Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) werden zunehmend zur Behandlung von Übergewicht/Adipositas und Typ-2-Diabetes eingesetzt. Über die Wirkung von GLP-1-RA während der Schwangerschaft ist jedoch wenig bekannt. Klassische doppelblinde Studien sind in diesem Fall ethisch nicht vertretbar.
Prof. Dr. med. Barbara Sonntag (Hamburg) stellte die Ergebnisse einer dänischen Beobachtungskohortenstudie mit 756 643 Schwangerschaften vor. Dort wurden 543 Schwangerschaften von Oktober 2009 bis Dezember 2023 identifiziert, die GLP-1-RA ausgesetzt waren. Endpunkte waren das Risiko für geburtshilfliche Komplikationen, Präeklampsie, Schwangerschaftsdiabetes (GDM), Gestationsalter, Frühgeburt (< 37 Wochen), Geburtsgewicht, Plazentagewicht, Small-for-Gestational-Age und Large-for-Gestational-Age.
Die Ergebnisse wurden zwischen Schwangerschaften mit GLP-1-RA-Exposition, stratifiziert nach vorbestehendem Diabetes, und einer Reihe von nicht exponierten, nach Propensity Score gematchten Kontrollgruppen verglichen.
Die Exposition gegenüber GLP-1-RA perikonzeptionell war in unadjustierten Analysen mit einem höheren Risiko für geburtshilfliche Komplikationen, Präeklampsie, GDM und Frühgeburten assoziiert. Nach Propensity-Score-Matching blieb nur das erhöhte Risiko für Frühgeburten sowohl für Liraglutid (aOR 1,38; 95%-KI 1,01–1,89) als auch für Semaglutid (aOR 1,62; 95%-KI 1,15–2,28) statistisch signifikant. In Subgruppenanalysen wurde dieses Risiko vor allem bei Frauen mit vorbestehendem Diabetes beobachtet. GLP-1-RA waren nicht mit Frühgeburten assoziiert, wenn sie ausschließlich zur Gewichtsreduktion eingesetzt wurden (Liraglutid: aOR 1,06; 95%-KI 0,62–1,80; Semaglutid: aOR 0,81; 95%-KI 0,37–1,79).
Die Frage „Erhöhen GLP-1-Rezeptoragonisten das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen?“ beantwortete Sonntag, indem sie als Take-home-message formulierte: „Da aktuell keine ausreichenden Sicherheitsdaten für GLP-1-RA in der Schwangerschaft vorliegen, sollten wir die Beratung zur Kontrazeption beibehalten bzw. auf einer Beendigung der Einnahme zwei Monate vor angestrebter Schwangerschaft bestehen.“
Vortrag Prof. Dr. med. Barbara Sonntag