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Dermatologie

Radiodermatitis

Bestrahlungsfolgen verhindern und behandeln

Angelika Ramm-Fischer

10.5.2023

Auch wenn die Behandlung mit ionisierenden Bestrahlungen in der Onkologie schonender geworden ist, kommt es immer wieder zu progredienten Hautschäden, die vom Erythem bis zu Ulzerationen reichen. Damit diese möglichst gering ausfallen, ist eine gute Prophylaxe oder gegebenenfalls eine gute Wundversorgung wichtig.

Die Fortschritte in der Radiotherapie – z. B. geringere Strahlendosen, genauere Fokussierung auf den Tumor, angepasste Bestrahlungsintervalle – haben zu einer immer schonenderen und zielgerichteteren Behandlung geführt. Durch variierende Eintrittswinkel kann so vermieden werden, dass nicht immer die gleichen Hautstellen geschädigt werden. Dennoch: die Strahlen müssen durch die Haut und so lässt sich bei den meisten Patienten eine Radiodermatitis nicht gänzlich vermeiden.

Pathophysiologisch induziert die ionisierende Strahlung nach wenigen Tagen u. a. die Transkription von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1, IL-3, IL-5, TNF-α, Rezeptortyrosinkinasen (z. B. EGF) und Adhäsionsmolekülen in epidermalen Keratinozyten, dermalen Fibroblasten und ­kutanen Endothelzellen.

Die lokale Entzündung ­(Radiodermatitis acuta) führt zur Rekrutierung von neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Nach einigen Wochen kommt es zu einer Proliferationshemmung epidermaler Stammzellen. Die Expression von TGF-β1 in dermalen und subkutanen Fibroblasten führt zu vermehrter Kollagenbildung, sodass sich im chronischen Stadium (Radiodermatitis chronica) das Bild einer lymphozytären fibrosierenden Entzündung zeigt. Klinisch verlaufen diese Schritte wie im Folgenden angeführt:  

• Kurz nach Exposition kommt es lokal zum Prodromalerythem, bis zu maximal 36 Stunden. Dazu gesellen sich Juckreiz und Parästhesien.
• Manifestationsstadium: Nach wenigen Tagen bis zu drei Wochen zeigt sich eine intensive Rötung oder subepidermale Blasenbildung. Im Verlauf ist eine nekrotisierende Entzündung möglich.
• Direkt oder nach einer Latenzzeit schließt sich ggf. das subakute Stadium an, mit radiogener Vaskulitis der tiefen subkutanen und muskulären Gefäße. Weiter verfärbt sich das Erythem livide.
• Chronisches Stadium: Drei Monate bis zwei Jahre nach Exposition verhärtet die Haut zunehmend. Die dermale und subkutane Fibrose geht mit einer Pseudoatrophie des subkutanen Fettgewebes einher und führt zu Durchblutungsstörungen mit trophischen Ulzera. Epidermale Atrophie, Keratosen und Teleangiektasien entstehen, durch Talg- und Schweißdrüsen-Degeneration wird die Haut trocken (trophische Störung).
• Spätstadium: Auch Jahre und Jahrzehnte nach Exposition können neue Teleangiektasien und ­Ulzerationen auftreten.

Gute Prophylaxe ist wichtig

Um der Radiodermatitis vorzubeugen, sollte gemäß Leitlinie zur Supportiv-Therapie bei Tumorpatienten der oberflächliche Zellverlust möglichst reduziert werden [1]. Dies kann durch weite, nicht scheuernde, luftdurchlässige Kleidung unterstützt werden. Duschen und normales Waschen mit vorsichtigem Abtrocknen werden empfohlen. Auf heißes Duschen, Vollbäder, Schwimmen und Saunabesuche soll verzichtet werden, ebenso auf Pflasteranwendung im Bestrahlungsfeld. ­Dünne Applikation von Lotionen, Puder und Deodorant sind auch am Bestrahlungstag akzeptabel. Pflege mit ­Basiscreme oder Lipolotion unter Zusatz von Harnstoff (2–5 %) ohne allergisierende Sub­stanzen sind angeraten.

Therapie bei akuter Radiodermatitis

Im Vergleich zur Prophylaxe der Akutreaktion gibt es laut Leitlinie nur wenig gesicherte Daten zur Behandlung. Allgemein werden im Prodromalstadium topische Glukokortikoide empfohlen. Für Mometason liegen die besten Daten vor. Gegen Erythem und Juckreiz können Kühlmaßnahmen (feuchte Umschläge, Kalt-Einstellung des Föns) helfen. Schmerzmittel (Ibuprofen, ASS, Tramadol) sind bei Bedarf möglich. Sind mehr als 10 % der Körperoberfläche betroffen, werden in der Latenzphase hoch dosierte topische und systemische Glukokortikoide (z. B. 1–10 mg ­Methylprednisolon/kg KG/Tag) angewendet.

Chronisches Stadium

Auch noch nach Monaten und Jahren können sich Schäden auf dem bestrahlten Hautareal einstellen. Die Haut ist trocken, oft atrophische, ohne Hautanhangsgebilde, mit fleckigen Hyper- und/oder Hypopigmentierungen (Poikilodermie) und Teleangiektasien. Später kommen trophische Störungen hinzu. Es existiert die Gefahr von Röntgenkeratosen mit Tendenz zur Karzinomentwicklung. Auch hartnäckige Ulzerationen können auf der stark geschädigten Haut (chronisches Röntgenulkus) entstehen.

KAP bei Strahlenulkus

Die Behandlung dieser Ulzera folgt gemäß den Richtlinien für chronische Wunden wie Ulcus cruris. Auch die Behandlung mit atmosphärischem Kaltplasma (KAP) hat dabei gute Erfolge gezeigt [2].

Wenn einem Gas zusätzlich Energie zugeführt wird, geht dieses in den „vierten“ Aggregatzustand, den Plasmazustand, über. Dabei übersteigt die Temperatur kaum die Körpertemperatur – daher kaltes ­Plasma. Im energetisch angeregten Plasma, wie es im therapeutischen Bereich angewendet wird, entstehen unter anderem reaktive Stickstoff- und Sauerstoffspezies (RNS, ROS), UV-Strahlung und elektrische Felder. In handlichen Geräten wird das Plasma erzeugt. Der Strahl des energetisch aufgeladenen Gases wird dann berührungsfrei über die Wunde geführt. Der Cocktail wirksamer Substanzen im Plasma tötet Mikroorganismen ab – auch multiresistente Krankheitserreger – und stimuliert die Zellproliferation sowie die Mikrozirkulation, aus der die Regeneration zerstörter Gewebeverbände resultiert [2].

1 S3-Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen“, AWMF-Reg-Nr.: 032/0540L, 2020
2 S2k-Leitlinie „Rationaler therapeutischer Einsatz von kaltem physikalischem Plasma“, AWMF-Reg-Nr.: 007/107, 2022

Bildnachweis: dermnetnz.org; privat

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