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Gynäkologie

Menopause und Genetik

Gene für Länge der reproduktiven Phase entdeckt

Barbara Hauter

Ein Forschungsteam von der britischen Universität Exeter hat 290 Gene identifiziert, die einen Einfluss auf die ovarielle Alterung und damit auf die Länge der fruchtbaren Lebensphase einer Frau haben [1]. Ergebnisse aus dem Mausmodell machen zudem Hoffnung, Fertilitätsstörungen beeinflussen zu können.

Während die Lebenserwartung in den vergangenen 150 Jahren dramatisch von 45 auf 85 Jahre gestiegen ist, blieb das menopausale Alter von Frauen im Wesentlichen unverändert zwischen 50 und 52 Jahren, wenn der Vorrat an vorgeburtlich angelegten Oozyten aufgebraucht ist. „Es scheint entscheidend zu sein, beschädigte DNA in den Eizellen zu reparieren, um den Pool an Oozyten möglichst zu erhalten und einen schnellen Verlust zu verhindern. Wenn wir diese Prozesse verstanden haben, hätten wir die Möglichkeit, Fertilität zu beeinflussen“, so Co-Autorin Prof. Eva Hoffmann von der Universität Kopenhagen [2].

Möglichkeiten und Grenzen

Bisher waren nur 56 solcher Gene bekannt, jetzt sind es rund 290. Die Wissenschaftler aus über 180 Institutionen weltweit untersuchten das Genom von über 200 000 europäisch-stämmigen und 80 000 asiatisch-stämmigen Frauen und fanden vor allem DNA-Reparatur-Gene, die bereits vorgeburtlich, zum Teil aber über die gesamte Lebensspanne einer Frau aktiv sind. Sechs dieser Genabschnitte liegen auf dem X-Chromosom, der Großteil ist autosomal.

Die Auswirkungen dieser Gene auf den Zeitpunkt der natürlich erreichten Menopause der untersuchten Frauen reichten von 3,5 bis 74 Wochen. Beispiele für diese Gene sind zwei Typen, Chek1 und Chek2, die beide Checkpoint-Kinase-Proteine codieren, die für die DNA-Reparatur und die Apoptose verantwortlich sind. Die Auswirkungen wurden im Mausmodell untersucht: Wurde Chek2 ausgeschaltet und Chek1 zu Überexpression angeregt, so führte das bei Mäusen zu einer Verlängerung der fertilen Phase um 25 %. Die Forscher spekulieren, dass das Abschalten von Chek2 und die Überexpression von Chek1 zu einer erhöhten Aktivität der Reparaturvorgänge, dem ungestörten Ablauf von Mitose und Meiose und damit zu einer größeren ovariellen Reserve führen.

Die Reproduktionsbiologie von Mäusen unterscheidet sich allerdings von der des Menschen:  Mäuse haben keine Menopause. Bei ihnen altern die Ovarien kontinuierlich. Ein Vergleich mit Frauen, denen von Natur aus ein aktives Chek2 fehlt, zeigte aber, dass diese Frauen im Schnitt um 3,5 Jahre später in die Menopause kommen als Frauen mit normaler Genaktivität. Die beiden Gene wirken laut dieser Veröffentlichung konträr auf die Fertilität der Mäuse. Weibliche Tiere mit mehr Chek1 werden mit mehr Eizellen geboren und es braucht länger, bis sie aufgebraucht sind. Chek2 verursacht im Wildtyp offensichtlich das Absterben der Oozyten bei adulten Tieren. Transgene Chek2–/–-Mäuse hatten im Alter von 13,5 Monaten eine höhere ovarielle Reserve als Wildtyp-Mäuse und zeigten eine verstärkte Antwort auf eine Gonadotropin-Stimulation.

Mithilfe eines genetischen Expressionsprofils könnte also vorhergesagt werden, welche Frauen das Risiko einer frühen Menopause haben. Dr. Katherine Ruth (University of Exeter): „Die Ergebnisse zeigen, dass wir damit anfangen können, junge Frauen in ihrer Familienplanung zu beraten.“ Eine weitere therapeutische Anwendung der Forschungsergebnisse: Es könnte möglich werden, bei Frauen während einer IVF-Behandlung die ovarielle Stimulation zu erhöhen, indem kurzfristig die Apoptose blockiert wird.

Die Forscher konnten bereits in utero Effekte nachweisen: Sind Mäuseweibchen adipös, dann ist die ovarielle Reserve des Nachwuchses geringer. Die Expression der Allele Dmc1 und Brsk1 ist gestört. Dmc1 steuert die Meiosis, Brsk1 spürt DNA-Defekte auf. Sie konnten auch zeigen, dass ein geringes ­Geburtsgewicht mit einer früheren Menopause einhergeht. Die maternale Exposition auf den weiblichen Fötus scheint also Auswirkungen auf die vorgeburtlichen DNA-Reparatur in der ovariellen Reserve zu haben.

Was steuert die Menopause?

Das Forscherteam beschäftigte sich auch mit den gesundheitlichen Auswirkungen einer genetisch bedingten frühen oder späten Menopause. Die frühe Menopause ging einher mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes und verminderter Knochendichte. Das Risiko von hormonsensitiven Ovarial- und Mammakarzinomen war dafür bei den Frauen mit später Menopause erhöht, pro Jahr Verzögerung stieg das Risiko um 5 %. Keine Zusammenhänge mit dem Zeitpunkt der Menopause sahen die Forscher bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer, dem BodyMass-Index oder der Lebenserwartung.

Co-Autor Dr. John Perry vom Medical Research Council (MRC) Epidemiology Unit der University of Cambridge: „Wir haben dadurch Einblick darin, wie wir Gesundheitsproblemen vorbeugen können, die mit dem Zeitpunkt der Menopause verbunden sind.“ Alkohol- und Tabakkonsum, so die Studie, scheint über eine epigenetische Steuerung der Gene für ein frühes Eintreten in den Wechsel ursächlich zu sein. Jede Zigarette mehr pro Tag zog die Menopause um 2,5 Wochen vor. Frauen, die regelmäßig mehr als die empfohlene Höchstmenge Alkohol tranken, verloren im Vergleich zu moderat konsumierenden Frauen ein ganzes Jahr ihrer Fruchtbarkeit. Auch der Zeitpunkt der Menarche spielte eine Rolle, jedes Jahr früher bedeutete acht Wochen früheres Eintreten der Menopause verglichen zum Durchschnitt.

1 Ruth KS et al., Nature 2021; 596: 393–397
2 Research News der University of Exeter, 19. August 2021

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