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Psychologie

Bipolare Störung und Genetik

Bei Menschen mit bipolaren Störungen pendelt die Stimmung zwischen zwei Extremen. Sie sind entweder wochenlang niedergedrückt und haben für den Alltag zu wenig Energie oder haben eine Phase, in der sie sich euphorisiert und voller Energie fühlen.  An dieser „manischen Depression“, wie es umgangssprachlich genannt wird, erkranken rund 1% aller Menschen im Laufe ihres Lebens.
Zu den Risikofaktoren zählen: frühkindliche traumatische Erfahrungen wie Missbrauch, Verlust eines Elternteils, stressiger Lebensstil oder der Konsum bestimmter Drogen. Auch spielen die Gene eine wichtige Rolle, denn Experten schätzen deren Beitrag auf 60‒85%. Vermutlich sind Hunderte von Genen beteiligt. „Wir kennen davon bislang aber nur einen kleinen Teil“, erklärt Jun.-Prof. Dr. Andreas Forstner (Marburg). Der Forscher, der kürzlich von der Universität Marburg auf eine Juniorprofessur am Institut für Humangenetik der Universität Bonn sowie am Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) des Forschungszentrums Jülich gewechselt ist, ist einer der leitenden Autoren der aktuellen Studie.
In der größten genetischen Studie zur bipolaren Störung haben Forschende unter der Mitwirkung der Universität Bonn nun insgesamt 400.000 Personen untersucht. Das internationale Konsortium durchforstete dazu ihre DNA nach Auffälligkeiten.
„Wir haben auf diese Weise 64 Genorte gefunden, die mit der bipolaren Störung in Verbindung stehen“, erklärt Prof. Dr. Markus Nöthen, Leiter des Instituts für Humangenetik. „33 von ihnen waren bislang unbekannt.“
Die identifizierten Regionen enthalten oft Bauanleitungen für Ionen-Kanäle, welche für die Entstehung elektrischer Pulse im Gehirn wichtig sind. Durch die Studie rücken insbesondere Calciumkanäle in den Fokus der Forschung. „Sie scheinen an der Entstehung der Krankheit beteiligt zu sein“, erklärt Jun.-Prof. Dr. Andreas Forstner. „Es gibt Medikamente, die die Funktion dieser Kanäle beeinflussen, aber bislang nur für die Behandlung anderer Krankheiten zugelassen sind. Vielleicht sind sie auch eine Option für die Therapie der bipolaren Störung.“
Auch helfen die Erkenntnisse, besser zwischen verschiedenen Formen der Erkrankung zu differenzieren. Denn bipolare Störung ist nicht gleich bipolare Störung.  Die Symptome und Verlaufsformen der Erkrankung können sehr unterschiedlich sein. „Wir rechnen damit, dass es bei der Krankheit verschiedene Subtypen gibt, die möglicherweise auch jeweils eine etwas andere Behandlung erfordern“, sagt Forstner. „Wir konnten zum Beispiel zeigen, dass eine häufig sehr schwer verlaufende Form der bipolaren Störung, Typ I genannt, auf genetischer Ebene stärker mit der Schizophrenie zusammenhängt. Eine etwas milder verlaufende Variante ‒ der Typ II ‒ scheint dagegen eher mit der Depression verwandt zu sein.“
Bei Alkoholkonsum legen die Analysen einen bidirektionalen Zusammenhang nahe. Denn Menschen mit einer Veranlagung für eine bipolare Störung trinken öfter; umgekehrt scheint dieses Verhalten auch ihre Erkrankungswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Das muss jedoch noch weiter untersucht werden.

Pressemitteilung Universitätsklinikum Bonn, Mai 2021

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