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Dermatologie

Handekzem

Therapeutisch und präventiv eingreifen

Dr. med. Yuri Sankawa

Der Umgang mit schweren Verlaufsformen des chronischen Handekzems (CHE) stellt eine enorme psychosoziale Belastung für den Patienten bzw. therapeutische Herausforderung für den Behandler dar. Die Identifizierung von Risikofaktoren für die Chronifizierung des Handekzems und eine gezielte Anamnese spielen bei der Therapieplanung und Optimierung von Präventionsmaßnahmen eine wichtige Rolle.

Als dermatologische Erkrankung mit chronischem Verlauf ist das Handekzem (HE) mit einer erheb­lichen Krankheitslast für das Individuum und die Gesellschaft verbunden. Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen erlebt im Verlauf eine Beeinträchtigung des eigenen Soziallebens. Für Frauen ist die Erkrankung zudem im Alltag tendenziell mit größeren Belastungen verbunden, da sie häufig den Großteil der Hausarbeit übernehmen. Zu den möglichen unerwünschten beruflichen Konsequenzen können längerfristige Krankschreibungen zählen, eine ungewollte Versetzung im Job oder die Notwendigkeit, frühzeitig in den Ruhestand zu gehen. Das HE wirkt sich in vergleichbarem Ausmaß auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität aus, wie eine atopische Dermatitis, Psoriasis oder Asthmaerkrankung. Die Krankheitsschwere korreliert zudem mit einer Verringerung an Lebensqualität. Weiterhin wird bei Patienten mit berufsbedingtem HE eine hohe Prävalenz komorbider psychiatrischer Er­kran­k­ungen wie Depressionen oder Angststörungen beobachtet.

Therapie

Prinzipiell richtet sich das Therapiekonzept nach dem Schweregrad, der Krankheitsätiologie (atopisch, allergisch, irritativ), der Akuität (akut vs. chronisch) sowie der Morphologie und Lokalisation des HE. Ein leitliniengerechtes Stufenkonzept für die Behandlung orientiert sich am HE-Schweregrad und umfasst neben pharmakologischen Therapiemodalitäten den multimodalen Einsatz patienten­edukativer und basistherapeutischer Maßnahmen (Abb. 1). Entlang der Leitlinie werden nachfolgend die gängigsten Therapieoptionen vorgestellt. Das CHE stellt eine besondere Herausforderung dar, da die häufig multifaktorielle Ätiologie einen komplexen, multimodalen Therapieansatz erforderlich macht. Allerdings beziehen sich nur wenige klinische Studien explizit auf Patientenpopulationen mit einem CHE. Die kürzlich publizierten Langzeitauswertungen der CARPE-Registerstudie zur the­rapeutischen Versorgung von CHE-Patienten in Deutschland sprechen immerhin dafür, dass sich in Bezug auf den initialen Schweregrad der Erkrankung substanzielle Verbesserungen erzielen lassen, wenn die Patienten eine konsequente dermatologische Versorgung erhalten.

Allgemeine Maßnahmen und Hautpflege

Die Anwendung von Hautpflegeprodukten wird für alle HE-Patienten empfohlen (Abb. 1). Sie können die Barrierefunktion der Haut verbessern und bei Hautpflegemitteln mit hohem Lipidanteil zeigte sich der Heilungsprozess nach Hautirritation unter experimentellen Bedingungen beschleunigt. Die Wahl des Pflegeprodukts soll auf die individuelle Exposition und den Hautzustand abgestimmt werden, ohne dass spezifische Empfehlungen zu Hautpflegeprodukten gemacht werden. Eine Coch­rane-Analyse zum Stellenwert von Emollienzien und Feuchtigkeitscremes bei Ekzempatienten kam ebenfalls zu dem Schluss, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass es unter den Pflegemitteln Wirksamkeitsunterschiede gibt. Die positiven Effekte fielen im Zusammenspiel mit aktiven Therapien höher aus, d. h., die Zeit bis zum nächsten Schub zeigte sich verlängert, während die Anzahl der Schübe und der Gebrauch von topischen Kortiko­steroiden verringert werden konnte. Ergänzend sind die Patienten im Zuge der Patientenschulung dazu angehalten, den Kontakt mit Allergenen und Irritanzien konsequent zu vermeiden und das Hautschutzprogramm (vgl. Prävention) umzusetzen (Abb. 1).

Topische Therapie

Topische Kortikosteroide (CS) werden als Erstlinientherapie empfohlen und werden im deutschen Versorgungsalltag beim HE am häufigsten verordnet. Aus der CARPE-Studie geht hervor, dass bei einem CHE insgesamt 51,2 % der Patienten initial topische CS erhielten, darunter 23,1 % potente CS und 5,9 % sehr potente CS. Im Verlauf nahm ihr Anteil jedoch ab, nach fünf Jahren wurden nur noch 29,9 % der CHE-Patienten mit topischen CS behandelt. Topische CS können allerdings die regenerativen Mechanismen des Stratum corneum beeinträchtigen, eine Hautatrophie induzieren und negative Langzeiteffekte auf die Abheilung haben. Daher werden sie in erster Linie für die Akut­anwendung empfohlen (einmal tägliche topische Anwendung ausreichend). Dass allergische Kontaktekzeme nicht selten auch durch topische Kortikosteroide verursacht ­werden können, sollte beim HE mit fehlendem Ansprechen berücksichtigt werden. Zudem können topische CS systemisch absorbiert werden und in seltenen Einzelfällen auch unerwünschte systemische Wirkungen verursachen (z. B. Nebennierenrindensuppression). Da beim Absetzen Rebound-Phänomene möglich sind, sollte das Ausschleichen der topischen CS sorgfältig geplant werden. Topische Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus) können alternativ infrage kommen, wenn der Patient auf eine Langzeitbehandlung angewiesen ist. Arzt und Patient müssen allerdings berücksichtigen, dass sie zur Behandlung des HE – außer bei Patienten mit atopischem Handekzem – nicht zugelassen sind. Einer frühen Auswertung der CARPE-Studie zufolge erhielten 28,3 % der CHE-Patienten vor Einschluss in die Registerstudie ­Calcineurin-Inhibitoren.

Physikalische Therapie

Die topische Photochemotherapie wird bei Patienten eingesetzt, die trotz adäquater Behandlung mit topischen CS chronisch-rezidivierende Verläufe entwickeln. Die ESCD(European Society of Contact Dermatitis)-Leitlinie weist darauf hin, dass sich unter der Langzeitanwendung das kutane Malignomrisiko erhöhen kann. Der CARPE-Studie zufolge wurden CHE-Patienten bis zu einem Anteil von 38 % mit einer UV-B-Phototherapie behandelt. Am häufigsten kam eine Creme-PUVA-Therapie zum Einsatz, die in der Regel mit einem Photosensibilisator aus der Gruppe der Cumarine kombiniert wird. Trotz häufiger Anwendung in der Praxis konnte der aktuelle Cochrane-Bericht anhand der verfügbaren Studienlage nicht feststellen, ob es zwischen der Therapie mit PUVA oder topischen CS Unterschiede bei der Wirksamkeit gibt.

Systemische Therapie

Erweist sich eine topische Therapie allein oder auch als Ergänzung einer physikalischen Therapiemaßnahme als nicht ausreichend wirksam, kommt der Einsatz systemischer Therapeutika infrage (Abb. 1). Während der CARPE-Studie betrug der Anteil der CHE-Patienten, die einer systemischen Therapie bedurften, initial 35,3 %. Das systemisch eingesetzte orale Vitamin-A-Derivat Alitretinoin ist seit 2008 zur Therapie von schweren CHE indiziert, die auf die Behandlung mit potenten topischen CS nicht ansprechen. Alitretinoin wirkt als Agonist der Retinoidrezeptoren RAR sowie RXR und wird mit immunmodulatorischen, anti­in­flam­matorischen und potenziell epidermalen Effekten auf molekularer Ebene in Verbindung gebracht. Für den Einsatz beim schweren CHE spricht die starke Evidenz gegenüber Placebo. Innerhalb der Registerstudie CARPE kam Alitretinoin bei 19,7 % der CHE-Patienten zur Anwendung. Die ESCD-Leitlinie empfiehlt Alitretinoin auch als alternative Zweitlinientherapie zu topischen CS bei schwerem CHE. Als häufigste Nebenwirkung wurden dosiskorrelierte Kopfschmerzen berichtet. Aufgrund ihres teratogenen Potenzials dürfen orale Retinoide nicht während der Schwangerschaft eingenommen werden. Der Einsatz bei Frauen im gebärfähigen Alter setzt eine sichere Kontra­zeption voraus. Für die kurzzeitige symptomatische Behandlung eines akuten HE oder bei akuten Schüben eines CHE werden systemische CS eingesetzt, in der CARPE-Registerstudie kamen sie bei CHE-Patienten nach Alitretinoin als zweithäufigste Therapie­option zum Einsatz (14,4 %). Deutlich seltener als eine systemische Therapie kamen Methotrexat, Ciclo­sporin, Azathioprin oder Acitretin zur Anwendung, welche in dieser Indikation allerdings nicht zugelassen sind. Die Evidenz für die Wirksamkeit einer Systemtherapie mit Ciclosporin bei HE gilt als moderat, während sie für Methotrexat oder Azathioprin als sehr niedrig eingestuft wird bzw. fehlt. Obwohl weder systemische noch topische Antihistaminika (fehlende Evidenz bzw. Sensibilisierungsrisiko bei topischer Anwendung) empfohlen werden, kommen sie im klinischen Alltag vergleichsweise häufig zum Einsatz (25,6 % der CHE-Patienten in der CARPE-Registerstudie). Inwieweit sich das Spektrum der systemischen Therapieoptionen insbesondere für CHE-Patienten künftig durch neue, evidenzbasierte Wirkansätze erweitern lässt, bleibt abzuwarten. Vielversprechende Biologika mit unterschiedlichen Zielmolekülen wie Dupilumab oder Delgocitinib befinden sich derzeit noch in klinischer Prüfung.

Prävention

Da das CHE mehrheitlich Berufstätige jüngeren Lebensalters betrifft und erhebliche direkte und indirekte Kosten für die Gesellschaft verursacht, die mit der Schwere der Erkrankung bzw. dem Therapieaufwand korrelieren, kommt der Prävention ein hoher Stellenwert zu. Die ESCD-Leitlinie empfiehlt, über eine Minimierung von Risikofaktoren (primäre Prävention) bereits der Entstehung von HE entgegenzuwirken. Dazu gehören gesetzliche Regelungen, um den Einsatz belastender Berufsstoffe einzuschränken (z. B. chromatarmer Zement) und frühzeitige Schulungen im Bereich der Gesundheitserziehung (z. B. durch Arbeitgeber, Hausärzte). Wichtiger Bestandteil des Hautschutzkonzeptes ist dabei das Tragen von Schutzhandschuhen. Allerdings müssen bei der Auswahl des Handschuhmaterials vorbekannte Sensibilisierungen beachtet werden; zudem können sich insbesondere flüssigkeitsdichte Handschuhe aufgrund ihres okklusiven Effektes ungünstig auf den Hautbefund auswirken. Hautschutz-, Hautpflege- und Hautreinigungsprodukte („berufliche Hautmittel“) sind eben­falls Bestandteil eines Hautschutzkonzeptes am Arbeitsplatz, um die Entwicklung berufsbedingter HE zu erschweren. Hat sich das HE bereits manifestiert, sind sekundäre Präventionsmaßnahmen angezeigt. Ziel der Maßnahmen ist es, eine Chronifizierung des HE bzw. Verschlimmerung der Erkrankung zu verhindern. Dazu zählt auch die zeitnahe Implementierung von praktischen Empfehlungen zum Hautschutz (Abb. 2). Liegt der Verdacht auf ein beruflich bedingtes HE vor, erfolgt mit dem Einverständnis des Patienten zur Einleitung des Hautarztverfahrens eine Meldung an den Unfallversicherungsträger (Erstbericht Hautarzt BK 5101, Formular F 6050). Zu den Präventionsangeboten gehört beispielsweise auch die Teilnahme an ambulanten Schulungs­seminaren. Tertiäre Präventionsmaßnahmen entsprechen im Prinzip den sekundärpräventiven Maßnahmen, der Fokus liegt aber auf Patienten mit schweren HE und/oder CHE, bei denen sich ambulante, sekundäre Präventionsmaßnahmen als nicht ausreichend wirksam erwiesen haben (z. B. sind stationäre Heilverfahren erforderlich). Ziel ist unter Einbeziehung sektorenübergreifender, interdisziplinärer, psychologischer und rehabilitativer Interventionen die Verbesserung des aktuellen klinischen Zustands, die möglichst lang anhaltende Abheilung und nach Möglichkeit die Fortsetzung der Berufstätigkeit im bisherigen Arbeitsumfeld.

Literatur bei der Autorin

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