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Kongress-Ticker

Chemical Peeling – wo stehen wir?

Aktinische Keratosen

Dr. med. Christine Adderson-Kisser

11.4.2023

Im S3-Leitlinien-Update „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ von 2022 erhielt das Chemical Peeling erstmals eine Kann-Empfehlung für die Therapie aktinischer Keratosen. Standardisierte Protokolle und qualitativ hochwertige Studien zur Evidenzgewinnung fehlen aber noch.

„Trotz der langjährigen Anwendung des Chemical Peelings bei aktinischen Keratosen (AK) liegen kaum evidenzbasierte Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit vor – und damit auch keine standardisierten Behandlungsprotokolle“, so Prof. Dr. med. Markus Heppt (Erlangen). In einer systematischen Übersichtsarbeit trug er 2021 den aktuellen Wissensstand zum Thema zusammen. Eingang fanden acht Studien mit insgesamt 170 Teilnehmern, davon vier randomisiert kontrollierte (RCT), zwei nicht randomisiert kontrollierte sowie zwei einarmige Studien, deren Ergebnisse mit einem Random-Effects-Modell gepoolt (n = 4) wurden.

Welches Peeling für welche Läsionen?

„Beim Chemical Peeling stellt sich zuerst einmal die Frage, wie die ideale Läsion für ein Peeling überhaupt aussieht. Denn wir haben es bei AKs mit unterschiedlich dicken Läsionen zu tun, die nach apikal oder basal proliferieren und mit verschieden stark ausgeprägten Hyperkeratosen oder Beteiligung des follikulären Epithels einhergehen können“, erklärte Heppt. Zur Beschreibung der apikalen Proliferation werde das Grading von Olsen und Röwert-Huber (AK I–III) verwendet, für die der basalen Proliferation das Grading von Schmitz und Dirschka (PRO I–III). Die Chemoexfoliation der Haut erfolgt mit verschiedenen chemischen Noxen, die sich in ihrer Wirktiefe unterscheiden. Bei oberflächlichen Peelings sind es Glycolsäure 20–70 %, Salicylsäure 10–30 %, Milchsäure, Trichloressigsäure (TCA) 10–25 % und die Jessner’sche Lösung (Komplex aus Betain und verschiedenen Säuren), allerdings reicht dies häufig nicht aus. „Das Potenzial der Methode liegt v. a. bei mitteltiefen und tiefen Peelings“, so der Experte. Dafür kommen TCA 30–50 % bzw. Jessner’sche Lösung plus TCA 35 % (mitteltief) und Phenol 50–90 % oder Baker-Gordon’sche Lösung (tief) zum Einsatz.

Wirksamkeitsnachweise in Studien

In den ausgewählten zweiarmigen Studien der Übersichtsarbeit wurden überwiegend mitteltiefe Peelings mit TCA in verschiedenen Konzentrationen, teils zusammen mit Jessner’scher Lösung, gegen 5-Fluorouracil (5-FU) 5 % oder gegen eine photodynamische Therapie (PDT) verglichen. Die Effekte von Glycolsäure 70 % mit und ohne 5-FU 5 % sowie Tretinoin 5 % vs. 0,5 % wurden in je einer Studie untersucht. Alle Studien zeigten ein hohes Verzerrungsrisiko, wie die Überprüfung mit dem Cochrane Risk of Bias Tool (RCT), ROBINS-I Tool (Nicht-RCT) und Evidence Project Tool (einarmige Studien) zeigte. „Trotzdem geben uns die Daten einen guten ersten Überblick über die Vor- und Nachteile des Chemical Peelings verglichen mit 5-FU und Lichttherapie“, so Heppt.

Das Chemical Peeling wird von Patienten besser angenommen als die PDT.

So ergab die Auswertung zweier Nicht-RCT, die TCA 35 % plus Jessner‘sche Lösung mit 5-FU 5 % verglichen, eine signifikant geringere vollständige Clear­ance der Gepeelten (Rate 13–15 % vs. 35–47 % unter 5-FU; RR 0,36; 95%-KI 0,14–0,90) und eine geringere Clearance von 100 % der Läsionen (82 % vs. 89% unter 5-FU; RR 0,92; 95%-KI 0,85–0,99; eine Studie). TCA (35 % bzw. 50 %) Mono zeigte in zwei RCT vs. PDT eine geringere vollständige Läsionsbeseitigung (Rate 60–66 % vs. 82–83 % unter cPDT; RR 0,75; 95%-KI 0,69–0,82) und eine geringere durchschnittliche Läsionsverringerung pro Patient. Die Clearance-Rate unter Behandlung mit Glycolsäure 70 % plus 5-FU lag in einem RCT bei 92 %, unter Phenol 100 % konnte bei 91 % der Teilnehmer einer Studie eine vollständige Clearance der Läsionen erreicht werden. „Je tiefer das Peeling, desto besser das Ergebnis,“ schlussfolgerte Heppt.

Gutes Sicherheitsprofil – mehr Compliance

Bei den Nebenwirkungen ergab sich folgendes Bild: Während sowohl unter TCA 35 % plus Jessner’scher Lösung als auch unter 5-FU 5 % bei keinem der jeweils 15 ausgewerteten Teilnehmer eine Narbenbildung erkennbar war, zeigte sich diese bei 21,4 % (6/28) der mit einer TCA-35%-Monotherapie Behandelten im Vergleich zur gleichen Anzahl an mit PDT Therapierten. Das Schmerzempfinden war dagegen unter TCA-Monotherapie geringer als unter PDT (mittlere Differenz -1,71; 95%-KI -3,02 bis -0,41; zwei RCT). „Wenn man sich den Frost der gepeelten Patienten nach Einsatz von TCA 35 % plus Jessner’scher Lösung anschaut, fällt dieser doch deutlich geringer aus als nach Anwendung von 5-FU 4  % oder Rotlicht-PDT“, erklärte Heppt. „Auch Jiang et al. konnten in ihrer systematischen Übersichtsarbeit 2021 Vorteile des Peelings zeigen. Zum Beispiel die Möglichkeit, extensive, konfluierende AK managen und Rezidive großflächig reduzieren zu können. Durch die einmalige Behandlung mit weniger Schmerzen als unter PDT ist auch die Compliance der Patienten sehr viel höher“, so Heppt weiter. Laut Studien der Übersichtsarbeit von Jiang et al. präferieren die Patienten das Chemical Peeling gegenüber der 5-FU-Anwendung, da sie durch die einmalige Applikation weniger Ausfallzeiten haben. Auch empfinden sie die PDT deutlich schmerzhafter und die darunter auftretenden persistierenden Erytheme und pustulären Reaktionen werden als störend empfunden. „Wird 70%ige Glycolsäure angewendet, sollte laut der ausgewerteten Studienergebnisse mit 5-FU 5 % kombiniert werden, da dies zu größeren Effekten führt.“ Auch konnte in einer Studie gezeigt werden, dass TCA 30 % die AK vergleichbar stark reduzierte wie der Einsatz von CO2-Laser und dass es ggf. einen Beitrag zur Prävention epithelialer Hauttumoren leistet. Auch für die Kombination aus TCA 35 % und Jessner’scher Lösung konnte eine Reduktion histologischer Atypien festgestellt werden.

Vor- und Nachbehandlung

Bei hyperkeratotischen Läsionen kann ggf. Salicyl-Vaseline 10 % für 3–5 Tage oder Ureagel 40 % angewendet werden. Der in der Literatur beschriebene Einsatz topischer Retinoide ist bei älteren Patienten wenig sinnvoll; diese sollten mindestens eine Woche vor dem Peeling abgesetzt werden. Die zu behandelnde Fläche sollte vor dem Peeling gut gereinigt bzw. mit Alkohol/Aceton entfettet werden. Post interventionem muss ein konsequenter Sonnenschutz mit SPF 50+ und Meiden direkter Sonneneinstrahlung unbedingt eingehalten werden.

Vortrag „Chemical Peeling bei non-melanoma skin cancer“ von Prof. Dr. med. Markus Heppt

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