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Gynäkologie

Empfehlungen für die Praxis

Uterusfehlbildungen – was operieren?

Prof. Dr. med. Thomas Römer

5.11.2020

Uterusfehlbildungen sind häufiger als allgemein angenommen. Allerdings haben diese meist nur eine Relevanz, wenn entsprechend Fertilitätsstörungen auftreten. Wichtig ist zu wissen, wann operiert werden sollte und wann nicht. Ein Überblick.

AFS-Klassifikation Hypoplasie, uterus unicornis, uterus dideplhys, uterus septus

Die Häufigkeit für eine Uterusfehlbildung lag in einer großen Metaanalyse von mehr als einer halben Millionen Frauen bei fertilen Frauen bei 0,17 %, d. h. 1:594. Bei infertilen Frauen liegt die Häufigkeit bei 1:29. Besonders hoch ist die Inzidenz bei Frauen, die an habituellen Aborten leiden, wobei hier eine Prävalenz je nach Untersuchungsmethode von 18–37 % angegeben wird. Für die Diagnostik sind verschiedene Untersuchungsmethoden geeignet, wobei diese eine unterschiedliche Sensitivität und Spezifität haben. Das MRT ist die beste Methode, allerdings mit hohen Kosten verbunden (Tab. 1). Sie führt zu einer hohen Sicherheit in der Diagnostik.

Klassifikation der Uterusfehlbildungen

Für die Klassifikation der Uterusfehlbildungen wird meistens die Klassifikation der American Fertility Society (AFS) eingesetzt, die sieben verschiedene Klassen unterscheidet (Abb. 1). Für eine bessere wissenschaft­liche Zuordnung kann auch die VCUAM-Klassifika­tion genutzt werden. Relevant im Zusammenhang mit der Fertilität sind der Uterus arcuatus, der Uterus unicornis, der Uterus septus/subseptus und der Uterus bicornis. Hier stellt sich dann die Frage: Wann ist eine operative Intervention notwendig?

Uterus arcuatus

Der Uterus arcuatus stellt eher eine physio­logische Normvariante dar. Hier besteht nur eine kleine fundale Einziehung von weniger als 1 cm. Da hier in über 65 % der Fälle Termingeburten zu verzeichnen sind, besteht keine Relevanz bei Kinderwunsch und somit auch keine OP-Indikation.

Uterus unicornis

Beim Uterus unicornis hängt das therapeutische Vorgehen davon ab, welcher der vier Subtypen vorliegt (Abb. 2). Insgesamt geht der Uterus unicornis mit einer verminderten Fertilität einher. Abortraten werden mit 29–55 %, Frühgeburtenraten mit 18–44 % und Lebendgeburtenraten lediglich mit 27–40 % angegeben. Problematisch ist unter anderem die Dysmenorrhoe, die meist durch eine Hemihämatometra verursacht wird, insbesondere beim Typ II B – Unicornis (mit nicht-kommunizierendem Horn mit Endometrium). Hier besteht auch ein erhöhtes Risiko für Endometriose. In Einzelfällen wurde auch über Schwangerschaften im rudimentären Horn berichtet. Aufgrund der Größe des Uterus ist auch mit vermehrten SGA-Kindern und Frühgeburtlichkeit zu rechnen. Die Behandlung des Uterus unicornis richtet sich deshalb danach, welcher Typ des Uterus unicornis vorliegt. Eine laparoskopische Entfernung eines rudimentären Horns ist technisch meist problemlos möglich (Abb. 3).

Uterus septus

Die mit Abstand häufigste Fehlbildung ist der ­Uterus septus. Hier ist eine Differentialdiagnostik zum Uterus bicornis immer erforderlich, weshalb zur sicheren Differenzialdiagnostik eine Laparos­kopie durchgeführt werden sollte (Abb. 4). Hysteroskopisch ist nicht sicher zu unterscheiden, ob es sich um einen Uterus septus oder Uterus bicornis handelt. Das lässt sich nur durch die Beurteilung des Fundus in der Laparoskopie feststellen (Abb. 5). Für die Septumdissektion besteht eine absolute Indikation bei habituellen Aborten und eine relative Indikation bei primärer und sekundärer Sterilität.

Die hysteroskopische Septumdissektion ist zwar technisch anspruchsvoll, stellt aber ein für die Patientin sehr einfaches Verfahren dar (Abb. 6). In einzelnen Studien konnte auch bei idiopathischer Infertilität eine Verbesserung der Schwangerschaftsraten durch eine Septumdissektion erreicht werden, sodass die Indikation bei der Septumdissektion großzügig zu stellen ist. Die Indikation für die Septumdissektion ist abhängig von der Länge und der Anzahl der Aborte. Je tiefreichender das Septum und je höher die Anzahl der Aborte in der Anamnese, desto dringlicher ist eine Septumdissektion indiziert. Die nachfolgende Inzidenz von intrauterinen Adhäsionen hängt vor allem von der Ausdehnung der Septumdissektionen ab. Wir empfehlen hier zur Adhäsionsprophylaxe eine postoperative Estrogenisierung der Patientin für drei Monate zur Anregung der Proliferation (z. B. die sequenzielle Gabe 21 Tage 4 mg Estradiol + 12 Tage 2 mg CMA). Auch die Instillation von 5 ml Hyalobarrier-Gel intrauterin am Ende der Operation reduziert das Adhäsionsrisiko. Nur bei sehr ausgedehnten, breitflächigen und tiefreichenden Septen wird eine Intrauterinspirale (Kupfer-IUD) zur Prävention von intrauterinen Adhäsionen für drei Monate empfohlen, wobei hierzu keine evidenzbasierten Daten vorliegen. In diesen Situationen wird auch nach drei Monaten eine Kontroll-­Hysteroskopie, ggf. mit intrauteriner Adhäsiolyse, empfohlen. Die Erfolgsraten der hysteroskopischen Septumdissektion zeigen eine signifikante Reduktion der Abortrate und einen signifikanten Anstieg der Lebendgeburtenrate, sodass der Eingriff eine hohe Erfolgschance hat (Abort vs. Lebendgeburt präoperativ 68,5 % vs. 17,7 %, postoperativ 11,9 % vs. 78,6 % bei einem Kollektiv von 123 Patientinnen in unserer Klinik).

Uterus bicornis

Der Uterus bicornis ist deutlich seltener als der Uterus septus. Er kann auch zu Beeinträchtigungen der Fertilität führen, wobei hier Lebendgeburtenraten von 30–50 % angegeben werden. Die Abortraten betragen bis zu 47 % und die Frühgeburtenraten bis zu 35 %. Gelegentlich können auch Unterbauchbeschwerden durch eine Hämatometra in ­einem Horn entstehen, die eine Intervention erforderlich machen. Die Indikation zur Operation wird deshalb nur bei habituellen Aborten gestellt.

Während viele Jahre die abdominale Metroplastik hier der Standard war, führen wir seit 2011 in unserer Klinik die Metroplastik auch laparoskopisch durch (Abb. 7). Dies reduziert die Morbidität und stationäre Verweildauer für die Patientinnen. Auch hier kann eine optimale Vereinigung der beiden Uterushälften erfolgen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch nach laparoskopischen Metroplastiken in 60–70 % erfolgreiche Schwangerschaften zu verzeichnen sind, wobei als Entbindungsmodus hier eine primäre Sectio empfohlen wird.

Fazit für die Praxis

An Uterusfehlbildungen sollte bei Fertilitätsstörungen gedacht werden, insbesondere wenn habituelle Aborte bekannt sind. Eine sorgfältige Differentialdiagnostik ist nötig, um eine exakte Klassifikation vorzunehmen, da davon im Wesentlichen auch das weitere Vorgehen abhängt. Während beim Uterus arcuatus keine OP-­Indikation besteht, muss beim Uterus unicornis nur ein nicht kommunizierendes rudimentäres Horn mit Endometrium zur Endometrioseprophylaxe und Vermeidung einer Hämatometra entfernt werden. Beim Uterus septus/subseptus sollte bei allen Kinderwunschpatientinnen großzügig eine Septumdissektion durchgeführt werden. Beim Uterus bicornis ist die Operationsindikation strenger zu stellen. Nur beim Vorliegen von habituellen Aborten oder bei einer bestehenden Hemihämatometra besteht die Indikation zur Metroplastik, die heute auch bei entsprechender Expertise laparoskopisch durchgeführt werden kann.

Literatur beim Autor

Bildnachweis: Prof. Dr. med. Thomas Römer (iStockphoto)

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