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Allgemeinmedizin

Adipositastherapie

Pharmaka werden immer effektiver

Dr. med. Marleen Würfel, Prof. Dr. med. Anke Tönjes

8.8.2025

Adipositas ist als chronische Erkrankung mit multiplen metabolischen Folgeerkrankungen assoziiert. Die Leitlinie betont die Bedeutung einer langfristigen, multimodalen Therapie, bei der neben Änderungen des Lebensstils auch medikamentöse Optionen eine zentrale Rolle spielen. Deren Entwicklung schreitet rasch voran.

Adipositas ist mit einer Vielzahl metabolischer, kardiovaskulärer und onkologischer Komorbiditäten assoziiert und stellt aufgrund der hohen Prävalenz eine der zentralen Herausforderungen in der gegenwärtigen Gesundheitsversorgung dar. Die aktualisierte S3-Leitlinie „Prävention und Therapie der Adipositas“ (2024) betont den Charakter der Erkrankung als chronisch, multifaktoriell und systemisch, mit entsprechend langfristigem Therapiebedarf. Neben nicht medikamentösen Interventionen erhält die Pharmakotherapie einen zunehmenden Stellenwert, insbesondere bei therapierefraktären Verläufen oder schwerer Adipositas (BMI ≥ 30 kg/m² bzw. ≥ 27 kg/m² mit Begleiterkrankungen) [1].

In Deutschland sind gegenwärtig folgende Wirkstoffe zur medikamentösen Therapie der Adipositas zugelassen: Orlistat, Semaglutid, Liraglutid, Tirzepatid sowie die Fixkombination aus Bupropion und Naltrexon (kein Vertrieb seit 2021 in Deutschland). Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) empfiehlt den Einsatz dieser medikamentösen Therapien, wenn individuelle Therapieziele mittels multimodaler Basistherapie aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie nicht erzielt oder aufrechterhalten werden können [1].

Pathophysiologie und zentrale Regulation

In der Pathophysiologie der Adipositas spielt die zentrale Regulation des Essverhaltens eine entscheidende Rolle. Ziel medikamentöser Strategien ist sowohl die Verringerung der Energieaufnahme als auch die Steigerung des Energieverbrauchs durch Beeinflussung metabolischer Prozesse oder durch Modulation zentraler Regulationsmechanismen von Sättigung und Hungergefühl [2]. Die Regulation der Nahrungsaufnahme, des Energieverbrauchs und der Körpergewichtshomöostase erfolgt wesentlich über hypothalamische Strukturen, insbesondere den Nucleus arcuatus (ARC) und das paraventrikuläre System [3].

Im ARC lassen sich funktionell antagonistische Neuronengruppen differenzieren: orexigene (appetitanregende) AgRP/NPY-Neurone, die Neuropeptid Y (NPY) und Agouti-related-Peptide (AgRP) exprimieren, sowie anorexigene (appetithemmende) POMC-Neurone, die Proopiomelanocortin exprimieren. Beide Zelltypen tragen Rezeptoren für periphere Hormone wie Insulin und Leptin und spielen daher eine Schlüsselrolle in der zentralen Regulation der Energiehomöostase [3].

Darüber hinaus modulieren auch gastrointestinale Hormone – insbesondere Glukagon-like Peptide-1 (GLP-1), Peptid YY (PYY) und Ghrelin – über spezifische Rezeptoren im ZNS die Nahrungsaufnahme und das Sättigungsempfinden. Bei Adipositas ist die zentrale Signalverarbeitung dieser hormonellen Rückkopplung häufig gestört, was zu einer Erhöhung des individuellen energetischen Sollwerts führt und somit eine anhaltende Gewichtszunahme begünstigt.

BMI als Basis für die Therapieentscheidung?

Der Body-Mass-Index (BMI) allein als Grundlage für Therapieentscheidungen wird zunehmend kritisch gesehen. Denn obwohl der BMI leicht anzuwenden ist, liefert er nur wenig Aussagekraft hinsichtlich der individuellen Krankheitslast oder bezüglich organspezifischer Komplikationen.

Ergänzend empfohlen werden daher weitere Untersuchungen wie die Bestimmung von Bauch- und Hüftumfang oder die Bioimpedanzanalyse, welche kostengünstig zwischen Fettmasse und fettfreier Körpermasse unterscheiden kann und so eine wichtige Entscheidungshilfe für die Behandlung liefert [1,4]. Das Edmonton Obesity Staging System (EOSS) oder das europäische Adiposity-Based Chronic Disease (ABCD)-Modell stellen als spezifische Scores ebenfalls wichtige Hilfen zur Risikoabschätzung und für die Entscheidungsfindung bezüglich einer Therapieeinleitung dar. Sie integrieren klinische, metabolische und psychosoziale Parameter zur Bestimmung des Schweregrads von Komorbiditäten und ermöglichen eine individualisierte Therapieplanung [1].

Entero-pankreatische hormonbasierte Therapien – Stand, Potenzial und Perspektiven
GLP-1-Rezeptoragonisten und duale Agonisten

Gemäß der aktuellen Leitlinie sollte die Auswahl der medikamentösen Therapie bei Adipositas stets individuell erfolgen. Entscheidende Kriterien hierfür sind die patientenzentrierten Therapieziele, das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil der Substanzen, das Vorliegen relevanter Komorbiditäten sowie der spezifische Wirkmechanismus des gewählten Medikaments [1]. Für Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2D), bei denen eine Gewichtsreduktion Teil der therapeutischen Zielsetzung ist, sprechen die Empfehlungen explizit für den Einsatz von GLP-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) [1].

Aktuelle Daten untermauern die pleiotropen Effekte inkretinbasierter Therapeutika wie Liraglutid, Semaglu­tid und Tirzepatid (s. u.) [5]. Diese Wirkstoffe zeigen nicht nur eine ausgeprägte Wirksamkeit hinsichtlich der Gewichtsreduktion, sondern besitzen darüber hinaus einen nachgewiesenen kardiometabolischen Nutzen. Sie tragen dazu bei, Begleiterkrankungen wie T2D, nicht alkoholische Fettlebererkrankung (MASLD) und obstruktive Schlafapnoe zu verbessern oder deren Manifestation zu verhindern [6].

Besonders hervorzuheben sind die aktuellen Ergebnisse der SELECT-Studie (Semaglutide Effects on Cardiovascular Outcomes in People with Overweight or Obesity), die eine statistisch signifikante Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse unter Sema­glutid 2,4 mg bei Menschen mit Adipositas und vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankung – jedoch ohne T2D – im Vergleich zur Standardtherapie zeigen [7].

Tirzepatid ist der erste zugelassene duale, unimolekulare Rezeptor-Coagonist, der sowohl am GLP-1-­Rezeptor als auch an dem für das glucoseabhängige insulinotrope Polypeptid (GIP) wirkt. Dieser duale Wirkmechanismus führt zu einer signifikant stärkeren Gewichtsabnahme als unter GLP-1-RA [8,9].

Die überlegene Wirksamkeit von Tirzepatid konnte im Zuge des Phase-III-Studienprogramms SURPASS für Personen mit T2D nachgewiesen werden [10]. Die Wirksamkeit in der Adipositastherapie ohne T2D wurde im SURMOUNT-Studienprogramm umfassend evaluiert [11]. Die Ergebnisse der kardiovaskulären Outcome-Studie SURMOUNT-MMO, die den Einfluss von Tirzepatid auf Morbidität und Mortalität bei Erwachsenen mit Adipositas und erhöhtem kardiovaskulärem Risiko ohne T2D untersucht, werden für das Jahr 2027 erwartet.

GLP-1-, GIP- und Glukagon-Coagonisten

Kombinationstherapien, die mehrere hormonelle Wirkmechanismen gleichzeitig adressieren, gelten als nächste Generation der Adipositasmedikation. Besonders vielversprechend ist Retatrutid, ein Triple-Agonist, der GLP-1-, GIP- und Glukagonrezeptoren gleichzeitig aktiviert. Durch diesen multimodalen Ansatz sollen synergistische Effekte auf Appetitregulation, Energieverbrauch und Glucosemetabolismus erzielt werden. In einer doppelblinden, randomisierten Phase-II-Studie erzielte Retatrutid in der höchsten Dosierung (12 mg) nach 24 Wochen bei Erwachsenen mit Adipositas (BMI > 30 kg/m²) oder Übergewicht (BMI > 27 kg/m²) in Kombination mit metabolischen Begleiterkrankungen eine durchschnittliche Gewichtsreduktion von bis zu 17,5 % [10]. Zudem konnten signifikante Verbesserungen in kardiovaskulären Markern wie Blutdruck, HbA1C und Lipiden verzeichnet werden. Das Sicherheitsprofil entsprach dabei dem anderer inkretinbasierter Therapiestrategien. Diese Ergebnisse unterstreichen das erhebliche Potenzial dieser neuen Substanzklasse für eine noch wirksamere und differenziertere Adipositastherapie [12]. Ein Phase-III-Studienprogramm mit Retatrutid (TRIUMPH) untersucht derzeit Sicherheit und Wirksamkeit des Wirkstoffs bei verschiedenen Patientengruppen mit Adipositas, unter anderem mit obstruktiver Schlafapnoe, T2D, kardiovaskulären Vorerkrankungen und Osteoarthritis.

GLP-1- und Glukagon-Coagonisten

Glukagon-Agonismus fördert die Gewichtsreduktion, indem er die Nahrungsaufnahme reduziert, den Energieverbrauch steigert und die Fettsäureoxidation in der Leber anregt. In Kombination mit GLP-1-­Agonisten kann so der Gewichtsverlust verstärkt und der Blutzucker stabilisiert werden, wobei auch der Aminosäurestoffwechsel erhöht und der Energieverbrauch weiter gesteigert wird [13].

Survodutid ist ein GLP-1/Glukagon-Coagonist, der sich in Phase-III-Studien als Behandlung für Adipositas befindet (SYNCHRONIZE-Programm). In einer kürzlich abgeschlossenen Phase-II-Studie führte eine einmal wöchentliche Behandlung mit Survodutid über 46 Wochen zu einer dosisabhängigen mittleren Gewichtsreduktion von bis zu 18,7 % bei Patienten und Patientinnen mit Übergewicht [14]. Die mittlere HbA1C-Reduktion war bei den höheren Dosen von Survodutid der bei Semaglutid 1 mg überlegen (1,9 % vs. 1,5 %) [15]. Trotz ähnlicher schwerwiegender unerwünschter Ereignisse (SAE) wie bei Semaglutid 1 mg brachen 10–30 % der Behandelten aufgrund unerwünschter Ereignisse die Therapie ab, im Vergleich zu 4 % bei Semaglutid 1 mg.

Survodutid erhielt die Fast-Track-Zulassung der FDA für Erwachsene mit metabolischer Dysfunktion-assoziierter Steatohepatitis (MASH) (NCT04771273).

Mazdutid stellt einen weiteren einmal wöchentlich zu verabreichenden GLP-1/Glukagon-Coagonisten dar, der in einem Phase-III-Programm mit Übergewichtigen oder Adipösen untersucht wurde [16]. In die Studie eingeschlossen wurden Personen im Alter von 18 bis 75 Jahren, mit einem BMI von mind. 28 kg/m² oder 24 kg/m² bei Vorliegen mind. einer gewichtsassoziierten Komorbidität. Der primäre Endpunkt einer Gewichtsreduktion von mindestens 5 % gegenüber dem Ausgangsgewicht nach 32 Wochen wurde in allen Behandlungsgruppen erreicht [16]. Darüber hinaus wurden positive Effekte auf vordefinierte kardiovaskuläre Ereignisse beobachtet, was auf ein erweitertes therapeutisches Potenzial von Mazdutid über die reine Gewichtsreduktion hinaus hinweist.

Orale GLP-1-Analoga

Orales Semaglutid muss aufgrund seiner geringen Bioverfügbarkeit in einer höheren Dosis eingenommen werden, zeigt jedoch eine vergleichbare Wirksamkeit wie die subkutane Injektion. So ist orales Semaglutid 14 mg bereits für die Therapie von T2D zugelassen. Auch für die Adipositas­therapie wird eine EU-Zulassung erwartet. In OASIS-1, einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrol­lierten Phase-III-Studie, zeigte die einmal täglich eingenommene orale Semaglutid-Dosis von 50 mg bei Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipo­sitas nach 68 Wochen eine deutliche Gewichtsreduktion im Vergleich zu Placebo (17,4 % vs. 1,8 %) [17].

Orforglipron hingegen stellt einen oralen, einmal täglich einzunehmenden, nicht peptidischen GLP-1-­Rezep­toragonisten dar, welcher mit dem GLP-1-­Rezeptor anders als natives GLP-1 interagiert [13]. Das orale Inkretinmimetikum wird zur Behandlung von Adipositas und T2D untersucht und könnte eine vielversprechende Alternative zu oralem Sema­glutid bieten, da es nicht in nüchternem Zustand eingenommen werden muss [18]. In einer Phase-II-Studie bei Menschen mit Adipositas führte die Einnahme von Orforglipron über 36 Wochen zu einer dosisabhängigen Gewichtsreduktion von bis zu 14,7 % bei gleichzeitiger Verbesserung kardiometabolischer Risikofaktoren [19].

Derzeit laufen mehrere Phase-III-Studien mit oralem Semaglutid und Orforglipron für verschiedene Patientengruppen (NCT05803421), während sich ein weiterer oraler GLP-1-Rezeptoragonist (CT-996) in frühen klinischen Studien befindet.

Amylinagonismus

Amylin wird gemeinsam mit Insulin aus den β-Zellen des Pankreas freigesetzt und spielt eine zentrale Rolle in der postprandialen Sättigungsregulation, indem es über Rezeptoren im Hirnstamm die Nahrungsaufnahme senkt. Zusätzlich verzögert es die Magenentleerung, hemmt die Glukagonsekretion und verbessert so den Glucosestoffwechsel, ohne dabei den Energieverbrauch negativ zu beeinflussen [13].

Pramlintid, das erste synthetisch hergestellte Amylin-Analogon, zeigte in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie bei Patienten und Patientinnen mit Adipositas eine signifikante Gewichtsreduktion bereits nach 4 Monaten. Bemerkenswert ist, dass dieser Effekt auch nach 12 Monaten unter fortgeführter Therapie in Kombination mit Lebensstilinterventionen erhalten blieb [20].

Cagrilintid, ein lang wirksamer Amylin-Agonist, zeigte in einer Phase-II-Studie bei Personen mit BMI ≥ 30 oder 27 kg/m² mit Hypertonie oder Dyslipidämie, aber ohne T2D, eine dosisabhängige Gewichtsabnahme von 6–10,8 % im Vergleich zu 9 % unter Liraglutid 3 mg und 3 % unter Placebo nach 26 Wochen [21].

Weitere Amylin-basierte Wirkstoffe, darunter auch duale Amylin- und Calcitoninrezeptor-Agonisten, befinden sich derzeit in frühen klinischen Entwicklungsphasen.

Fixkombination GLP-1-RA und Amylinagonist

Die Kombination von GLP-1-Rezeptoragonisten und Amylin-Analoga zeigt aufgrund teils überlappender, teils ergänzender Wirkmechanismen einen synergistischen Effekt auf die Gewichtsreduktion. In einer Phase-Ib-Studie erzielte die Kombination aus Cagrilintid und Semaglutid (CagriSema) nach 20 Wochen eine Gewichtsabnahme von bis zu 17,1 % – verglichen mit 9,5 % in der Gruppe mit 2,4 mg Semaglutid plus Placebo [22]. Auch in einer Phase-II-Studie bei Menschen mit T2D und Übergewicht oder Adipositas war CagriSema der Monotherapie mit Semaglutid 2,4 mg oder Cagrilintid 2,4 mg überlegen (15,6 % vs. 8,1 % bzw. 5,1 % Gewichtsverlust) und führte zudem zu einer stärkeren HbA1C-Senkung [23]. Gastrointestinale Nebenwirkungen traten unter der Kombination häufiger auf, führten jedoch nur selten zum Therapieabbruch. Ein Phase-III-Studienprogramm (REDEFINE) zur weiteren Prüfung der Sicherheit und Wirksamkeit läuft derzeit.

Zusätzlich befindet sich mit Amycretin ein oraler GLP-1-/Amylin-Coagonist in der frühen klinischen Entwicklung.

Therapie monogener Adipositasformen

Monogene Adipositasformen sind selten und konnten lange nicht ursächlich behandelt werden. Zwar richten sich die aktuellen internationalen Leitlinien zur Adipositas nicht spezifisch an seltene Erkrankungen des MC4R-Signalwegs, doch steht mit Setmelanotid in Deutschland erstmals eine gezielte Behandlungsoption für bestimmte genetisch bedingte Adipositasformen zur Verfügung, die mit einer reduzierten Aktivierung des MC4-Rezeptors assoziiert sind. Setmelanotid kann die Aktivität des MC4-Rezeptor-Signalwegs wiederherstellen, was zu einer Reduzierung des Hungergefühls, einer geringeren Kalorienaufnahme und einem erhöhten Energieverbrauch führt [24]. Die Zulassung von Setmelanotid besteht für Patienten ab 6 Jahren mit Bardet-Biedl-Syndrom (BBS), Proopiomelanocortin(POMC)-Defizienz oder Leptinrezeptor(LEPR)-Mangel. Die subkutane Applikation erfolgt einmal täglich zu Tagesbeginn.

In einer Phase-III-Studie konnte ein signifikanter Gewichtsverlust von ≥ 10 % bei 80 % der POMC- und bei 45 % der LEPR-Mutationsträger nach 12 Monaten Setmelanotid-Therapie verzeichnet werden [24]. In einer 12-monatigen Studie mit 32 an BBS Erkrankten, darunter Kinder ab 6 Jahren mit einem BMI über der 97. Perzentile sowie Erwachsene mit einem BMI von ≥ 30 kg/m², konnte unter Setmelanotid eine deutliche Gewichtsreduktion beobachtet werden: Nach einem Jahr erzielten 32,3 % der Jugendlichen ab 12 Jahren und 46,7 % der Erwachsenen einen Gewichtsverlust von mindestens 10 % [25].

Ausblick auf zukünftige Entwicklungen

Derzeit werden auch alternative Therapiestrategien erforscht, die nicht auf entero-pankreatischen Hormonen basieren.

Bimagrumab

Bimagrumab ist ein monoklonaler Antikörper, der das Wachstum der Skelettmuskulatur fördert, indem er den Activin-Typ-II-Rezeptor blockiert. In einer 48-wöchigen Phase-II-Studie bei Menschen mit T2D und Adipositas zeigte sich eine signifikante Reduktion der Fettmasse (20,5 % vs. 0,5 % unter Placebo) und eine Zunahme der fettfreien Masse (3,6 % vs. -0,8 % unter Placebo), bei einer Gesamtkörpergewichtsreduktion von -6,5 % im Vergleich zu -0,8 % unter Placebo [25]. Bimagrumab könnte eine vielversprechende Behandlungsoption für sarkopene Adipositas darstellen, da im Gegensatz zu den anderen bisher vorgestellten Therapiekonzepten die Muskelmasse erhalten bleibt. Aktuell wird eine Phase-­II-Studie für die Kombination von Bimagrumab mit Semaglutid zur Adipositasbehandlung durchgeführt (NCT05616013).

Growth/differentiation factor-15 (GDF-15)

Einen weiteren vielversprechenden therapeutischen Ansatz stellt das stressinduzierte Zytokin GDF-15 dar, das in verschiedenen Zelltypen wie Kardiomyozyten, Adipozyten und Makrophagen exprimiert wird [26]. Die Verwendung von GDF-15-Rezeptoragonisten als potenzielle Behandlungsmöglichkeit basiert auf der Beobachtung, dass von Tumoren sezerniertes GDF-15 mit einer Gewichtsreduktion korreliert [27]. In Tierversuchen erhöht GDF-15 das Sättigungsgefühl und verringert die Nahrungsaufnahme durch Effekte im zentralen Nervensystem [27]. LY3463251 ist der erste GDF-15-Agonist, der eine Phase-I-Studie abgeschlossen hat [28]. Weitere GDF-15-Agonisten wie NNC0247-0829 und JNJ-9090/CIN-109 befinden sich in frühen klinischen Studien.

Prävention statt lebenslange Pharmakotherapie

Im Adipositasmanagement sollte die langfristige Strategie trotz wirksamer medikamentöser Optionen auf Prävention ausgerichtet sein. Effektive Maßnahmen umfassen hier frühzeitige Lebensstilinterventionen, Ernährungsaufklärung und Bewegungsförderung – idealerweise beginnend im Kindesalter und insbesondere bei Risikogruppen mit genetischer oder metabolischer Vorbelastung. Ziel ist es, die Entstehung der multifaktoriellen Erkrankung zu verhindern oder zumindest so früh wie möglich gegenzusteuern, um eine chronische Gewichtsdysregulation und die Entstehung von Folgeerkrankungen zu vermeiden. Erfolgreiche Prävention kann damit nicht nur individuelle Gesundheitsrisiken senken, sondern auch den Bedarf an langfristiger medikamentöser Therapie deutlich reduzieren.

  1. Hauner H et al., Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur „Prävention und Therapie der Adipositas”; https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/050-001
  2. Bray GA et al., Lancet 2016; 387: 1947–56
  3. Timper K et al., Dis Model Mech 2017; 10: 679–89
  4. Rubino F et al., Lancet Diab Endocrinol 2025; 13: 221–62
  5. Xie Y et al., Nat Med 2025; 31: 951–62
  6. Blüher M et al., Diabetes Obes Metab 2023; 25: 2058–72
  7. Lincoff AM et al., N Engl J Med 2023; 389: 2221–32
  8. Frias JP et al., N Engl J Med 2021; 385: 503–15
  9. Aronne LJ et al., N Engl J Med 2025; doi:10.1056/NEJMoa2416394
  10. Sinha R et al., J Obes Metab Syndr 2023; 32: 25–45
  11. Jastreboff AM et al., N Engl J Med 2025; 392, 958–71
  12. Jastreboff AM et al., N Engl J Med 2023; 389, 514–26
  13. Melson E et al., Int J Obes (Lond) 2025; 49: 433–51
  14. le Roux CW et al., Lancet Diab Endocrinol 2024; 12: 162–73
  15. https://clinicaltrials.gov/study/NCT04153929
  16. Ji L et al., N Engl J Med 2025; 392: 2215–25
  17. Knop FK et al., Lancet 2023; 402: 705–19
  18. Frias JP et al., Lancet 2023; 402: 472–83
  19. Wharton S et al., N Engl J Med 2023; 389: 877–88
  20. Smith SR et al., Diab Care 2008; 31: 1816–23
  21. Lau DCW et al., Lancet 2021; 398: 2160–72
  22. Enebo LB et al., Lancet 2021; 397: 1736–48
  23. Frias JP et al., Lancet 2023; 402: 720–30
  24. Clément K et al., Lancet Diab Endocrinol 2020; 8: 960–70
  25. Heymsfield SB et al., JAMA Netw Open 2021; 4: e2033457
  26. Patel S et al., Cell Metab 2019; 29: 707-18.e8
  27. Johnen H et al., Nat Med 2007; 13: 1333–40
  28. Benichou O et al., Metab 2023; 35: 274–86.e10

Bildnachweis: Magryt (Adobe Stock)

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