Osteoporose ist die häufigste metabolische Knochenstoffwechselerkrankung. Eine pathogenetische Abklärung hinsichtlich sekundärer Ursachen ist bei allen atraumatischen Frakturen essenziell. Häufig lässt sich die Osteoporose kausal behandeln, indem die sekundäre Ursache ausgeschaltet wird.
Osteoporose geht einher mit verminderter Knochenmasse und typischen Frakturen (Wirbelkörper, Schenkelhals, Radius, Rippen, Humerus und andere). Hauptursache von Osteoporose-assoziierten Frakturen ist ein Missverhältnis zwischen Knochenstabilität und -beanspruchung. Ursächlich verantwortlich hierfür sind zum einen Erkrankungen, die mit einer verminderten Osteoblastenaktivität einhergehen, zum anderen ein vermehrt osteoklastärer Abbau. Ein weiterer wichtiger Faktor sind Mineralisationsstörungen wie bei der Osteomalazie.
Eine sekundäre Osteoporose wird sowohl durch nichtossäre Erkrankungen als auch durch knochenschädigende Medikamente als unerwünschte Arzneimittelwirkung verursacht.
Hypercortisolismus und Glukokortikoidexzess
Die häufigste Form der sekundären Osteoporose ist ein Hypercortisolismus. Dieser ist im Wesentlichen durch 3 Ursachen bedingt: sehr selten ist ein Cortisol-produzierendes Nebennierenadenom, häufiger der Morbus Cushing (ACTH-produzierendes Hypophysenadenom) und am häufigsten eine Glukokortikoid-Langzeittherapie.
Diagnostisch weiterführend sind hier eine Leukozytose, Hyperglykämie und Hypokaliämie sowie reduzierte Knochenanbaumarker. Therapeutisch wird man bei schwersten Formen der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose immer knochenanabole Substanzen wie Teriparatid einsetzen.
Hyperparathyreoidismus und Mammakarzinom
Beim primären Hyperparathyreoidismus stellt die Verminderung der Knochendichte eine Operationsindikation dar. Durch die Entfernung des Nebenschilddrüsenadenoms kommt es zu einer Heilung der Osteoporose.
Beim Mammakarzinom wird durch eine Aromatase-Inhibitoren-Therapie eine Osteoporose induziert. Besteht diese initial schon, sollte man, wenn möglich, eher auf das knochenschützende Tamoxifen umsteigen.
Osteoporotische Frakturen bei normaler Knochendichte
Von großer Bedeutung bei der Differenzialdiagnostik sind sekundäre Osteoporosen, die mit normaler Knochendichte einhergehen, wie bei Personen mit Diabetes mellitus, bei denen trotz normaler Knochendichte das Frakturrisiko um das 9-Fache erhöht sein kann. Hier ist die Knochenstruktur durch den langjährigen Diabetes mellitus geschädigt. Das Gleiche gilt auch für Menschen unter einer Langzeittherapie mit Protonenpumpenhemmern.
Osteomalazien
Häufig verkannt werden die verschiedenen Formen der Osteomalazien. Diese können genau wie die Osteoporose mit Frakturen und erniedrigter Knochendichte einhergehen. Oftmals ist die Ursache ein langjähriger Vitamin-D-Mangel, der oft unbehandelt bleibt. Seltener sind Osteomalazien mit erniedrigtem Calcium, erniedrigtem Phosphat oder erniedrigter alkalischer Phosphatase, die ebenfalls beachtet werden sollten und differenzialdiagnostisch abgeklärt gehören.
Diagnostik
Sekundäre Osteoporosen werden einerseits durch eine ausführliche Anamnese inklusive entsprechender Fragebögen evaluiert. Zum anderen sollte bei jedem Patienten bzw. jeder Patientin mit pathologischen Frakturen und/oder erniedrigter Knochendichte vor einer Therapie mit Osteoporose-Arzneimitteln eine Labordiagnostik durchgeführt werden.
Therapiemanagement
Therapeutisch werden die sekundären Osteoporosen meist wie die primären behandelt. Besonders die Glukokortikoid-induzierten Formen sind jedoch deutlich therapieresistenter und erfordern ein erhöhtes Augenmerk auf potente Arzneimittel wie knochenanabole Präparate. In jedem Fall bedarf es einer Basistherapie mit calcium- und proteinreicher Ernährung, täglichem Muskelaufbautraining und einer ausreichenden Vitamin-D-Substitution. Diese ist auch als prophylaktische Maßnahme z. B. bei normaler Knochendichte und der Anwendung knochentoxischer Glukokortikoid-Dosen anzuwenden. Der wichtigste Baustein ist bei den häufig untergewichtigen Patientinnen und Patienten, eine hohe Eiweißzufuhr in Form von 1,5–2 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Art und die Quelle des Eiweißes sind sekundär. Eine solch eiweißreiche Therapie ist nicht, wie früher gedacht, nephrotoxisch. Die Calciumzufuhr sollte zwischen 800 und 1 000 mg pro Tag liegen. Calciumhaltige Tabletten sind nicht unbedingt erforderlich, eine Zufuhr von calciumreichen Mineralwässern ist ausreichend.
Das Muskelaufbautraining sollte mindestens 1 Stunde Krafttraining pro Tag beinhalten. Dabei ist ein (täglicher) Besuch eines Fitnessstudios nicht unbedingt notwendig, Krafttraining zu Hause in Form von Ganzkörpertraining ist wünschenswert.
Anabole und antiresorptive Therapie
Die medikamentöse Therapie sollte in der Regel über mehrere Jahre erfolgen. Bei schwerer Osteoporose mit multiplen Frakturen kann initial 1 bis 2 Jahre lang ein osteoanaboles Präparat, z. B. Teriparatid, Romosozumab oder Abaloparatid, eingesetzt werden.
Teriparatid ist ein rekombinantes humanes Parathormon-Fragment (PTH 1–34), das über den N-terminalen PTH-Rezeptor wirkt. Es werden täglich 20 µg subkutan für 2 Jahre injiziert, was den Knochenanbau mehr als den Knochenabbau stimuliert.
Romosozumab ist ein Sklerostin-Antikörper, der den Knochenabbau hemmt und den Knochenanbau stimuliert. Es werden 2 × 105 mg alle 4 Wochen s. c. gespritzt, und dies 1 Jahr lang.
Abaloparatid ist ein synthetisches Strukturanalogon des Parathormon-verwandten Peptids (PTHrP) und wirkt auch über den N-terminalen PTH-Rezeptor. Es werden 80 µg täglich für max. 1,5 Jahre s. c. injiziert.
Gefolgt wird die anabole Therapie immer von einer antiresorptiven Therapie. Dabei kommt es unter einer Bisphosphonat-Therapie zu einem Plateau der Knochendichte nach 3 bis 5 Jahren, dann sollten diese Präparate auch abgesetzt werden. Zum Einsatz kommen folgende Präparate: 70 mg Alendronat wöchentlich oder 35 mg Risedronat wöchentlich, beides oral, oder 5 mg Zoledronat als Kurzinfusion intravenös einmal im Jahr. Mit Denosumab (60 mg alle 6 Monate s. c.) ist eine Heilung der Osteoporose möglich. Bei der Aromatase-Inhibitoren-induzierten Osteoporose sind Antiresorptiva Mittel der ersten Wahl. Die Knochendichtemessung alle 1 bis 2 Jahre sowie die Messung von Knochenumbaumarkern wird zum Monitoring einer Osteoporose-Therapie eingesetzt.
Die Autorin
Cand. med. Chiara Wüster
Med. Fakultät Universität Pécs
Ungarn
Der Autor
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Osteologe DVO
Ärztlicher Leiter des Hormon- und Stoffwechselzentrums Prof. Wüster MVZ GmbH Mainz
Literatur bei den Autoren
Bildnachweis: privat