosklerose-Risiko

Dr. med. Peter Stiefelhagen

Die chronische metabolische Azidose (cmA) ist unter anderem mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert, von welchem insbesondere ältere, niereninsuffiziente Patienten häufig betroffen sind. Neue Studiendaten deuten darauf hin, dass eine Korrektur der cmA mit oralem Bicarbonat das Risiko einer Atherosklerose senken und so die Gesamtsterblichkeit bei geriatrischen Patienten vermindern kann.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Nieren ist die Homöostase, die Regulation des Säure-Basen-Haushalts. Bei einer chronischen Niereninsuffizienz ist diese Funktion beeinträchtigt. Die Nieren verlieren die Fähigkeit, Ammonium auszuscheiden und Bicarbonat zu reabsorbieren. Die Inzidenz der metabolischen Azidose, die in der Regel durch einen niedrigen Bicarbonatspiegel im Serum angezeigt wird, korreliert mit dem Ausmaß der Niereninsuffizienz. Bei bis zu 13 % der Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium III und bei 37 % der Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium IV findet sich eine metabolische Azidose mit einem Bicarbonatspiegel

cmA fördert kardiovaskuläres Risiko

Eine cmA führt zu vielfältigen Symptomen. Dazu gehören neben chronischen Inflammationen, dem Abbau von Muskelproteinen, Knochenabbau, einer gestörten Glucosetoleranz, einer beeinträchtigten Albuminsynthese und dem Fortschreiten der Niereninsuffizienz auch das Auftreten verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen.[1] Eine cmA wirkt sich damit negativ auf eine Reihe physiologischer Störungen aus, die insbesondere bei älteren Patienten häufig vorkommen und deren Mortalitätsrisiko erhöhen.[2] Da auch die Nierenfunktion mit dem Alter abnimmt, ist die Behandlung einer metabolischen Azidose bei geriatrischen Patienten von hoher Relevanz, um das Fortschreiten einer Nierenerkrankung, eine Beeinträchtigung des Knochen- und Mineralstoffwechsels sowie das kardiovaskuläre Risiko zu reduzieren. Die 2019 veröffentlichte KNOW-CKD-Studie (Korean Cohort Study for Outcome in Patients with Chronic Kidney Disease) konnte nun auch den pathogenetischen Zusammenhang zwischen cmA und Arterienversteifung dokumentieren.[1]

Arterielle Versteifung als Surrogatmarker

Die Steifigkeit der arteriellen Gefäßwand wird durch die Verkalkung der Gefäßmuskulatur und der elastischen Fasern erhöht. Sie ist ein Surrogatparameter für die Atherosklerose und bei niereninsuffizienten Patienten sehr häufig. Die Bestimmung der Pulswellengeschwindigkeit (PWV) ist ein etabliertes und zuverlässiges Verfahren, um die Gefäßsteifigkeit zu messen. Sie beschreibt die Geschwindigkeit, mit der die durch Kontraktion des Herzens erzeugte Blutdruckwelle das arterielle Gefäßsystem durchläuft. Je steifer die Arterienwand, desto schneller ist die Pulswelle. Im Zuge der KNOW-CKD-Studie wurde bei 1.659 Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz mithilfe der Pulswellengeschwindigkeit die Korrelation zwischen einer metabolischen Azidose (Serumbicarbonat-Wert

Indikation für eine Bicarbonatsubstitution

Ältere Patienten mit Niereninsuffizienz sind meist multimorbid und leiden neben kardiovaskulären Er­krankungen auch an Diabetes mellitus und muskuloskelettalen Einschränkungen. Die Ergebnisse der KNOW-CKD-Studie deuten an, dass eine Korrektur der cmA mit oralem Bicarbonat nicht nur den Funktions­verlust der Niere verlangsamen, sondern auch das erhöhte Atherosklerose-Risiko und damit die Gesamtsterblichkeit senken könnte. Insbesondere ältere Patienten könnten demzufolge von einer Behandlung der metabolischen Azidose profitieren. Um eine behandlungsbedürftige metabolische Azidose nicht zu übersehen, sollte bei älteren Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz immer eine kapilläre Blutgasanalyse (BGA) durchgeführt werden. Bei einer relevanten Veränderung, d. h. einer Basenabweichung < -2,5 mmol/l, ist eine Substitution mit magensaftresistentem Bicarbonat indiziert. Es empfehlen sich je nach Ausmaß der Basenabweichung 2.000–6.000 mg Bicarbonat in mehreren Einzeldosen über den Tag verteilt. Um den Therapieerfolg zu sichern bzw. die Dosis anzupassen, sind BGA-Kontrollen unerlässlich. Die Bicarbonatsubstitution sollte bei Patienten mit einer chronischen Niereninsuffizienz zu einem unverzichtbaren Standard innerhalb der kardiovaskulären Prävention werden.

[1] Witham MD et al., Nephrol Dial Transplant. 2016; 31(11): 1796–1802
[2] Kim HJ et al., Sci Rep 2019; 9: 16139

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