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Kongress-Ticker

Strahlentherapie

Oligometastasierung & Co: ­Fortschritte in der Radioonkologie

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

3.4.2024

Die individualisierte Systemtherapie mit zielgerichteten Substanzen und Immuncheckpoint-Inhibitoren ist bei fast allen onkologischen Entitäten auf dem Vormarsch. Macht das die Strahlentherapie obsolet? Keinesfalls, wie die DEGRO auf dem DKK eindrücklich zeigte.

Galten metastasierte Krebserkrankungen früher als aussichtsloser Fall, hat sich das Bild zwischenzeitlich stark differenziert. So hat man gelernt, dass einzelne Fernmetastasen durchaus kurativ behandelt werden können. Der Begriff der Oligometastasierung wird dabei zwar noch kontrovers diskutiert, in der Praxis gibt es aber bereits gute therapeutische Konzepte für die Situation.

Bei bis zu 5 Einzelmetastasen kann eine Strahlentherapie eingesetzt werden. Mit Hochpräzisionstechniken werden dann hohe Strahlendosen appliziert, die sich zielgenau in der Metastase aufaddieren. Prof. Dr. med. Mechthild Krause (Dresden) stellte eine Metaanalyse von Studien mit verschiedenen Primärtumoren (u. a. von ­Lunge, Haut, Darm oder Prostata) und vereinzelten ­Metastasen in der Wirbelsäule vor. Die stereotaktische Einzeitbestrahlung führte dort zu einer besseren Lokalkontrolle mit einem Vorteil von etwa 5 % pro 10 Gy Dosisanstieg gegenüber einer Mehrfachfraktionierung.

Bei vielen Entitäten erfolgreich einsetzbar

Auch Studien zu einzelnen Tumorarten zeigen gute Ergebnisse. So ist seit Längerem bekannt, dass die stereotaktische ablative Strahlentherapie (SABR) von Oligometastasen der Lunge ähnliche Ergebnisse erzielt wie die operative Entfernung der einzelnen Metastasen. In einer niederländischen Studie war das Gesamtüberleben nach der Bestrahlung nicht signifikant schlechter als nach chirurgischer Entfernung – und das, obwohl nur Erkrankte mit inoperablen Tumoren eingeschlossen wurden (1-, 3- und 5-Jahres-Überleben nach OP 87 %, 62 % und 41 % sowie 98 %, 60 % und 49 % nach der Strahlentherapie). Die lokale Tumorkontrolle betrug bei der Strahlentherapie nach 2 Jahren 94 % und 90 % beim chirurgischen Vorgehen.

Allerdings wies Prof. Krause auch darauf hin, dass Tumorentitäten differenziert betrachtet werden müssen. Während die Bestrahlungsergebnisse von Oligometastasen beim Ösophaguskarzinom und beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom signifikante Vorteile für das progressionsfreie Überleben zeigten, waren die Ergebnisse der Metastasenbestrahlung beim Mammakarzinom enttäuschend (PFS 4,4 Monate vs. 4,2 Monate; p = 0,43). Gründe dafür können die unterschiedliche Strahlensensitivität wie auch das unterschiedliche biologische Metastasierungspotenzial des Tumors sein. Beim Mammakarzinom war nicht nach den molekularen Pfaden stratifiziert worden.

FLASH: extrem kurze Bestrahlungsdauer

Die FLASH-Radiotherapie ist durch eine homogene Dosisverteilung mit sehr hohen Dosisraten charakterisiert. Sie ermöglicht eine ultraschnelle Verabreichung der Strahlentherapie mit Dosisleistungen, die im Allgemeinen mehrere hundert bis tausend Mal höher sind als die derzeit in der klinischen Routinepraxis verwendeten. Bei der konventionellen Radiotherapie mit einer Dosisrate von 2 Gy/Minute dauert es etwa eine Viertelstunde, um eine Strahlendosis von 30 Gy zu applizieren, bei einer FLASH-Bestrahlung mit einer Dosisrate von 40 Gy/Sekunde dagegen weniger als eine Sekunde.

Vorteil dieser Methode: Bei einer hohen Dosisrate sind geringere Nebenwirkungen im Normalgewebe zu erwarten – und zwar unter Aufrechterhaltung der Tumorkontrolle, wie Prof. Dr. rer. nat. habil.Udo Gaipl (Erlangen) ausführte. Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass

  • hohe Dosisleistungen die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) reduzieren,
  • durch geringeres bestrahltes Blutvolumen zirkulierende Immunzellen geschont werden,
  • im Gewebe die Aktivierung von TGF-β reduziert wird, das Tumorzellen schützt,
  • es zu einer geringeren Entzündungsinduktion kommt und
  • humane hämatopoetische Stamm- und Vorläuferzellen von FLASH-bestrahlten Mäusen im Gegensatz zu konventionell bestrahlten Mäusen die Fähigkeit behalten, das hämatopoetische ­System zu rekonstruieren.

Klinisch liegen bislang zwar lediglich Fallbeschreibungen vor, die präklinischen Daten geben aber Anlass zur Hoffnung. Sie deuten darauf hin, dass die kurze Bestrahlungszeit das Normalgewebe schont und es somit zu weniger Nebenwirkungen kommt – was zu einer höheren Lebensqualität der Betroffenen beiträgt. Auch gesundheitsökonomisch sind die Ergebnisse interessant, denn eine kurze ­Behandlungszeit bedeutet in der Regel eine höhere Kosteneffizienz.

Pressekonferenz der DEGRO

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