Haustierhaltung, Reisen, internistische Grunderkrankungen und sogar sportliche Betätigung können Risikofaktoren für Pilzerkrankungen der Haut und Nägel sein. Praktische Tipps zu Diagnostik und Therapie von Tinea und Onychomykosen gab eine Expertenrunde bei einem vierstündigen Mykologieseminar.
Onychomykosen (Nagelmykosen) sind häufiger als gedacht: Jeder Achte in Deutschland leidet daran, berichtete Dr. med. Bartosz Malisiewicz (Frankfurt/Main). Betroffen sind vor allem Menschen mit Diabetes, Störungen des Immunsystems oder Veneninsuffizienz sowie ältere Menschen, Raucher und alle, die beim Sport oder im Alltag enges Schuhwerk tragen oder die schon eine Hautmykose haben und diese zum Nagel hin „verschleppen“. Wie beim Fußpilz, so ist auch beim Nagelpilz hierzulande meist der Dermatophyt Trichophyton (T.) rubrum der Auslöser; Hefen und Schimmelpilze spielen hier nur selten eine Rolle.
Um die Erreger nachzuweisen, genüge es nicht, einen „Abstrich“ anzufertigen, sondern es sollten mit dem „scharfen Löffel“ Haut- und Nagelspäne gewonnen werden, so der Rat des Experten.
Erste Hinweise auf das Vorliegen einer Mykose gibt das mikroskopische Nativpräparat. Nach Anfärbung sind in der Mikroskopie auch Charakteristika der einzelnen Spezies wie Mikro- und Makrokonidien und Hyphen zu erkennen. Für eine Pilzkultur, z. B. auf Sabouraud-Agar, ist oftmals eine längere Anzuchtzeit notwendig. Wird – etwa bei Start einer Systemtherapie – ein sicherer und rascher Nachweis der Pilzspezies benötigt, kann auch die Polymerasekettenreaktion (PCR) eingesetzt werden. Sie wird allerdings von den Krankenkassen nicht erstattet.
Lokaltherapie: Nagellacke auf Acryl- oder Wasserbasis
Nagellacke für die topische Behandlung können auf Acryl- oder Wasserbasis zubereitet sein und enthalten als Wirkstoff z. B. Terbinafin, Amorolfin oder Ciclopirox. Soll der Nagel vor Therapiebeginn entfernt werden, so ist dafür eine atraumatische Methode (40%ige Harnstofflösung ± Antimykotikum) einzusetzen – das traumatische „Ziehen“ der Nägel ist heute obsolet, so Malisiewicz. Soll die Nagelmasse lediglich reduziert werden, kann auch die Fräse eingesetzt werden.
Eine gute Durchdringung des Nagels bietet Ciclopirox in wasserlöslicher Grundlage mit Hydroxypropylchitosan (HPCH). Es hat eine breite fungizide, fungistatische und sporozide Wirkung. Der Lack kann (und sollte) auch auf die umgebende Haut und unter den freien Nagelrand aufgetragen werden. Malisiewicz hob besonders den Multi-Target-Wirkmechanismus von Ciclopirox hervor: Seine 7 unterschiedlichen Angriffspunkte lassen praktisch keinen Raum für Resistenzen.
Für die Diagnostik der Nagelmykose ist ein Abstrich nicht ausreichend.
Erregerspektrum der Tinea capitis wird zunehmend breiter
Die Tinea capitis (Kopfhautmykose), die häufig, aber nicht immer Kinder betrifft, kann durch die verschiedensten Dermatophyten verursacht werden, betonte Prof. Dr. med. Annette Kolb-Mäurer (Würzburg) und nannte einige Beispiele hierfür:
Für die Lokaltherapie empfahl die Expertin eine mindestens 4-wöchige Anwendung eines antimykotischen Shampoos (2 × pro Woche), in der ersten Woche sollte zusätzlich eine Lösung oder Creme eingesetzt werden. Wird die Tinea capitis frühzeitig erkannt und behandelt, bestehen gute Erfolgschancen. Andernfalls können bei einigen Erregern schwere Verläufe entstehen, etwa ein Kerion celsi oder eine Tinea capitis favosa mit irreversibler narbiger Alopezie.
Hautmykosen kombiniert topisch behandeln
Dr. med. Viktor Czaika (Berlin) fokussierte auf die Tinea corporis, capitis und faciei bei Kindern. Die zunehmende Haustierhaltung in Familien sei einer der Gründe für die steigende Zahl der Mykosefälle in der Pädiatrie, erklärte er. So erhöhte sich die Fallzahl während der COVID-19-Pandemie, als vermehrt Haustiere gekauft wurden. Es sei zu bedenken, dass befallene Haustiere oftmals unauffällig erscheinen.
Für die Lokaltherapie entzündlicher Dermatophytosen, kutaner Candidosen oder superinfizierter Ekzeme empfahl er die Fixkombination aus Miconazol und Flupredniden. Während Miconazol gegen Dermatophyten, Hefen, Schimmelpilze und grampositive Bakterien (auch multiresistente!) effektiv wirkt, beruhigt das Steroid Juckreiz, Schmerz und Entzündung und verbessert die Penetranz des Antimykotikums. Wird die Verordnung mit L30.3 (ekzematoide Dermatitis) verschlüsselt, ist sie erstattungsfähig, so sein Tipp.
Eine frühe Behandlung der Tinea capitis verhindert schwere Verläufe.
Systemtherapie oftmals unverzichtbar – aber schwer umzusetzen
„Bei einer Tinea capitis ist eine alleinige Lokaltherapie nicht ausreichend“, betonte Kolb-Mäurer. Und auch bei einer Onychomykose mit Befall von mehr als 3 Zehennägeln, bei einer Tinea faciei oder genitalis oder bei ausgedehnten und hartnäckigen Hautmykosen allgemein ist eine zusätzliche Systemtherapie angezeigt, war sich die Expertengruppe einig. Die antimykotische Systemtherapie bei Kindern wirft indes Probleme auf: Zugelassen ist einzig Griseofulvin, dieses ist jedoch in Deutschland nicht mehr erhältlich. Die Verordnung anderer Systemantimykotika wie Terbinafin, Fluconazol oder Itraconazol dagegen ist off-label. Hier sind individuelle Lösungen gefragt.
Mykologieseminar „Neues aus der mykologischen Diagnostik & Therapie“ (Veranstalter: Almirall Hermal GmbH)