- Anzeige -
Dermatologie

Haut und Niere

Die kutanen Folgen der chronischen Niereninsuffizienz

Angelika Bauer-Delto

23.5.2025

Nierenerkrankungen können mit unterschiedlichen Symptomen an der Haut einhergehen. Bei chronischer Niereninsuffizienz entwickelt sich häufig ein sehr belastender Pruritus. Zu den selteneren Komplikationen zählen die perforierende Kollagenose und die Kalziphylaxie. Die Therapie ist eine Herausforderung.

Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen können eine Reihe Hautveränderungen entwickeln. Sehr häufig kommt es zu einer ausgeprägten Hauttrockenheit. Eine chronische Niereninsuffizienz oder die hierbei erforderlichen Medikamente können auch mit einem Telogeneffluvium einhergehen. Rund die Hälfte der Nierenkranken weist Halb-und-Halb-­Nägel auf, die durch eine proximal blasse und eine distal rotbraune Zone gekennzeichnet sind [1].

Nephrogener Pruritus: Wie behandeln?

Ein besonders quälendes Hautsymptom bei chronischer Niereninsuffizienz sei der nephrogene Pruritus, berichtete Prof. Dr. med. Thomas Dirschka, leitender Arzt der CentroDerm-Klinik in Wuppertal. Dieser ­betreffe 15– 49 % der Erkrankten, bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz sogar bis zu 90 %.

Der nephrogene Pruritus tritt bei akuter Niereninsuffizienz nicht auf, sondern entwickelt sich erst infolge struktureller Veränderungen bei chronischem Verlauf. Dabei scheinen veränderte Stoffwechselprozesse wie Hyperparathyreoidismus, Hyperkalzämie und Hyperphosphatämie eine Rolle zu spielen, die zu Xerosis, einer Proliferation von Mastzellen sowie zu einer sensorischen Neuropathie beitragen.

Oft lassen sich die Beschwerden therapeutisch nur eingeschränkt beeinflussen. Um eine bestehende Xerose zu verbessern, sollte die pflegende Basistherapie durch harnstoffhaltige Externa optimiert werden. Topische Calcineurin-Inhibitoren wie Pimecrolimus-Creme können versucht werden. Häufig werden Antihistaminika eingesetzt. Diese seien – auch in höheren Dosierungen – bei urämischem Pruritus jedoch wirkungslos.

Antihistaminika zeigen bei urämischem Pruritus keine Wirkung.

Von einer UV-Bestrahlung riet Dirschka ab, da bei einer eventuellen späteren Nierentransplantation infolge der Immunsuppression ohnehin das Hautkrebsrisiko erhöht wäre. Neue Hoffnung bedeutete zunächst die Zulassung von Difelikefalin zur Behandlung von mäßigem bis schwerem Juckreiz bei ­Erwachsenen mit einer chronischen Nierenerkrankung. Der κ-Opioidrezeptor-Agonist wird am Ende der Dialyse intravenös über den Rückspülkreislauf verabreicht. Klinischen Studiendaten zufolge ­konnte bei 49,1 % der Behandelten der nephrogene Juckreiz reduziert werden [2]. Allerdings kam es auch bei immerhin 27,9 % unter Placebo zu einer Besserung. Da es unter Difelikefalin zu erheblichen Nebenwirkungen wie Schwindel, Durchfall und Erbrechen kommen kann, konnte sich diese Therapie nicht als Standard durchsetzen, so Dirschka.

Interessant seien erste Studiendaten zu günstigen Effekten des IL-31-Rezeptorblockers Nemolizumab sowie Kasuistiken zum erfolgreichen Einsatz des monoklonalen IgG4-Antikörpers Dupilumab.

Reaktive perforierende Kollagenose: Was gibt es Neues?

Sehr belastend ist auch die reaktive perforierende Kollagenose (perforating disease of uremia), die neben der chronischen Niereninsuffizienz auch mit einem Diabestes mellitus assoziiert sein kann. Etwa 11 % der dialysepflichtigen Erkrankten sind davon betroffen [1]. Hierbei kommt es zu einer transepidermalen Elimination von Kollagen durch die Epidermis, wie histologische Untersuchungen gezeigt ­haben. Das klinische Bild ist durch Juckreiz und ­feste, rote Papeln gekennzeichnet, die auf eine Größe von 1–2 cm anwachsen. Nach Ablösen der Papeln bleiben ulzerierende Krater zurück, die nach einigen Wochen spontan unter Hyperpigmentierung und Narben­bildung abheilen. Zur Behandlung werden u. a. ­Kortikosteroide und Retinoide eingesetzt. Auch eine PUVA-Therapie kann versucht werden, insgesamt ­bleiben die Therapieerfolge aber begrenzt.

Vielversprechend sei die Gabe von Dupilumab. Kasuistiken demonstrierten den erfolgreichen Off-Label-Einsatz bei der erworbenen perforierenden Kollagenose. Auch das Potenzial von Nemolizumab und Baricitinib wurde bereits kasuistisch beschrieben.

Lebensbedrohlich: Kalziphylaxie

Ein seltenes, potenziell lebensbedrohliches ­Syndrom ist die Kalziphylaxie, die durch eine kalzifizierende Dermatitis und Pannikulitis gekennzeichnet ist. Die Inzidenz liege bei 4 von 10 000 Dialysepatientinnen und -patienten, berichtete Dirschka. Mehr als die Hälfte der Betroffenen versterbe innerhalb eines Jahres, weil sich sehr schnell Gefäßsklerosen entwickelten.

Die Kalziphylaxie wird durch eine Störung des Kalzium-Phosphat-Haushalts verursacht. Dabei kommt es zu einer Okklusion der Arteriolen und Kapillaren in der Dermis und im subkutanen Fettgewebe [1]. Betroffen sind vor allem Körperregionen mit höherem Fettgewebeanteil wie Abdomen, Gesäß, Oberschenkel und die unteren Extremitäten. Zunächst zeigen sich livide Läsionen an der Haut, die sich zu schmerzhaften Ulzera mit nekrotischem Gewebe entwickeln.

Therapeutisch werde versucht, den Kalzium-Phosphat-Haushalt zu optimieren, erklärte Dirschka. Oft bleibe jedoch nur eine supportive Behandlung. Diese könne je nach Bedarf eine Analgesie, ein adäquates Wundmanagement und chirurgisches Debridement oder auch eine hyperbare Sauerstofftherapie umfassen.

Prof. Dr. med. Thomas Dirschka
Facharzt für Dermatologie und Venerologie
Leitender Arzt der CentroDerm Wuppertal

info@centroderm.de

Mit Biologika gegen den Juckreiz

„Dupilumab hat sich in ausgeprägten Fällen von nephrogenem Pruritus als sehr effektiv erwiesen. Das sollte in Anbetracht des massiven Leidens­druckes Betroffener zu einem vermehrten Off-­Label-Einsatz motivieren, für den vorab ein ­Antrag bei der Krankenkasse zu stellen ist.“

  1. Arriaga Escamilla D et al., Cureus 2024; 16: e52253
  2. Mahmoud RH et al., Expert Rev Clin Immunol 2024; 20: 31–7

Vortrag „Hot topic: Haut und Innere” von Prof. Dr. med. Thomas Dirschka, 18. Derma Update, November 2024

Bildnachweis: privat

Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

No items found.
123-nicht-eingeloggt