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Neurologie

Klassifizierung von Schluckstörungen

Schluckstörungen sind ein multiätiologisches Syndrom. Die häufigste Ursache einer Schluckstörung (Dysphagie) sind neurologische Erkrankungen. Sie können zu Mangelernährung, Dehydratation und unzureichende Medikamenteneinnahme oder sogar Aspiration führen.
An Dysphagien leiden 20–30 % Demenzerkranke, 50 % aller Schlaganfallpatienten, bei schweren Schädel-Hirn-Verletzungen sind es etwa 60 %, und 70–80 % der Patienten nach prolongierter maschineller Beatmung. Auch bei Parkinson-Syndromen und der Multiplen Sklerose tritt das Symptom auf. Ungefähr 30–40 % der älteren Menschen leiden an Dysphagiesymptomen, bei Pflegeheimbewohnern sind es mehr als 50 % und bei geriatrischen Patienten in Kliniken sogar ca. 70 %.
In einer Studie wurde nun erstmalig eine Klassifikation der Schluckstörungen vorgenommen. Dies geschah anhand des phänotypischen bzw. endoskopisch sichtbaren Störungsmusters. Neurologen und Logopäden identifizierten sieben verschiedene Störungsmuster. Die Störungsmuster wurden durch die Schluckendoskopie (FEES: „fiberoptic endoscopic evaluation of swallowing“), die eine präzise Visualisierung des Schluckvorgangs ermöglicht, charakterisiert. Anschließend wurde die Klassifikation anhand von 1 012 FEES-Videos von Patienten mit unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen validiert.
In Abhängigkeit von der neurologischen Grunderkrankung zeigten sich unterschiedliche Häufigkeiten der Schluckstörungen:
• „Vorzeitiges Abgleiten des Nahrungsbolus in den Rachenraum/Pharynx (= Leaking) “ und „Pathologischer Schluckreflex“ – hauptsächlich bei Schlaganfall-Patienten.
• „Residuen in den Valleculae“ (Bolusreste nach dem Schlucken in dem Spaltraum zwischen Zungengrund und Kehldeckel), d. h. unzureichende „pharyngeale Bolusreinigung“ – am häufigsten beim idiopathischen Parkinson-Syndrom.
• „Residuen im Sinus piriformis“ (Spaltraum, der beidseits vom Kehldeckel zum Speiseröhreneingang verläuft) – diese Form fand sich nur bei Muskelentzündungen/Myositis, Motoneuronerkrankungen und Hirnstamminfarkten als Ausdruck einer Störung des oberen Ösophagus-Verschlussmuskels/-sphinkters.
• „Pharyngolaryngeale Bewegungsstörungen“ (also im Rachen-Kehlkopf-Bereich) bei atypischen Parkinson-Syndromen und Schlaganfall.
• „Fatigue des Schluckens“ ‒ häufig bei Myasthenia gravis (eine seltene, autoimmun bedingte Muskelschwäche)
• „Komplexe Dysphagie“ mit einem gemischten Störungsmuster war der führende Mechanismus bei amyotropher Lateralsklerose (ALS).

„Bei vielen neurologischen Krankheitsbildern, insbesondere bei Parkinson-Syndromen und neuromuskulären Erkrankungen, können spezifische Dysphagiecharakteristika entscheidende Hinweise auf die Grunderkrankung liefern und so die Diagnosestellung erleichtern, aber auch helfen, therapeutische Interventionen zielgerichteter einzusetzen“, so Prof. Dr. Rainer Dziewas (Osnabrück), federführender Autor der DGN-Leitlinie „Neurogene Dysphagien“.

Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), April 2021

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