Der onkoderm-Behandlungspfad Atopische Dermatitis 2025 [1] bezieht in seinem zweiten Update die biologischen und Januskinasen-inhibierenden (JAKi) Systemtherapeutika ein. Und er zeigt, wie eine individualisierte Behandlung gelingen kann, die sich nach Krankheitsverlauf und -schwere richtet.
Menschen mit schwerer atopischer Dermatitis (AD) und starkem Juckreiz werden in Deutschland systemisch behandelt, erklärte Prof. Dr. med. Christian Termeer (Stuttgart) bei seinem Online-Vortrag auf der 6. SkinAcademy im Mai 2025. Im Grunde hätten sie einen chronisch-kontinuierlichen Verlauf, ähnlich dem der schweren Psoriasis. Das Gros der Betroffenen (40–50 %) entwickle jedoch eine mittelschwere, oft schubförmige AD. Wie häufig und schwer die Schübe sind, lasse sich bei einem Besuch pro Quartal kaum abschätzen, über die Notwendigkeit einer systemischen Therapie schlecht entscheiden [2,3]. Hier soll der neue Behandlungspfad weiterhelfen.
Der neue Pfad
Bei leichter AD (Abb., grüner Pfad), ist eine topische Therapie angezeigt. Neu sei, wie Termeer ausführte, der Übergang zur Prüfung einer „Upgrade-Situation“ (gelb), deren Definition in den Leitlinien allerdings noch fehle. Doch sei es klinisch sinnvoll, bei völligem Versagen der topischen Therapie und hohem Leidensdruck durch starken Juckreiz auf den Behandlungspfad für mittelschwere Formen umzuschwenken, also eine auf Kurzzeittherapie über maximal 2–3 Wochen mit oralen Kortikosteroiden.
Geht das Krankheitsgeschehen in einen eher kontinuierlichen Verlauf über oder nimmt die Frequenz der Schübe zu, dann kommt als Novum eine Intervalltherapie infrage, beispielsweise eine ambulante Balneo-Phototherapie, Ciclosporin A oder Januskinase-Inhibitoren (JAKi) als orale Therapie.
Bei unzureichender Wirkung wird auf die höchste Therapiestufe im Pfad, die Langzeittherapie eskaliert (rot). Dies betrifft die mittelschwere wie auch die schwere AD, die sich in der Schubfrequenz unterscheiden. Bei niedriger Schubfrequenz kommt eine Intervall- oder Kurzzeittherapie zum Einsatz, bei hoher Schubfrequenz oder bei kontinuierlicher AD eine Langzeittherapie mit Biologika oder JAKi.
Ob ein Wechsel der Therapieform nötig ist, wird über das Neurodermitis-Evaluierungs- und Test-Tool (NETT-Tool) festgestellt, einen einfachen Fragebogen zu physischen Beschwerden, Schlafstörungen, psychischem Wohlbefinden, Lebensqualität und Therapieerfolg, der im Wartezimmer ausgefüllt werden kann. Je nach Punktwert wird die Therapie beibehalten, mit dem Betroffenen gemeinsam ein Wechsel diskutiert oder die AD als unzureichend kontrolliert angenommen und die Therapie angepasst.
Individuell: Intervall- und Langzeittherapie
Eine Intervalltherapie kann darin bestehen, dass Leitlinie und Fachinformation ein Therapieintervall vorgeben (3–6, maximal 12 Monate bei Ciclosporin A), nach dessen Ablauf das Medikament abzusetzen ist. Intervalltherapie kann aber auch bedeuten, dass zeitlich begrenzte Überlappungen bestehen: Wegen der langsam einsetzenden Wirksamkeit einiger Antikörpertherapien kann bei schwerem Juckreiz zunächst Ciclosporin gegeben werden und nach Monat 4 z. B. ein Biologikum. Es bleiben dann noch 2 Monate Zeit, um das Ansprechen auf die Biologika-Therapie zu beobachten und Ciclosporin auszuschleichen. Eine weitere Intervalltherapie-Variante richtet sich nach dem Krankheitsverlauf, was insbesondere mit Januskinase-Inhibitoren (JAKi) sehr gut funktioniere, doch „wir bewegen uns hier […] am Rande der Zulassung“, warnte Termeer. In einem schubfreien Intervall würde er hier einem Auslassversuch zustimmen. Denn bei einem Rezidiv setze die JAKi-Wirkung rasch wieder ein.
Im Gegensatz zur Langzeittherapie, die ohne Auslassversuche bis zum Wirkoptimum gegeben wird, erlaubt die Intervalltherapie Betroffenen eine Abwägung, was für sie im Vordergrund steht: weniger Juckreiz oder weniger Medikamente zuzumuten.
Das Problem mit der Upgrade-Situation
Eine Upgrade-Situation ist bei AD schwer zu definieren, weil die Läsionen selten chronisch-stationär bestehen bleiben und die Standard-Scores aufgrund der eher kleinflächigen Ausprägung nur selten zu einer Einstufung als mittelschwer führen. So lässt sich kaum nachweisen, dass statt einer topischen eine systemische Therapie nötig ist.
Als hilfreich schätzte Termeer ein, wenn die Leitlinienkommission das chronische atopische Handekzem (AD-CHE) und die Head-and-Neck-Dermatitis als Upgrade-Situationen in die nächste Leitlinie aufnähme. Beide Erkrankungen seien wegen ihrer meist kleinflächigen Ausprägung über die üblichen Scores kaum als mittelschwer einzustufen, könnten aber einen hohen Leidensdruck erzeugen. Bei AD-CHE könnte die Aufnahme ein Upgrade auf Dupilumab ermöglichen, das bisher oft nur off-label möglich ist. Bei der Head-and-Neck-Dermatitis würden Systemtherapien früher zugänglich. Bei jedem Off-Lable-Use müsse aktuell gut dokumentiert werden, „dass nichts anderes funktioniert“.
Die Therapie der AD richtet sich nach Schweregrad und Verlauf. Die Indikation zur Therapie-Eskalation kann durch das meist schubweise Auftreten jedoch oft nicht klinisch gestellt werden. Eine Leitlinien-Aktualisierung mit definierten Upgrade-Kriterien könnte Abhilfe schaffen.
Bildnachweis: Ali Kahfi (gettyimages)