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Allgemeinmedizin

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S2e-Leitlinie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls

Sabine M. Rüdesheim

12.4.2022

Die aktuelle Leitlinie zur akuten Behandlung des ischämischen Schlaganfalls stellt eine Komplettüberarbeitung der bisherigen Leitlinie aus dem Jahr 2012 dar. Sie bezieht sich auf Erwachsene mit akutem Hirninfarkt oder transitorischen ischämischen Attacken (TIA) in den ersten 48 Stunden nach Symptombeginn.

Leitlinien der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften seien systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen, stellte Prof. Dr. med. Peter A. Ringleb (Erlangen) klar. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin – gleichzeitig sollen sie zudem ökonomische Aspekte berücksichtigen. Für Ärzte sind sie aber rechtlich nicht bindend und haben daher weder eine haftungsbegründende noch -befreiende Wirkung.

Die überarbeitete S2e-Leitlinie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls wurde laut Ringleb auch um Abschnitte etwa zur Rekanalisation im verlängerten Zeitfenster, Delir-Management, Stimulation des Ganglion sphenopalatinum, frühe antithrombotische Sekundärprävention und Geschlechtsspezifika ergänzt. Für eine übersichtliche Darstellung der Empfehlungen und Ergebnisse wurde das PICO-Schema (Patient, Intervention, Comparison, Outcome) genutzt.

Rekanalisationstherapie

Generell sollten alle akuten Schlaganfallpatienten mit transitorischen Attacken oder Hirninfarkt zumindest in den ersten zwei bis drei Tagen apparativ auf einer Stroke Unit überwacht werden (Tab.), so Ringleb, einer der federführenden Autoren der neuen Leitlinie. Dabei ist ein engmaschiges klinisches Monitoring bzgl. Sauerstoffgehalt im Blut, Blutzuckerspiegel, Körpertemperatur, Blutdruck und Dysphagie sinnvoll.

Bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall – die innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn bzw. dem Zeitpunkt, an dem sie zuletzt gesund gesehen wurden, behandelt werden können und bei denen keine Kontraindikationen vorliegen – sieht die Leitlinie eine systemische Thrombolyse mit Alteplase (0,9 mg/kg KG, Maximaldosis 90 mg über 60 Minuten, initial 10 % der Dosis als Bolus über eine Minute) vor – und das unabhängig vom Alter des Patienten. Zusätzlich sollte Ringleb zufolge umgehend eine nicht invasive Gefäßdiagnostik mithilfe einer computertomografischen Angiografie oder Magnetresonanzangiografie angefertigt werden. Patienten, bei denen das kritische Zeitfenster von 4,5 Stunden bei der Ankunft in der Klinik bereits überschritten ist, sollen mit einer erweiterten multimodalen Bildgebung, z. B. mit Kontrastmitteln, untersucht werden.

Liegen ein akuter ischämischer Schlaganfall, ein klinisch relevantes neurologisches Defizit oder ein Verschluss einer großen Arterie im vorderen Kreislauf vor, soll innerhalb von sechs Stunden (Zeit zwischen Symptombeginn und Leistenpunktion) eine mechanische Thrombektomie erfolgen, um das funktionelle Ergebnis zu verbessern. Diese sollte auch durchgeführt werden, wenn ein oder mehrere M2-Segmente betroffen sind. Dieses Vorgehen kann auch bei Verschlüssen der A. cerebri anterior oder der A. cerebri posterior von Vorteil sein. Wenn eine mechanische Thrombektomie infrage kommt, sollte stets auch eine Gefäßdiagnostik vom Aortenbogen aufwärts stattfinden. Jenseits des 6-Stunden-Zeitfensters soll eine mechanische Thrombektomie relevanter Verschlüsse im vorderen Kreislauf lediglich dann erfolgen, wenn durch erweiterte Bildgebung zu vermuten ist, dass rettbares Risikogewebe vorliegt. Patienten, die für eine endovaskuläre Schlaganfalltherapie in Betracht kommen und keine Kontraindikation für eine systemische Thrombolyse haben, sollen so früh wie möglich auch mit Alteplase behandelt werden, wobei keine der beiden Behandlungen die andere verzögern darf.

Delir-Management

Weiterhin soll jetzt bei allen Schlaganfallpatienten ein regelmäßiges gezieltes Screening auf delirante Symptome mit einem validen und reliablen Delir-Score (z. B. Confusion ­Assessment Method for the Intensive Care Unit [CAM-ICU] oder Intensive Care Delirium Screening Checklist [ICDSC]) erfolgen. Um ein Post-Stroke-Delir zu vermeiden bzw. zu behandeln, ist ein mehrdimensionaler Ansatz mit nicht medikamentösen und medikamentösen Maßnahmen vorgesehen. Eine nicht pharmakologische Delir-Prävention soll bei allen überwachungspflichtigen Patienten durchgeführt werden. Reicht diese nicht aus, kann – je nach Symptomausprägung – niedrig dosiert mit Haloperidol, Risperidon, Olanzapin oder Quetiapin behandelt werden.

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Ein Hinweis darauf, dass Frauen mit einem akuten Schlaganfall anders diagnostiziert oder behandelt werden sollten als Männer, wurde bei der systematischen Suche in Datenbanken bei der Erstellung der Leitlinie nicht gefunden, berichtete Ringleb. Deshalb sollte keine der in der Leitlinie beschriebenen wirksamen Therapieverfahren Patienten aufgrund des Geschlechtes vorenthalten werden.

Symposium „Leitlinie Akuttherapie Schlaganfall“ im Zuge des ANIM-Kongresses, Januar 2022

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