Adipositas hat sich in den vergangenen Jahren zur Volkskrankheit entwickelt – mit vielen Folgeerkrankungen im Gepäck. Die richtigen Schritte zur Gewichtsabnahme einzuleiten, liegt häufig in der Verantwortung der Haus- und Frauenärzte bzw. Haus- und Frauenärztinnen. Die Vorteile einer dauerhaften Gewichtsabnahme sind vielfältig.
Adipositas stellt eine der drängendsten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit dar – mit weitreichenden Folgen für nahezu jedes Organsystem. Bereits eine moderate Gewichtsreduktion kann signifikante medizinische Vorteile mit sich bringen. PD Dr. med. Tim Hollstein (Kiel) beleuchtete evidenzbasierte Daten zur klinischen Relevanz einer Gewichtsabnahme und zeigte auf, welche physiologischen, metabolischen und funktionellen Verbesserungen selbst durch geringe Reduktionsziele erzielt werden können. Verliert man 5 % Gewicht, dann hat das schon einen Effekt auf den Blutzucker, auf den Blutdruck. Und je mehr Gewicht man abnimmt, desto mehr positive Effekte lassen sich realisieren. Bei einer Gewichtsabnahme von über 15 % hat man dann wirklich positive Effekte auf das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, und ein Diabetes kann im Prinzip geheilt werden – also in Remissionen gehen (Abb.).
Er stellte dazu u. a. die Ergebnisse aus dem Studienprogramm SURMOUNT mit Tirzepatid vor. Nach 72 Wochen in höchster Dosis (Tirzepatid 15 mg) zeigten die Behandelten einen durchschnittlichen Gewichtsverlust von 22,5 %. Bei Prädiabetes wird der Übergang zu manifestem T2D zu 100 % verhindert, in 97 % der Fälle war eine Prädiabetes-Remission zu beobachten. Darüber hinaus verbesserte Tirzepatid das Outcome bei Erkrankten mit Adipositas und Herzinsuffizienz (HFpEF).
Bei einer Gewichtsabnahme von 15 % kann ein Diabetes geheilt werden – und KV-Risiken werden reduziert.
Zum Schluss wagte Dr. Hollstein noch einen Blick in die Zukunft: „2027 erwarten wir die Ergebnisse der Studie SURMOUNT-MMO, die dann wichtige Daten zur Mortalität bei Adipositas liefert. Ich gehe davon aus, dass wir dort eine Verbesserung oder Risikoreduktion unter Tirzepatid sehen werden.“
Einen anderen Risikofaktor, der mit Adipositas einhergeht, beleuchtete Prof. Dr. med. Christoph Schöbel (Essen): die obstruktive Schlafapnoe (OSA). Zunächst führte er ins klinische Bild dieser Erkrankung ein: „Es wird niemand an diesen Atemstörungen versterben und die wenigsten Betroffenen können sich überhaupt an die damit verbundene Weckreaktion erinnern. Schlafapnoe ist akut nicht lebensbedrohlich, unbehandelte Atemstörungen setzen dem Körper aber erheblich zu. Sie erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und leider auch für neurologische Erkrankungsbilder. Weil das Gehirn das sauerstoffsensibelste Organ ist, steigt auch das Risiko für Depressionen und Gedächtnisstörungen bis hin zu Demenzerkrankungen.“
Er stellte die Ergebnisse der SURMOUNT-OSA vor. Dieses Studienprogramm umfasste 2 doppelblinde, randomisierte Studien bei Patientinnen und Patienten mit Adipositas und relevanter OSA (Apnoe-Hypopnoe-Index [AHI] > 15/h). Unter Tirzepatid zeigte sich neben der signifikanten Gewichtsreduktion eine klinisch relevante Reduktion des AHI als Marker der Schlafapnoe, z. T. bis in Bereiche ohne weitere Therapienotwendigkeit. Daneben zeigte sich eine Verbesserung der subjektiven Schlafqualität, der nächtlichen Sauerstoffversorgung und des Blutdrucks.
Ein Blick in die Praxis
Einen Blick in die Praxis warf Dr. med. Petra Sandow (Berlin). „Im Moment sind wir an dem Punkt, dass wir Tirzepatid Patienten mit Typ-2-Diabetes verordnen dürfen, bei den Typ-2-Diabetikern ist es eine Kassenleistung. Bei den adipösen Patienten ist es eine Privatleistung“, führte sie aus.
Sie hatte 2 Patientenfälle mitgebracht und ging auch auf den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Diabetes ein: „Ich habe nochmal in meine Patientenklientel geschaut und würde sagen, es sind 9,9 von 10. Ich habe kaum Typ-2-Patienten, die nicht deutlich übergewichtig sind.“
Wichtig ist eine gute Beratung vor der ersten Injektion – dann kommen die meisten Patienten gut zurecht.
Praktische Tipps zur Therapie mit Tirzepatid bei Typ-2-Diabetes oder Adipositas hatte sie ebenfalls. „Wichtig ist eine gute Beratung vor der ersten Injektion“, betonte sie. „Übelkeit tritt primär zu Therapiebeginn auf, meist nur bei den ersten vier Injektionen. Die Patienten sollten fettreiches Essen meiden, auf eine ausreichende Trinkmenge achten und nicht über das Sättigungsgefühl hinaus essen.“ Ihr Tipp: Bei Erkrankten, die bei den ersten Injektionen über Übelkeit klagen, kann man die Startdosis von 2,5 mg auch ein wenig länger als 4 Wochen geben. „Ich titriere erst auf, wenn die Erkrankten das wirklich gut vertragen“, sagte sie und zog das Fazit: „Mit ein wenig Beratung bei der ersten Verschreibung ist Tirzepatid sehr gut verträglich, sehr einfach anzuwenden und hocheffektiv zur HbA1c-Kontrolle sowie zur Gewichtsreduktion.“
Pressekonferenz „Mit Mounjaro® Gesundheit neugestalten – bei Typ-2-Diabetes oder Adipositas“ (Veranstalter: Lilly Deutschland GmbH), März 2025