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Gynäkologie

Genitourinäres Syndrom der Menopause

Der MRS-Fragebogen ist der Perfekte Gesprächseinstieg

25.6.2025

Vaginale, urologische und sexuelle Symptome werden jetzt zum genitourinären Syndrom zusammengefasst, sind in vielen gynäkologischen Praxen aber immer noch Randthemen. Prof. Petra Stute stellt in diesem Interview die wichtigsten therapeutischen Optionen vor und gibt Tipps für die Praxis.

Prof. Dr. med. Petra Stute
Universitätsklinik für Frauenheilkunde
CH-3010 Bern

petra.stute@usb.ch

Frau Prof. Stute, wir wollen heute über Scheidentrockenheit und vaginale Atrophie sprechen – wie relevant ist das Thema für Sie?

Es ist ein großes Thema, ich sehe in der Sprech­stunde sehr viele Frauen im Alltagssegment 40 plus und da ist das genitourinäre Syndrom der Meno­pause, wie es heute korrekt heißen sollte, mit zunehmendem Alter auch immer häufiger ein Problem. Von daher ist es sehr relevant im Alltag.

Was sind die typischen Patientinnen?

Am häufigsten betroffen sind natürlich Frauen in den Wechseljahren, also in der Peri- und Postmenopause. Und davon sind es am häufigsten dann die postmenopausalen Frauen.

Wie sieht aktuell Ihr Therapiespek­trum bei diesen Beschwerden aus?

Viele Frauen haben schon nicht hormonelle Präparate ausprobiert, die sie ohne Rezept in der Apotheke kaufen können. Ich frage sie dann nach ihren Erfahrungen und biete ihnen gegebenenfalls dann die verschiedenen hormonellen Präparate an, die wir haben: vaginale Estrogene und ein vaginales DHEA-Präparat. Und dann stelle ich ihnen die verschiedenen Möglichkeiten der Applikation vor. Auf Basis dieser Informationen kann die Patientin entscheiden, was am besten zu ihr passt, und dann starten wir mit der Behandlung.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die Gründe, warum viele Frauen hormonhaltige Therapien ablehnen?

Ganz einfach: Weil sie den Beipackzettel lesen. Da steht im Beipackzettel eines niedrigdosierten ­vaginalen Estrogens ja genau das Gleiche wie im Beipackzettel für die systemische Hormonersatztherapie. Das ist natürlich in der Tat abschreckend. Es ist ja auch nicht unbedingt nachvollziehbar, ­warum der Beipackzettel das eine sagt und die Studien sagen etwas ganz anderes. Ich glaube, da kommen viele Frauen einfach nicht mit. Und viele Kolleginnen und Kollegen auch nicht. Die sind dann in einem gewissen Konflikt, weil es eigentlich nicht zu verstehen ist.

Können Sie das erklären?

Ich erzähle den Frauen wie es ist: Dass die Behörden nach dem Hormon als solchem beurteilen, ungeachtet der Dosierung, der Applikationsform und so weiter. Und dass der Beipackzettel deswegen bei allen Hormonpräparaten immer gleich aussieht, völlig egal, ob das jetzt wissenschaftlich belegt ist oder nicht.

Welche Rolle spielen hormonfreie Optionen und worauf ist bei hormonfreien Optionen zu achten?

Das ist echt unterschiedlich. Nach den Leitlinien sind hormonfreie Optionen immer die Therapie der ersten Wahl. Ich weise dann darauf hin, dass sie nicht Präparate wählen sollten, die nur als Gleitcreme geeignet sind, sondern dass es Präparate sein sollten, die auch einen gewissen feuchtigkeitsanreichernden Effekt haben. Eine Vaginalcreme oder ein Vaginalgel mit 24-Stunden-Effekt. Es gibt sehr viele Präparate für das äußere Genital, die sind nicht unbedingt auch für intravaginal gedacht, das müssen die Patientinnen wissen. Wenn man ein intravaginales Präparat hormonfrei gefunden hat, dann sollte es eins sein, was die Feuchtigkeit auch für 24 Stunden speichert.

Wie bewerten Sie die einzelnen Komponenten solcher Präparate, z. B. Hyaluronsäure und Milchsäure?

Im Prinzip ist die Frage, was sind Komponenten, die man für ein gesundes Vaginalmilieu braucht? Da sind mit Sicherheit Glykogen, Laktobazillen oder auch Milchsäure nicht schlecht. Wenn man sich dann noch überlegt, dass ja die Estrogene Fibroblasten stimulieren, Hyaluronsäure zu produzieren, ist Hyaluronsäure dann auch nicht schlecht. Wenn man sich die verschiedenen Präparate mal anschaut, sind es häufig Kombinationen: Laktobazillen mit ein wenig Estriol oder eine Kombination Hyaluronsäure und Milchsäure oder Glykogen und Milchsäure. Hormonfreie Präparate sollten sich aus ­diesen Zutaten eines vaginalen, gesunden Vaginalmilieus zusammensetzen.

Wie integrieren Sie das Thema in Ihre Beratung?

Bei mir füllen immer alle Frauen im Wartezimmer den Menopause-Rating-Scale-Fragebogen aus. Drei der elf Fragen beziehen sich auf das genitourinäre Syndrom der Menopause, urologische ­Beschwerden, vaginale Trockenheit und sexuelle Veränderungen. Und dieser Fragebogen ist wirklich eine gute Gesprächsgrundlage. Wenn ich sehe, da ist etwas angekreuzt, dann ist es für mich ­logisch, dass ich das Thema anspreche. Und ist nichts angekreuzt, dann sage ich, naja, da scheint ja offensichtlich kein Problem zu sein. Und dann gehen wir zum nächsten.

Wie ist das Feedback der Patientinnen?

Man sagt ja immer, es gibt so viele Tabuthemen. Wenn man mit den Frauen aber zu zweit sitzt, ist da keine verschämt. Die meisten erzählen sehr offenherzig, welche Probleme sie haben.

Gibt es einen Tipp, wie Gynäkologen bzw. Gynäkologinnen das Thema Scheidentrockenheit aktiv und sensibel in der Sprechstunde ansprechen können?

Ich finde das tatsächlich mit dem Fragebogen sehr, sehr praktisch. Die werden von den Mitarbeiterinnen verteilt und die Frauen bringen ihn mit ins Sprechzimmer, sodass man direkt anknüpfen kann. Viele Kolleginnen nutzen auch die Gyn-Untersuchung, um zu fragen, ob es irgendwie Beschwerden gibt. Das sind für mich die besten Situationen.

Frau Prof. Stute, vielen Dank für dieses Gespräch.

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