Die DACH-Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz gelten bei der Frauengesundheit nicht als Vorreiter in Europa. Trotzdem stimmt der Trend. Die drei deutschsprachigen Länder mit unterschiedlicher Gesundheitsstruktur widmen dem Thema zunehmend größere Aufmerksamkeit.
Auf einem Hologic-Forum in Berlin wurde über die verschiedenen Ansätze in den einzelnen Ländern diskutiert [1]. „Das Bewußtsein für geschlechterspezifische Unterschiede von Gesundheit hat sich in den vergangenen Jahren deutlich geschärft, sie bedürfen aber in allen Bereichen von Forschung, Prävention, Diagnostik und Versorgung weiterer Aufmerksamkeit“, betonte Dr. Georg Kippels (CDU) in seinem Begrüßungswort. Kippels, seit 2013 MdB und derzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitministerium, definierte seine politische Tätigkeit im Sinne einer „stärkeren Berücksichtigung frauenspezifischer Gesundheitsthemen“. Es sei ihm ein „persönliches Anliegen, die geschlechtersensible Gesundheitsversorgung in dieser Legislaturperiode deutlich zu verbessern“.
Die 3 Länder lassen dazu unterschiedliche Ansätze und Strategien erkennen: In Österreich wurde dazu der „Aktionsplan Frauengesundheit – Österreichs Initiative für eine gleichgestellte Gesundheitsversorgung für Frauen“ erstellt, den Sylvia Gaiswinkler, Senior Health Expert Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit bei der Gesundheit Österreich GmbH, vorstellte. Gaiswinkler betonte, dass der ursprünglich vom Frauenministerium ins Leben gerufene Plan im fünften Jahr österreichweit von derzeit 50 Organisationen unterstützt wird und den Fokus auf „sozioökonomische Geschlechtsdeterminanten“ legt.
Deutschland, Österreich und die Schweiz haben beim Thema Frauengesundheit unterschiedliche Ansätze.
Der Plan baut auf 3 Lebensphasen auf: Pubertät, Frauen in der Menopause, ältere Frauen. Dazu wurden „focal points“ für die Frauengesundheit in den 9 Bundesländern erarbeitet. Einmal im Jahr findet dazu eine Vernetzungsveranstaltung statt und ein Frauengesundheitsbericht wird vorgelegt, der einen Perspektivenwechsel im Gesundheitssystem für Frauen und Mädchen bewirken soll. Dabei wurden Themen wie Menstruation und Menopause behandelt. Vor allem aber wird auch die Problematik der Endometriose angesprochen, unter der etwa 10 % der Österreicherinnen leiden, zwei Drittel von ihnen mit Schmerzen und unter Nutzung von pharmakologischen Gegenmitteln. Verhütung sei nach wie vor ein Problem, vor allem auch nur ein Frauenthema. Versorgung und Beratung dazu wird angeboten. Insgesamt gehe es auch darum, erhöhte Geschlechtersensibilität zu generieren.
Insgesamt geht es darum, in der Bevölkerung eine höhere Geschlechtersensibilität zu generieren.
In der Schweiz leben nach Darstellung der Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle, die digital zugeschaltet war, die „Frauen 3,8 Jahre länger als Männer, aber nicht gesünder; sie haben einen ähnlichen Lebensstil, aber nicht die gleichen Rechte“. Aufgrund unterschiedlicher Lebensbedingungen gehen Frauen häufiger zum Arzt. Dennoch werden frauenspezifische Krankheiten oft vernachlässigt – so dauere es im Durchschnitt etwa 10 Jahre, bevor eine Endometriose entdeckt werde.
Fehlmann Rielle, Autorin des Berichts „Gesundheit der Frauen. Bessere Berücksichtigung ihrer Eigenheiten“ als Grundlage für die Verbesserung der Frauengesundheit in der Schweiz, kritisierte die Benachteiligung von Frauen in der Forschung, bei der Medikamentenentwicklung, Prävention, Aus- und Weiterbildung, Nachsorge, beim Gesundheitspersonal. Global sollte Gender Health und Gender Medicine integraler Teil des Gesundheitssystems werden, Gesundheitspolitik sei stärker gendergerecht auszurichten, die Berücksichtigung des sozialen Geschlechts zu verbessern.
Als weitere Themen bis 2030 nannte Fehlmann Rielle: Gleichstellungsstrategien im Arbeitsleben, bessere Vereinbarung von Familie und Beruf, Diskriminierung sowie Gewalt und Geschlecht, vor allem auch häusliche Gewalt. Weiter bemängelte sie auch die Probleme infolge der föderalten Struktur der Schweiz sowie die Finanzkürzungen im öffentlichen Bereich.
In Deutschland sind nach Ansicht von Prof. Dr. med. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik der Technischen Universität München, jüngere Frauen meist gut informiert. Die Menopause nannte sie ein vernachlässigtes Thema, es fehle eine Abrechnungsziffer für Gynäkologen und Gynäkologinnen.
Dagegen wirke die Früherkennung. Von 1 000 mammografierten Frauen hätten 970 einen unauffälligen Befund, 6 die Diagnose Brustkrebs, 2 bis 6 Frauen seien vor Brustkrebstod bewahrt worden. Dennoch ist Brustkrebs in den DACH-Ländern für rund ein Viertel aller Krebserkrankungen verantwortlich und die Tendenz ist zunehmend. Brustkrebs wird auf absehbare Zeit seinen Schrecken nicht verlieren: starker Anstieg in Afrika, besonders aber in Asien: Zunahme um 40 %.
Auch die Früherkennung beim Zervixkarzinom nannte Kiechle eine Erfolgsgeschichte – die Eliminierungsquote liege bei 70 %, 90 % nannte sie als Ziel. Allerdings zeigt sich bei der Krebsfrüherkennung eine bildungsbedingte Lücke zwischen Stadt und Land: die Städterinnen seien mehr interessiert. Die WHO möchte Gebärmutterhalskrebs – als erste Nichtinfektionskrankheit – ausrotten. Das organisierte Screening in Form von Einladungen hat sich bewährt.
Die WHO hat sich zum Ziel gesetzt, das Zervixkarzinom als erste nichtinfektiöse Erkrankung auszurotten.
Vielleicht können die neue positive Stimmung und die bewusste politische Ausrichtung auf Frauengesundheit helfen, die Erfolgsraten bei den Präventionsangeboten zu verbessern. Denn wir sind weit davon entfernt, das Potenzial dieser Untersuchungen auszuschöpfen. In Deutschland nimmt derzeit allerdings nur jede zweite Frau am Screeningprogramm teil. Da ist in den kommenden Jahren also noch sehr viel Luft nach oben.